Sie diskutieren am Podium (v.l.): Annemarie Kummer Wyss, Franz Lemayr, Andreas Conca, Moderatorin Isolde Moroder, Dieter Pinggera, Robert Grüner, Heidemarie Plangger und Angelika Stampfl.
Rund 120 Teilnehmer waren mit dabei.

Benachteiligte begleiten 

Eine Tagung in Latsch widmete sich dem Thema beeinträchtigter Schüler und ihrer Integration in die Arbeitswelt. 

Publiziert in 37 / 2019 - Erschienen am 29. Oktober 2019

LATSCH - „Wir im Vinschgau stehen im landesweiten Vergleich sicherlich nicht schlecht da in Sachen Arbeitsintegration. Aber natürlich sind immer Verbesserungen notwendig. Wir arbeiten weiterhin intensiv daran, Arbeitsplatzlösungen mit sozialer Absicherung zu schaffen“, betonte der Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera in seiner Funktion als Vizepräsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau am Montag vor einer Woche bei der Podiumsdiskussion „Arbeitsintegration – Idealvorstellung oder Realität“ im Rahmen der Tagung „Teil sein - mittendrin von Anfang an“. Das Pädagogische Beratungszentrum Schlanders (PBZ) der Deutschen Bildungsdirektion und die Sozialdienste des Vinschgaus sowie weitere Netzwerkpartner hatten dazu in die Latscher Mittelschule geladen. Rund 120 Teilnehmer aus ganz Südtirol befassten sich dabei mit den Themen Orientierung und Hilfestellung für benachteiligte Schüler beim Übergang in die Arbeitswelt.

„Behindert, ja und?“ 

Der Podiumsdiskussion vorausgegangen waren eine Einführung in die Thematik sowie eine Erklärung des Begriffs „Inklusion“ seitens der Tagungsleiterin des PBZ, Maria Aloisia Muther und eine Rede von Gertrud Verdorfer, Direktorin der Pädagogischen Abteilung, die auf die wichtige Rolle der Pädagogischen Beratungszentren als Unterstützungspartner für die Schulen hinwies. In einem Impulsreferat von Franz Lemayr, dem früheren Inspektor für Inklusion an der Deutschen Bildungsdirektion, ging es um das Thema „Inklusive Pädagogik, Menschenrechte und die Frage nach einer angemessenen Schule“. Die Schweizerin Annemarie Kummer Wyss referierte über „Schnittstellen oder Nahtstellen? Damit Jugendliche zwischen Schule und Arbeit nicht zwischen Stühle und Bänke geraten“. Sie berichtete unter anderem über beispielhafte Modelle in Sachen Arbeitsintegration aus ihrem Heimatland. Was die schulische Integration betrifft sei Südtirol ohnehin in vielen Bereichen besser als die Eidgenossen, lobte sie. Eine inklusive Schule würde grundsätzlich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. In der Schweiz ist es Schülern schon während der Schule im Alter von 13 Jahren möglich, eine bestimmte Zeit in Betrieben mitzuarbeiten. Das abschließende Fazit der Referentin „Behindert. Ja und? Trotzdem oder gerade deswegen voll mit dabei“, stieß bei den Anwesenden auf Zustimmung. 

Rahmenbedingungen ok – Idealvorstellung weit weg 

Lob für einige Aspekte des Schweizer Modells hatte auch Dieter Pinggera über. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Schnittstellen in verschiedenen Bereichen gelte es auch hierzulande auszubauen. Die Inklusion müsse auch in Sachen Arbeitsintegration vorangebracht werden, waren sich die Teilnehmer der Diskussion einig. Neben Pinggera und den beiden Hauptreferenten diskutierten die Präsidentin des Arbeitskreises Eltern Behinderter, Angelika Stampfl, der Koordinator des landesweiten Dienstes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Andreas Conca, Heidemarie Plangger von der Firma Hoppe als Wirtschaftsvertreterin sowie der Koordinator des Arbeitsvermittlungszentrums Schlanders, Robert Grüner, zum Thema.

Von Idealvorstellung noch weit entfernt 

Das Landesgesetz zur Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen biete in der Theorie gute Rahmenbedingungen, von der Idealvorstellung in Sachen Übergang Schule/Arbeitswelt sei man aber noch entfernt, betonte Grüner. Stampfl kritisierte, dass beeinträchtigte Jugendliche nach der Schule oft zu schnell in die Beschäftigung abgeschoben werden. „Viele könnten arbeiten, werden aber in den Einrichtungen der Bezirksgemeinschaften untergebracht, wenn nicht sofort ein Praktikumsplatz gefunden wird. Etwas Geduld wäre angebracht“, so Stampfl. Zudem werde den Eltern auch nahe gelegt nach der Schule die Arbeitsunfähigkeit der Kinder bescheinigen zu lassen. „Man hat dazu bis zu zwei Jahre Zeit. Diese Zeit soll man ihnen lassen. Darauf weise ich immer wieder hin“, betonte sie. Conca sagte, dass Südtirol ein in dieser Hinsicht generell funktionierendes System habe, eine ständige Weiterentwicklung aber elementar sei. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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