Im Bild (v.l.): Armin Angerer, Franz Heinisch, Arno Kompatscher, Hartwig Tschenett, Manuela Angerer und Franz Angerer.

Das Ohr am Bürger

Publiziert in 39 / 2015 - Erschienen am 4. November 2015
Gesundheit, Stilfserjoch-Straße und Nationalpark waren einige der Hauptthemen bei der Bürgerversammlung mit LH Kompatscher in Stilfs. Stilfs - Eine ganze Reihe von Anliegen brachte die Bevölkerung der Gemeinde Stilfs am 27. Oktober bei einer gut besuchten Bürgerversammlung im Haus der Dorfgemeinschaft in Stilfs aufs Tapet. Am Podium saßen Landeshauptmann Arno ­Kompatscher, Bürgermeister Hartwig ­Tschenett, sein Stellvertreter Franz ­Heinisch, die Referenten Manuela ­Angerer und Armin Angerer sowie Moderator Franz Angerer. Im Anschluss an Kurzberichte der Gemeindeverwalter über kürzlich umgesetzte bzw. geplante Vorhaben und Projekte informierte Kompatscher über einige Schwerpunktthemen der neuen Landesregierung, die seit 2 Jahren im Amt ist. Laut Kompatscher sei es seit dem Herbst 2013 bis jetzt gelungen, „einige Dinge recht gut weiterzubringen.“ Er nannte etwa die Arbeitslosenquote, die von 4,8 auf 4,3% sank (Tendenz weiter sinkend), steuerliche Entlastungen für Betriebe und Arbeitnehmer sowie die Neuordnung der Beitragspolitik (Abkehr vom Gießkannen-Prinzip). Als richtig und gut wertete Kompatscher die Finanzregelung mit Rom, die zudem aufgrund des Notenwechsels Italien-Österreich als völkerrechtlich relevanter Akt einzustufen sei. Ohne diese Regelung hätte das Land Südtirol nicht nur keine Planungssicherheit, sondern würde genauso schlecht dastehen wie andere Regionen, die zwar aufgrund von Geldrückbehalten in Rom rekurriert, aber alle Prozesse verloren haben. Erfreut zeigte sich Kompatscher auch darüber, dass in Sachen Energie jetzt „keine einzige Schadensersatzklage mehr gegen das Land oder die SEL behängt.“ Mit dem Ausstieg aus der Gesellschaft Edipower und einer geplanten Tausch-Verhandlung mit dem Konzern Edison dürfte es gelingen, dass in absehbarer Zeit alle Großkraftwerke in Südtirol in Südtiroler Hand sein werden. Es sei nämlich eine Übernahme der derzeitigen Edison-Anteile an der Hydros und der Seledison vorgesehen. Am neuen Energie­unternehmen, das aus der Fusion SEL-Etschwerke entstehen wird, „werden die Gemeinden mehrheitlich beteiligt sein.“ „Niemand hat jemals von Schließung gesprochen“ Mehrmals zur Sprache gebracht wurden bei der Diskussion die Themen Gesundheit, Krankenhaus, Wartezeiten und Gesundheitsversorgung auf Gemeindeebene. Bezüglich der Gesundheitsreform räumte ­Kompatscher zwar ein, dass seitens der Politik Fehler gemacht wurden, etwa in der Kommunikation, ärgerte sich aber auch darüber, dass immer wieder Stimmung gemacht würde, wonach Krankenhäuser geschlossen werden könnten. „Niemand hat jemals von einer Schließung gesprochen“, sagte der Landeshauptmann. Im Gegenteil: „Wir wollen die 7 Krankenhäuser nicht nur erhalten, sondern weiterentwickeln.“ Das Hauptproblem sei nicht das Geld, sondern die Tatsache, „dass wir viel zu wenige Ärzte haben. Fachärzte fehlen ebenso wie Hausärzte.“ Im Krankenhaus Schlanders würden Abteilungen wie die Innere Medizin, die Chirurgie, die Orthopädie und die Erste Hilfe bestehen bleiben, „und was die anderen medizinischen Leistungen betrifft, sollen Profile erstellt werden, damit bindend festgelegt werden kann, was in Zukunft nur in Meran bzw. nur in Schlanders gemacht wird.“Bezüglich der Geburtenstation in Schlanders bemühe man sich in Rom darum, die gesetzlichen Standards dahingehend abzuändern, dass die Geburtenstation bleiben kann, „und zwar ohne Abstriche für die Gesundheit von Mutter und Kind.“ Für die für den Tag nachher (28. Oktober) angekündigte Mahnwache vor dem Krankenhaus zeigte Kompatscher wenig Verständnis. Mit solchen Aktionen würde nur versucht, Stimmung zu machen. Nicht unerwähnt ließ Kompatscher auch, dass im Landeshaushalt 2016 für das Gesundheitswesen über 1,2 Milliarden Euro vorgesehen sind, gefolgt vom Bereich Bildung mit fast 1 Mrd. Euro. Sehr ernst zu nehmen sei die Gesundheitsversorgung auf Gemeindeebene, sprich die Gewährleistung, dass auch in Zukunft genügend Haus­ärzte in den Gemeinden tätig sind. Diesbezügliche Bedenken - speziell auch im Hinblick der Tatsache, dass die Menschen immer älter werden - hatte der Gemeindearzt Georg Valentin Hofer geäußert, der auch manche Aspekte der Gesundheitsreform kritisierte. Passstraße birgt großes Potential Die Passstraße auf