Corona-Splitter

Auf und zu, hin und her, rauf und runter

Publiziert in 3-4 / 2021 - Erschienen am 4. Februar 2021

Vinschgau - Irgendwann wird man in den Schulen und Familien davon erzählen, wie es damals war. Damals, als das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 auftauchte und später die Corona-Mutationen dazukamen. Erst irgendwann in der Zukunft wird es möglich sein, halbwegs objektiv auf die Pandemie zurückzuschauen, ihre Folgen zu beleuchten und die weltweiten Geschehnisse einigermaßen einzuordnen. Noch ist es dazu viel zu früh. Noch stecken wir mittendrin. Auch wenn uns die Pandemie schon seit fast einem Jahr in ihren Krallen festhält, leben wir noch immer in einem Schockzustand. Obwohl man uns schon seit Monaten Tag und Nacht alle möglichen Zahlen, Daten und Statistiken vor die Augen und zu den Ohren führt, wollen und können wir noch immer nicht wahrhaben, was da weltweit abgeht. Aber es geht ab und es berührt uns alle. Wer im Frühjahr 2020 geglaubt oder zumindest gehofft hat, dass der Spuk bald vorbei sein wird, hat sich leider geirrt. Der Spuk ist nicht vorbei. Jedenfalls noch nicht. Dass mit dem Virus und seinen Folgen nicht zu scherzen ist, haben mittlerweile die meisten erkannt. Es gibt auch bei uns kaum noch Familien, in denen Covid-19 nicht direkt oder indirekt aufgetreten ist. Alle wissen von Fällen in der Nachbarschaft, im Freundeskreis, im eigenen Dorf. Wenn Menschen einander auf der Straße treffen, wird zunächst über Corona geredet und erst dann über das Wetter. Das spricht Bände. Man wünscht einander Gesundheit und hofft, dass das Ganze rasch vorbeigehen möge. Auch von den Einschränkungen und Lockdowns haben die Menschen die Nase immer voller. Was die Politiker und andere Entscheidungsträger beschließen und dekretieren, stößt immer öfter auf Unverständnis. Es wird rauf- und runtergefahren, zu- und aufgesperrt, eingeschränkt und gelockert. Auch in Südtirol scheinen manche Entscheidungen nicht immer mit dem Hausverstand vereinbar zu sein. Die Politik beruft sich regelmäßig auf die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Empfehlungen von Fachkommissionen und Experten. Das ist auch gut so, denn auf was sollen sie sich sonst stützen? Nicht übersehbar ist allerdings auch der Einfluss, den einige große Wirtschaftsverbände auf die Landesregierung haben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es zu einer unschönen Art von „Wettbewerb“ gekommen ist: wer leidet unter der Corona-Krise am meisten? Ist es der Handel? Die Gastronomie? Sind es die Skigebiete? Die Arbeiter? Die Zulieferer? Während es manche Kategorien gewohnt sind, besonders laut zu „schreien“ und Forderungen zu stellen, gehen andere im ganzen „Geraufe“ unter. Es sei hier nur das Stichwort Kultur genannt. Während der ersten Krisen-Monate im Vorjahr war ein Wort immer und überall zu hören: Zusammenhalt. Jetzt scheint es leider immer mehr so zu werden, dass sich jeder nur mehr um seine eigene Haut kümmert. Der wahre Sinn von Gemeinschaft schmilzt dahin wie der Schnee in der Sonne. Es ist höchst an der Zeit, dass wir aus dem Corona-Tunnel herauskommen. Wirklich gelingen kann das nur mit Massenimpfungen. Ob überhaupt und was wir aus Corona lernen, steht noch in den Sternen. Auch darüber wird man irgendwann in der Zukunft in den Schulen und Familien reden. Ich hoffe, dass die Geschichtsschreiber irgendwann rückblickend festhalten können, dass es der Menschheit gelungen ist, die Pandemie zu besiegen und die gesundheitlichen, sozialen, seelischen und wirtschaftlichen „Nebenwirkungen“ im Laufe der Jahre zu überwinden. Vielleicht kann eines Tages auch geschrieben werden, dass die Pandemie die ganze Menschheit vereint und überzeugt hat, sich gemeinsam für eine bessere Welt stark zu machen. Derzeit ist das aber noch reine Utopie, denken wir nur an das „vereinte“ Vorgehen bei der Verteilung der Impfstoffe.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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