Gruppenbild mit den Freiwilligen, Initiatoren und Vertretern des Forstinspektorates und der Forststation Schlanders.
Raimund Niederfriniger und eine Freiwillige beim Einzäunen der Rotte.
Auch die Jungbäume wurden hochgetragen.
Die Projektinitiatoren Riccardo Siller (links) und Andrea Sulig.
Beim System des Einzelschutzes ist es schwierig, die Jungbäume vor Wildverbiss und Fegeschäden zu schützen. Die Zirbe im Bild ist zwar ca. 30 Jahre alt, aber immer noch klein.
In zwei eingezäunten Rotten pflanzten die Freiwilligen in Zusammenarbeit mit Förstern und Forstarbeitern junge Zirben und Fichten.
In zwei eingezäunten Rotten pflanzten die Freiwilligen in Zusammenarbeit mit Förstern und Forstarbeitern junge Zirben und Fichten.

Freiwillige packen an

Erstmals Schutzwaldwoche in Südtirol. 150 Zirben und Fichten am Tanaser Dörferberg gepflanzt.

Publiziert in 29 / 2019 - Erschienen am 3. September 2019

Tanas - Der Schutzwald ist der mit Abstand kostengünstigste Schutz gegen Lawinen, Erosionen, Murgänge und Steinschläge. Ihre Schutzfunktion erfüllen können die Wälder aber nur, wenn sie gut strukturiert sind. Wenn sie hingegen schwach bestockt sind, wenn es größere baumfreie Flächen gibt, besonders an Steilhängen, und wenn der Baumbestand veraltet ist, können die Wälder ihrer Schutzfunktion nicht mehr in vollem Ausmaß gerecht werden. Damit die Schutzfunktion neu hergestellt bzw. verbessert werden kann, müssen die Wälder gepflegt und saniert werden. Oder es müssen teure technische Maßnahmen durchgeführt werden, wie etwa die Errichtung von Dämmen oder anderer Schutzvorrichtungen. Um auf die Funktion der Schutzwälder aufmerksam zu machen und konkrete Pflegemaßnahmen zu setzen, werden in der Schweiz und auch in Österreich schon seit Jahren Schutz- bzw. Bergwaldprojekte auf freiwilliger Basis durchgeführt.

Gemeinschaftsprojekt von AVS und Forstinspektorat

Nun hat diese Idee auch in Südtirol Fuß gefasst. Die Initiative für die landesweit erste Schutzwaldwoche war von Andrea Sulig und Riccardo Siller, beide aus Schlanders, ausgegangen, die seit einiger Zeit in der Schweiz im Bereich von Schutz- und Bergwaldprojekten tätig sind. Beim Alpenverein Südtirol (AVS) und dem Forstinspektorat Schlanders stieß ihre Idee sofort auf offene Ohren. Dem AVS war es gelungen, mit einem grenzüberschreitenden Aufruf 7 Freiwillige für die Schutzwaldwoche zu begeistern. Eine ganze Woche lang, genauer gesagt vom 25. bis zum 31. August, legten sie am Tanaser Dörferberg auf einer Meereshöhe von rund 2.150 Metern kräftig Hand an, um in Zusammenarbeit mit Riccardo Siller und Andrea Sulig, den Forstarbeitern Rudi Telfser, Raimund Niederfriniger und Stefan Paulmichl, sowie dem Baustellenbetreuer Mario Burgo (Forststation Schlanders) zwei sogenannte Rotten zu errichten und in diesen eingezäunten Flächen über 100 junge Zirben und über drei Dutzend Fichten zu pflanzen. 

„Rotten“ schützen vor Wildverbiss

Die jeweils ca. 400 Quadratmeter großen Flächen wurden mit einem 1,6 Meter hohen Maschendrahtzaun eingezäunt, um die jungen Zirben und Fichten vor dem Wildverbiss und vor Fegeschäden zu schützen. Der Rotwilddruck am Vinschger Sonnenberg ist bekanntlich groß. Vom System der Einzeleinzäunungen ist das Forstinspektorat weitgehend abgegangen, zumal der in Baumgruppen (Rotten) gepflanzte Jungwald besser geschützt werden kann. Bei ihrer beinharten Handarbeit „gestört“ wurden die 7 Freiwilligen der alpinen Vereine AVS, DAV und ÖAV (Franz Göggel, DAV Sektion Konstanz; Melanie Wittmann, DAV Sektion Regensburg; Margit Rosskopf, ÖAV Sektion Gmünd - Lieser- Maltatal; Sofia Tonner, AVS Algund; Franz Meßner, AVS Brixen; Nikola Joseph, DAV Sektion Hochland/München und Dagmar Zoth, DAV Sektion Fulda) sowie ihre Mithelfer nur am Vormittag des 29. August, als sich Vertreter des AVS und des Forstinspektorates Schlanders zusammen mit Medienvertretern vor Ort ein Bild der Arbeiten verschafften. Geschlafen und gekocht haben die Freiwilligen übrigens in der „Alten Almhütte“ oberhalb von Tanas. 

