Bruno Pileggi

Die mündliche Geschichte

Publiziert in 5 / 2014 - Erschienen am 12. Februar 2014
Archiv der Erinnerung nennt sich das vor kurzem begonnene Projekt von Ulrich Ladurner und Konrad Meßner: ein Fundus an kollektivem Gedächtnis. Plawenn - Der Weg steigt sanft an. Die Rodelbahn von den Fischerhäusern zum Ansitz Plawenn ist der ideale Weg, um zum rosafarbenen Ansitz und dem sich dort befindenden Club of Mult zu gelangen. Langsam und gemütlich der Spaziergang, rasant die Abfahrt mit dem Schlitten. Um ein Projekt mit vielseitigen Aspekten handelt es sich auch bei dem Archiv der Erinnerung. Der ursprünglich aus Meran stammende ZEIT-Journalist Ulrich Ladurner bringt es gemeinsam mit Kulturwirt und Regionalentwickler Konrad Meßner auf den Weg. Dass ein Archiv der Erinnerung kein Schnee von gestern ist, sondern eine begehbare Piste zwischen der Vergangenheit und dem Heute, wird schnell klar: Als der erste Interviewpartner, der aus Kalabrien stammende Malser Ex-Finanzpolizist und Gemeinderatsmitglied Bruno Pileggi, von Ladurner interviewt wurde, sprudelten die Geschichten rund um das Thema Heimat: Vergangenes, das die Möglichkeiten der Reflexion für das Morgen bietet. Und einen wahren Schatz an Geschichten birgt. Es sind Tonaufzeichnungen, die jeden Samstag Vormittag im Club of Mult von verschiedenen Interviewern zusammengetragen werden. Sich von der Seele reden und Geschichten erzählen darf jeder, der sich zu einem Thema äußern will. Während „Heimat“ den Auftakt lieferte, ist so ziemlich jedes Thema eine gute Grundlage für die kommenden Gespräche. Mit Genehmigung der Interviewten können sie von Dritten eingesehen werden, so Meßner. Wenn nicht, landen sie erst einmal im Archiv. Doch diese Dritten gibt es schon: Autoren, Filmemacher, Regisseure, Journalisten und Historiker haben bereits großes Interesse an dem Fundus der persönlichen Erinnerungen, die weit über das Individuelle hinausgehen. Bruno Pileggi war der ideale Mann, um das Projekt zu eröffnen, gerade mit dem für den Beginn gewählten Thema Heimat: „Nicht nur, weil du von weit her kommst“, so Meßner zu Pileggi, „sondern auch, weil du immer bereit bist, einen Schritt vorwärts zu gehen“. Die Verwandtschaft des Archivs der Erinnerung mit der Geisteswissenschaftlichen Methode der Oral History ist unübersehbar. Aufgekommen in den 1930er Jahren, nutzen Historiker des deutschen Sprachraums seit den 1960er Jahren die Quellen von Zeitzeugen. Auch hier stehen das Darstellen von Lebensweisen und Ansichten, die mündlichen Erinnerungen der verschiedensten Menschen im Vordergrund - und waren oft genug Ausgangsbasis für Filme und Romane. „Wir sind gespannt“, so Ladurner, „was sich daraus entwickeln lässt“. Katharina Hohenstein
Katharina Hohenstein
Katharina Hohenstein
Vinschger Sonderausgabe

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