An einigen der mehr oder weniger verfallenen Gebäude im ehemaligen „Pulverlager“ bei Tschengls wurden Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse durchgeführt.
An einigen der mehr oder weniger verfallenen Gebäude im ehemaligen „Pulverlager“ bei Tschengls wurden Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse durchgeführt.
An einigen der mehr oder weniger verfallenen Gebäude im ehemaligen „Pulverlager“ bei Tschengls wurden Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse durchgeführt.
Auch einige Fledermaus-Exemplare hatte Eva Ladurner mitgebracht.
Eva Ladurner (links) und Birgith Unterthurner, die Leiterin des Besucherzentrums avimundus.

Das Tal der Fledermäuse

22 Arten wurden bisher im Vinschgau nachgewiesen. Weitere Schutzmaßnahmen sind notwendig. 

Publiziert in 10 / 2023 - Erschienen am 23. Mai 2023

Schlanders - Interessante Einblicke in das Leben und den Schutz der Fledermäuse im Vinschgau gewährte die Biologin und Fledermausexpertin Eva Ladurner am 19. Mai im Nationalpark-Besucherzentrum avimundus in der Fußgängerzone in Schlanders. Dass der Vinschgau in punkto Fledermäuse ein spannendes Pflaster ist, belegte Ladurner mit Daten des Naturmuseums (1991 bis 2022) und Erhebungen im Rahmen des Biodiversitäts-Monitorings der Eurac Research. Im Zuge dieses Monitorings wurden bisher auf rund 50 Probeflächen im Vinschgau geforscht, weitere 20 sollen heuer dazu kommen. Im Vinschgau gibt es mindestens 22 Fledermaus-Arten. Die Palette reicht von der Kleinen und Großen Hufeisennase über die Wimperfledermaus und Mopsfledermaus bis hin zum Kleinen und Großen Mausohr. Seltenheitswert hat die kälteresistente Nordfledermaus, die bisher landesweit nur in Sulden auf 1.850 Metern Meereshöhe nachgewiesen wurde. In der Regel bevorzugen die Säugetiere feuchte und warme Gebiete in der Talsohle. „Die Fledermäuse profitieren somit vom Klimawandel“, gab sich die Fledermausexpertin überzeugt. Weltweit gibt es ca. 1.400 Arten, in Europa sind es zwischen 45 und 50. In Südtirol machen die 26 Fledermausarten ein Drittel der heimischen Säugetiere-Arten aus. Den Winterschlaf verbringen die Fledermäuse bevorzugt in Bunkern, Stollen, Dachböden, Höhlen oder Felsspalten. In den sogenannten Wochenstuben herrscht im Sommer Hochbetrieb. Die trächtigen Weibchen versammeln sich ab April für die Geburt und Aufzucht der Jungtiere in den Wochenstuben. In der Wochenstube in der Pfarrkirche Vetzan ist der Bestand der Mausohren seit 1996 kontinuierlich gewachsen. 2021 wurden 1.880 Tiere gezählt. Der Zuwachs ist u.a. auch auf Schutz- und Verbesserungsmaßnahmen zurückzuführen. So wurde in Vetzan zum Beispiel ein Einflugrohr eingebaut. Die Wimperfledermäuse in der Pfarrkirche in Schlanders hingegen haben arg gelitten, weil die Dachsanierung im Jahr 2016 laut Ladurner trotz gegenteiliger Absprachen mitten in der Zeit der Jungenaufzucht erfolgte. Als Wochenstuben dienen oft große Dachböden, Kirchtürme und Kirchendächer, aber auch Baumhöhlen oder bestimmte Stellen hinter Hausverkleidungen. Der Bestand der Großen Hufeisennasen mit ihrer Wochenstube in der Pfarrkirche von Schluderns belief sich im Vorjahr auf rund 100. Das wichtigste Winterquartier für Fledermäuse in Südtirol befindet sich auf dem Tartscher Bühel (Bunker). 

Zwei Schutzgebiete für Fledermäuse

Die Ausweisung der 2 Natura 2000-Gebiete für Fledermäuse „Tartscher Bühel“ und „Schgumser Möser“ im Jahr 2017 gehört laut der Referentin zu den bisher wichtigsten Schutzmaßnahmen für Fledermäuse im Vinschgau. Alle 7, mehr oder weniger verfallenen Gebäude im ehemaligen „Pulverlager“ in den „Schumgser Mösern“ bei Tschengls werden von Fledermäusen genutzt. 2020 wurden die Dächer von 3 Gebäuden von der Firma „Holzbau Blaas“ aus Tschengls saniert. „Auch Einflugröhren, Wärmeglocken und Zwischenböden wurden eingebaut“, freute sich Eva Ladurner. Weitere Verbesserungsmaßnahmen seien dringend notwendig. Ab heuer soll in den „Schgumser Mösern“ ein Beweidungskonzept umgesetzt werden. Die Fledermausexpertin rief mehrfach zum Schutz der Fledermäuse auf, „denn sie vertilgen unzählige Insekten und sind wichtige Nützlinge.“ Zu den Schutz- bzw. Verbesserungsmaßnahmen gehört auch die regelmäßige Entfernung des Fledermauskots, der als wertvoller Dünger eingesetzt werden kann. Dass die Fledermäuse ganz schön viel Mist machen, zeigte Eva Ladurner an einem Beispiel aus Laatsch auf. In der dortigen Pfarrkirche hatte sich in nur zwei Jahren rund eine Tonne Fledermaus-Guano angesammelt, sodass man sogar um die Statik besorgt gewesen sei. Auf jeden Fall zu vermeiden sei das Verschließen oder Zerstören von Fledermaus-Quartieren. Außerdem sollten die Tiere weder in den Wochenstuben, noch während des langen Winterschlafs gestört werden. „Unsere Fledermäuse brauchen Hilfe“, sagte die Referentin, die das Publikum auch über viele Besonderheiten dieser faszinierenden Säugetiere aufklärte. Dazu gehört u.a. die Ultraschallortung, die es den Fledermäusen ermöglicht, sich im Dunkeln zurechtzufinden und Insekten zu jagen, ohne ihre Augen einzusetzen. Einzigartig ist auch die verzögerte Befruchtung: Der Samen der Männchen kann mehrere Monate im Fortpflanzungstrakt der Weibchen aufbewahrt werden. Erst bei günstiger Witterung beginnt der Fötus in der Gebärmutter zu wachsen.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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