Zahlreiche Eltern und Interessierte waren gekommen.
Experte Uwe Buermann

Die Kinder begleiten

Smartphones, Brutalo-Spiele und Co.: Wie Kinder „aufrecht durch die Medien“ kommen.

Publiziert in 40 / 2019 - Erschienen am 19. November 2019

PRAD - „Es geht um die Frage, wie wir Kinder medienkompetent machen. Falsch ist es jedenfalls, wenn wir ihnen einfach die Geräte in die Hand drücken und meinen, es klappt dann schon“, betonte Uwe Buermann beim Vortrag „Aufrecht durch die Medien“ im Saal der Musikschule Prad. Der Verein Waldorf Vinschgau hatte den pädagogisch-therapeutischen Medienberater aus Deutschland eingeladen. Buermann, Autor zahlreicher Fachartikel und Bücher, erzählte den zahlreichen Anwesenden, wie man Kinder begleiten könne. „Kinder brauchen Begleitung. Eine enge Begleitung“, mahnte er in Bezug auf Smartphones, Computer, neue Medien und Co. Für Kids sei vieles Zauberei. „Es liegt an uns, es den Kindern zu erklären. Wir müssen Fragen stellen und wir müssen gemeinsam mit den Kindern Fragen stellen“, betonte der Pädagoge. Man dürfe dabei nicht die eigene Mediensozialisation auf jene der Kinder übertragen. „Ich nenne es Transferfehler“, so Buermann. Damit meint der Experte, dass die Erwachsenen von ihrer privaten und beruflichen sinnhaften Nutzung und Anwendung der Geräte darauf schließen, dass auch die Kinder die Geräte sinnvoll anwenden. „Dem ist aber nicht so. Die Kids nutzen Apps ohne die Hintergründe zu kennen. Bedenkliche Spiele werden häufig im jungen Alter gespielt“, warnte Buermann. Die Kinder wüssten oft nicht, was sie eigentlich tun.

Ab 16 früh genug

Buermann warnte auch davor, den Kindern zu früh Smartphones und dergleichen in die Hand zu drücken. „Es ist verantwortungslos, wenn Eltern einem 12-jährigen Kind ein Smartphone geben ohne zu kontrollieren was dieses damit tut“, wurde er konkret. Es brauche eine Aufsicht und eine Begleitung. Ohnehin müsse man in Italien volljährig sein um eine eigene Sim-Karte zu nutzen, in Deutschland sei die Altersgrenze 16 Jahre. „Davor läuft alles auf die Eltern. Auch rechtlich“, erklärte Buermann. Es reiche wenn Jugendliche erst ab 16 Jahren ein Smartphone erhalten. „Natürlich ist es insbesondere in ländlichen Gebieten aufgrund der Erreichbarkeit oft sinnvoll, wenn bereits Jüngere ein Handy haben“, so der Experte. Aber hierbei reiche ein herkömmliches Gerät, ohne Internet. Sollte es dennoch Smartphones für unter 16-Jährige geben, „aus welchen Gründen auch immer“, dann sei eine enge Begleitung elementar. „Von Anfang an. Und werden dabei gewisse Regeln missachtet, bedenkliche Spiele gespielt, gefährliche Seiten besucht oder der Verlauf gelöscht, dann soll man das Gerät auch mal wegnehmen“, empfahl Buermann.

„Utopisches“ Ideal

Das Ideal wäre es laut dem Experten Kinder ohnehin bis zum 10. Lebensjahr „bildschirmfrei“ zu halten. Das heißt: Kein TV, kein Computer, kein Smartphone. „Mir ist schon klar, dass dies heutzutage absolut utopisch ist“, gestand der Experte. Deshalb gelte es umso mehr, dass man auf altersgerechte Filme und dergleichen achte. In Sachen Smartphone plädierte er für „Familien-Smartphones“. So wie es in den 1990er Jahren den Familien-PC gegeben habe. „Somit ist permanentes Begleiten und Heranführen an die neuen Medien möglich“, erklärte Buermann. Eine solche Art von Begleitung brauche es. „Wenn eine ganze Familie ein Smartphone benutzt, dann überlegt sich das Kind bzw. der Jugendliche genau, welche Seiten besucht werden, über welche Themen im WhatsApp gesprochen wird“, sagte er.

Eltern gefordert

Eltern müssten sich über jede einzelne App und jedes Spiel Gedanken machen. „Hätten sich die Erwachsenen zum Beispiel das Spiel Fortnite genauer angeschaut, wäre es nie zu so einem Trend gekommen. Zig Kinder spielen das. Es ist aber nicht für Kids geeignet“, kritisierte Buermann. Aus Spielen könne auch eine Mediensucht entstehen. Dies sei bereits zu beobachten. Der Experte berichtete dabei von durchdrehenden Kindern auf Klassenfahrten, sobald sie in ein Funkloch gerieten und weitere bedenkliche Zwischenfälle. Für Schulen empfahl er ohnehin, die Lernräume frei von privaten elektronischen Geräten zu halten.

Michael Andres
Michael Andres

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