„Der Krieg er ist ein schaudernd Ding“
Publiziert in 31 / 2015 - Erschienen am 9. September 2015
Mit der Ausstellung „Der Große Krieg vor unserer Haustür 1914 - 1918“ hat der Bildungsausschuss Mals neue Wege beschritten.
Mals - Die Neuerung begann schon mit der Ankündigung. Auf dem Faltblatt des Bildungsausschusses ist weder eine Gebirgskanone, noch sind Soldaten im Schützengraben zu sehen. Ausgerechnet die Abbildung eines Deckenfreskos aus der Pfarrkirche soll auf das Thema 1. Weltkrieg verweisen. Wie man Emanuel Raffeiners Krönung Mariens in Beziehung zum Weltkrieg bringt, erschließt sich durch die Erläuterungen der Ausstellungskuratorin Helene Dietl Laganda, die in Reimen auf übergroßen Wandzeitungen Gedanken zum „schaudernd Ding Krieg“ festgehalten und an Stacheldraht aufgehängt hat. Der aus dem Schnalstal stammende Innsbrucker Raffeiner war 1914 dabei, sein Fresko zu schaffen, als er vom Attentat in Sarajevo erfuhr. Sofort fügte er den Thronfolger auf dem Totenbett ins Gemälde ein und verarbeitete dazu gleich mehrere Jahrzehnte leidvoller Malser Geschichte. Für den Besucher ist das Gemälde Blickpunkt und Ende der Mittelachse einer bemerkenswerten Ausstellung. Dabei hatten sich die Verantwortlichen nicht auf das Anhäufen von Kriegsrelikten und Sterbebildchen beschränkt, sondern den Alltag der Menschen auf beiden Seiten der Front dargestellt. Wie Kulturreferentin Gertrud Telser Schwabl meinte, sei auch der in Italien gebräuchliche Ausdruck „Der Große Krieg“, La Grande Guerra, für den 1. Weltkrieg so etwas wie eine Geste der Zusammenarbeit mit den Malsern italienischer Muttersprache. Tatsächlich flankieren eine Seite des Kultursaals Vitrinen mit Uniformen, Orden und Dokumenten der k. u. k. Truppen, die andere mit Ausrüstung und Uniformen der ältesten Gebirgstruppe Europas, der Alpini, und der „laufenden Eliteeinheit Bersaglieri“. Möglich wurde die Ausstellung durch die Zusammenarbeit von Bildungsausschuss, Bibliothek, privaten Sammlern, ganz besonders von Renato Ferrai, den Schützen unter Hauptmann Gottfried Lechthaler, dem Alpini-Veteran Pietro Zanolin und der Unterstützung privater Leihgeber. Das Abschlussreferat von Landesrätin Martha Stocker war ein Höhepunkt dieser Gedenkveranstaltung zweier Volksgruppen. Die gelernte Historikerin mit Schwerpunkt „Geschichte der Stadt Trient 1914 - 1918“ stellte die besondere Position der „Welschtiroler“ nach dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 dar. Anschaulich erklärte sie, wie eine überwiegend Österreich freundliche Bevölkerung durch Internierungen, durch den Hass der Deutsch-Tiroler und durch horrende Fehler der österreichisch-ungarischen Militärverwaltung zum Feind umschwenkte. Die Ausstellung im Malser Kulturhaus ist noch bis Samstag, 19. September 2015 jeweils am Mittwoch, Samstag und Sonntag von 18.00 bis 21.00 Uhr zugänglich. s
Günther Schöpf