Das Recycling-Dilemma
Wertstoffhof in Naturns sorgt für Diskussionen.
Naturns - „Die Missstände am Recyclinghof sind unzumutbar. Das gibt es hierzulande nirgendwo sonst. Es kam zu Versäumnissen der Gemeinde. Nun müssen das die Bürger ausbaden“. Es ist scharfe Kritik, die Peter Erlacher vergangene Woche bei der Gemeinderatssitzung in Naturns im Rahmen der Fragestunde für die Zuhörer vorbrachte. Bereits zuvor hatte Gemeinderätin Evi Prader eine Anfrage zum Thema eingereicht. Erlacher setzt sich als Experte für Bauphysik und nachhaltiges Bauen immer wieder aktiv für Belange der Bürger ein, insbesondere wenn es um Themen wie Umwelt und Recycling geht. Er sprach bei der Sitzung von einem regelrechten Recyclinghof-Schlamassel, zu dem auch die Gemeindeverwaltung beigetragen habe.
Amt hat durchgegriffen
„Bis zum Mai 2018 konnten Private recht vieles im Recyclinghof abgeben. Nachdem aber seit Jahren die Auflagen des Amtes für Abfallwirtschaft nicht erfüllt wurden, hat das Amt durchgegriffen“, erklärte Erlacher. Die Folgen: Private können so einiges nicht mehr abgeben. „Zu den üblichen Öffnungszeiten dürfen keine so genannten gefährlichen Abfälle mehr abgebeben werden, wie zum Beispiel Bratfette, Speiseöle, Sparlampen, Batterien und dergleichen. Diese können nur mehr, wenn der Schrotthändler kommt, abgegeben werden“, führte Erlacher aus. Der Schrotthändler Santini komme zweimal monatlich für zwei Stunden nach Naturns. „Das sind Mehrkosten, die da entstehen“, schimpfte Erlacher. Zudem können Private nun auch kein Holz, keinen Bauschutt und keinen Sperrmüll mehr abgeben. Dies müsse man zur privaten Firma Erdbau bringen. „Da kommt jemand mit Kartons, Papier und 2 alten Tellern zum Recyclinghof und muss wegen der paar Teller extra weiter zum Erdbau. Das ist schwachsinnig“, so Erlacher.
Auch Betriebe betroffen
Auch für Betriebe komme es zu neuen Herausforderungen. „Diese dürfen laut Schreiben der Gemeinde keine Elektrosachen mehr abgeben, weder Monitore noch Computer. Früher konnten Verbraucher ihre alten Elektrosachen beim Betrieb, wo sie gekauft wurden, abgeben. So werden Betriebe dazu aber nicht mehr gewillt sein. Es entsteht noch mehr Bürokratie für alle“, betonte Erlacher. Warum die Gemeinde trotz einiger Hinweise seitens des Amtes für Abfallwirtschaft nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen habe, warum die angekauften Bürocontainer und Ölabschneider nicht eingesetzt werden und wer für die Mehrkosten die Verantwortung trage – so die bei der Sitzung in den Raum geworfenen Fragen. Naturns sei in dieser Hinsicht die „schlechteste Gemeinde“, schlussfolgerte.
„Es ist nicht einfach“
Scharfe Kritik, die Vizebürgermeister Helmut Müller so nicht stehen lassen wollte. „Die Ausführungen sind sehr genau. Sie stimmen zum Teil. Zum Teil aber auch nicht“, so Müller, der u.a. für den Recyclinghof zuständig ist. Dass es in den vergangenen Jahren Versäumnisse gegeben habe, sei nicht von der Hand zu weisen. Aber: „Es ist keineswegs einfach. Und glaubt mir, ich bin selbst sehr unglücklich über die Situation. Wir tun unser Bestmögliches und werden dies auch weiterhin tun, um eine zufriedenstellende Lösung für alle zu finden.“ Vielleicht habe man „die Sache zu locker genommen“. Einiges sei in den vergangenen Jahren liegen geblieben. Die Schuld jedoch in erster Linie bei der Gemeindeverwaltung zu suchen, sei nicht gerecht.