das ­Stilfserjoch birgt laut Kompatscher ein sehr großes Potential. Sie sei im Vergleich zur Großglockner-Hochalpenstraße viel schöner und beeindruckender. „Der Antrag, die Passstraße als UNESCO-Weltkulturerbe einzutragen, ist intensiv zu verfolgen“, so Kompatscher. Eine eigene Arbeitsgruppe, in der auch Bürgermeister Hartwig Tschenett mitarbeitet, soll bis zum Herbst 2016 Vorschläge, Ideen und Maßnahmen zu Papier bringen, um die Passstraße aufzuwerten. Angedacht werde eine Vielzahl von Maßnahmen bzw. Themen: bauliche Strukturen am Joch und entlang der Straße, Nutzung der Festung Gomagoi, Maut, Marketing, Koordinierung der Termine von Fahrradrennen, Maßnahmen, damit die Straße nicht nach jedem Schneefall mehrere Wochen lang gesperrt bleibt, sowie weitere Vorschläge. Beratend zur Seite stehen werde der Arbeitsgruppe das Team, das bereits bei der Aufwertung der Großglockner-Hochalpenstraße im Einsatz war. Die Geldmittel für die schrittweise Umsetzung der Maßnahmen werden laut Kompatscher aus dem Grenzgemeindefonds geschöpft, aus EU-Programmen „und auch aus dem Landeshaushalt.“ „An Eisenbahntunnel nach Bormio glaube ich nicht“ Klare Worte fand der Landeshauptmann auch zu künftigen Verkehrsstrukturen: „Einen ­Straßentunnel unter dem Joch wollen wird nicht und an einen Eisenbahntunnel nach Bormio glaube ich nicht. Wenn die Lombardei darüber eine Studie erstellen will, kann sie das auf ihre Kosten ruhig tun. Wir beteiligen uns uns mit keinem Cent.“ Woran ­Kompatscher wirklich glaubt, ist eine Eisenbahnverbindung zwischen Mals und Scuol in der Schweiz: „Eine Zusage von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für eine Mitfinanzierung habe ich bereits erhalten.“ Eine Zugverbindung Mals-Scuol wäre laut ­Kompatscher eine große Aufwertung für die gesamte Region und darüber hinaus. Warten auf Gesetz der Lombardei Damit die Durchführungsbestimmung zur eigenständigen Verwaltung des Südtiroler Nationalparkanteils endlich zustande kommt, fehlt laut Kompatscher nur noch ein Gesetz der ­Region Lombardei, „das uns schon mehrmals versprochen, aber bis dato noch nicht verabschiedet wurde.“ In Kürze sollte es aber soweit kommen. Bevor es richtig an die Arbeit gehen kann, brauche es auch noch ein Reglement, das mit dem zuständigen Ministerium zu vereinbaren ist. Auch im Nationalpark ortet Kompatscher großes Potential: „Es gilt, die Bevölkerung zum Park zu bringen und den Park zur Bevölkerung.“ Bauen in Stilfs ist teuer Aufgeworfen wurde auch die Tatsache, dass Bau- bzw. ­Sanierungsarbeiten im steilen Dorf Stilfs mit seinen engen Gassen im Vergleich zu anderen Dörfern viel teurer ist und dass auch dieser Umstand zur Abwanderung beitrage. Der Landeshauptmann meinte dazu sowie zu weiteren Problemen, mit denen speziell Berggemeinden konfrontiert sind, „dass wir als Landesregierung an der von meinem Vorgänger Luis Durnwalder stets erfolgreich betriebenen Politik für den ländlichen Raum zu 100 Prozent festhalten und noch einen Zahn zulegen werden, indem wir bei der Förderung strukturschwacher Gebiete nicht nur nach Gemeinden differenzieren, sondern auch nach Fraktionen, um besonders benachteiligte Orte besser unterstützen zu können.“ Zur Sprache gebracht wurden auch Probleme und Anliegen der Berglandwirtschaft und der Alminteressentschaften. ­Kompatscher räumte ein, „dass wir derzeit ein Riesenproblem mit der Auszahlung der Flächenprämien haben.“ Es handle sich de facto mehr um ein bürokratisches Problem im Zusammenhang mit den erfassten Daten. Vor zu viel Bürokratie für Kleintierzüchter warnte auch Pfarrer Florian Öttl. Er sprach sich u.a. auch dafür aus, die Schöpfung mehr zu achten, regionale Kreisläufe zu stärken und insgesamt mehr zusammen zu schauen und zusammen zu arbeiten. Als unbegründet bezeichnete Kompatscher Befürchtungen, wonach der Vinschgau im Zuge der Neuorganisation der Tourismusorganisationen irgendwie ins Hintertreffen geraten könnte. Im Gegenteil: wenn man zum Beispiel in Bozen erkenne und wolle, dass die Stilfserjoch-Straße ein Thema ist, das mit der Dachmarke Südtirol international gespielt werden soll, sei dies ein Vorteil. Südtirol sei ein kleines Land und es gelte, seine Stärken gemeinsam hervorzuheben. Kirchtürme seien fehl am Platz. Auch im Flugplatz, zu dem in Stilfs niemand eine Frage stellte, sieht Kompatscher eine Stärke. Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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