Schlechte Zusammenarbeit
Es seien vor allem auch die Bürokratie und die teils schlechte Zusammenarbeit mit den Landesämtern gewesen, die es soweit haben kommen lassen. So sei die Zusammenarbeit mit dem Amt für Abfallwirtschaft schwierig gewesen. Man habe einen Container vor knapp 2 Jahren angekauft, doch damit war es dann nicht getan. Es seien diese und jene Bestimmungen dazu gekommen. Es habe auch das Geld für Investitionen gefehlt. „Die letzten 2 Jahre haben wir nie von Missständen gehört. Dann kam plötzlich das Amt für Abfallwirtschaft. Es hieß, dies und jenes müsse gemacht werden“, so Müller. „Tut was, oder wir sperren zu“, habe das Landesamt der Gemeinde die Pistole auf die Brust gesetzt. Einige Sofortmaßnahmen seien ergriffen worden. „Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt“, versicherte der Vizebürgermeister. Mehrere Amtsgänge seien jedoch erfolglos gewesen. „Dann hieß es plötzlich wieder, alles müsse anders gemacht werden. Man kommt halt oft nicht so weiter, wie man es gerne hätte. Insbesondere im öffentlichen Bereich. Die Bürokratie ist enorm“, kritisierte Müller.
Große Investitionen nötig
Um den Bestimmungen gerecht zu werden, seien nach derzeitigem Stand Investitionen von 150.000 bis 200.000 Euro nötig. So gut wie alles am Recyclinghof müsste abgeändert und erneuert werden. Dies sei jedoch nun auch ein Ziel für die nächsten Jahre. Müller: „Ich werde mich als zuständiger Gemeindereferent darum kümmern, dass es besser wird.“ Es gelte, alles vernünftig zu planen, und etwas Bleibendes zu schaffen. Die derzeitigen Lösungen seien notwendige Übergangslösungen. Nicht auf sich sitzen lassen wollte Müller, dass man eine der schlechtesten Gemeinden in dieser Hinsicht landesweit sei: „Das stimmt sicher nicht.“ Auch von Mehrkosten könne man so noch nicht sprechen. „Wir kennen die Mehrkosten noch nicht und müssen auch erst schauen, ob es überhaupt welche gibt. Hier heißt es abwarten, bevor man schimpft“, betonte Müller. Auch BM Andreas Heidegger versicherte, dass man sich mit dem Thema weiter befassen werde. „Eine Vergrößerung und Änderung des Recyclinghofes ist sicher anzustreben, um den sich ändernden Bestimmungen gerecht zu werden“, so Heidegger.
Causa „Baumgärtner-Areal“
Weniger Redebedarf gab es im Gemeinderat hingegen bei den weiteren Punkten der Tagesordnung. Der Grundsatzbeschluss zum Neubau der Feuerwehrhalle von Tabland wurde einstimmig angenommen, genauso wie die eine Vereinbarung mit dem VKE. Demnach wolle die Gemeinde künftig die Besucher des Waldkindergartens unterstützen und 113 Euro pro Kind zur Verfügung stellen. Kritik seitens einiger Räte gab es jedoch bei der Causa „Baumgärtner-Areal“. Im Zuge der dortigen Bauarbeiten sollen der Gehsteig und die öffentliche Beleuchtung erneuert werden. Die Kosten dafür für die Gemeinde sollten sich jedoch in Grenzen halten, da der Großteil vom Bauherren beim „Baumgärtner-Areal“, der Firma Pohl, aufgrund einer Umwidmung bzw. für die Differenz zur bisherigen und jetzigen Kubatur, die von Gutachtern festgelegt wurde, bezahlt werde. Die gesamten Bauleistungen für Gehsteig und öffentliche Beleuchtung betragen demnach rund 380.000 Euro, davon entfallen jedoch nur rund 60.000 Euro auf die Gemeinde. Die Punkte dazu wurden bei 5 Enthaltungen genehmigt.
A-Zone Staben
Behandelt wurde auch eine Anfrage der Süd-Tiroler Freiheit zum Durchführungsplan der A-Zone Staben. Es seien Stimmen in der Bevölkerung laut geworden, wonach es keine gerechte Aufteilung gegeben habe bei der Aufteilung der für die Wohnungen benötigten Kubatur. „Wir sind überrascht, dass nach acht Jahren nun Stimmen aufkommen, dass nur wenige zum Handkuss kamen. Die Eigentümer wurden bezüglich ihrer Vorstellungen und Wünsche befragt. Wir sind auf die Bedürfnisse eingegangen“, so Heidegger. Niemand sei bevorzugt oder benachteiligt worden. Es sei jedoch möglich, dass sich die Bedürfnisse im Laufe der Jahre geändert haben. Man wolle dies untersuchen und gegebenenfalls nachbessern, die Leute sollten sich bei der Gemeinde direkt melden.