Beinharte Handarbeit

Jeden Morgen stiegen sie zu Fuß zu ihrem „Arbeitsplatz“ auf, schwer beladen mit Werkzeug, Jungbäumen und Proviant. Klaus Bliem, der ehrenamtliche AVS-Referatsleiter für Natur und Umwelt lobte den freiwilligen Arbeitseinsatz als konkreten und nachhaltigen Beitrag zur Pflege bzw. Sanierung des Schutzwaldes. Ähnlich äußerten sich auch Mario Burgo und Georg Pircher, der Amtsdirektor des Forstinspektorates Schlanders. Pircher gab u.a. zu bedenken, dass mehr als die Hälfte des Schutzwaldes schlecht strukturiert ist, weil speziell die Lärchenwälder zum Teil veraltet bzw. schwach bestockt sind. Die Schutzwirkung von Zirben und Fichten sei insofern hoch, „weil es sich um immergrüne Baumarten handelt, die im Gegensatz zu den Lärchen ihre Nadeln im Winter nicht verlieren.“ 

Für den Schutzwald sensibilisieren

Neben Klaus Bliem und der AVS-Vertreterin Judith Egger (Referat Natur und Umwelt) verwies auch Georg Pircher darauf, dass die landesweit erste Schutzwaldwoche auch als Sensibilisierung für die Bedeutung und die Aufgaben des Schutzwaldes anzusehen ist. Insgesamt ist ca. ein Drittel des Südtiroler Waldes ist Schutzwald. Im Vinschgau liegt dieser Anteil bei rund 75 Prozent. Zur Sicherung des Lebens- und Wirtschaftsraums leistet der Schutzwald im gebirgigen Südtirol einen unverzichtbaren Beitrag. Die Nachfrage nach der schützenden Wirkung des Bergwaldes ist laut dem Südtiroler Forstverein aufgrund zunehmender Siedlungs- und Wirtschaftstätigkeit innerhalb des begrenzten Siedlungsraumes im Steigen begriffen. Einen besonderen Dank sprachen die Vertreter der Forstbehörden und des AVS auch allen Waldbesitzern am Dörferberg aus sowie der Fraktion Tanas. Die auf „Rauschegg“ gepflanzten Zirben und Fichten wurden übrigens von den Landesforstgärten zur Verfügung gestellt. Das Saatgut stammt aus Stilfs bzw. Langtaufers. Mehrfach unterstrichen hat der Amtsdirektor Georg Pircher, dass die Pflege der Schutzwälder die weitaus günstigste Maßnahme für deren Erhalt ist. Im Vergleich zur Pflege sind Sanierungsarbeiten rund 10 Mal teurer und technische Maßnahmen kosten sogar 100 Mal mehr.

Ca. 40.000 Festmeter Schadholz

Im Vergleich zu anderen Landesteilen hat das Sturmtief „Vaja“ am 29. Oktober 2018 zwar auch in einzelnen Gebieten im Vinschgau „gewütet“, doch bei weitem nicht in so einem verheerenden Ausmaß wie in anderen Gegenden des Landes. Die Menge des Schadholzes, das durch „Vaja“ im Vinschgau entstand, beziffert das Forstinspektorat mit ca. 40.000 Festmeter. Das entspricht in etwa der Menge eines gesamten Jahreshiebsatzes. Unbestritten ist, dass sich der Klimawandel auch auf die Wälder auswirkt, nicht zuletzt auch infolge der Zunahme extremer Wetterereignisse, zu denen u.a. auch längere Trockenperioden gehören.

„Hart, aber schön“

Die freiwilligen Berg- und Naturbegeisterten stimmten darin überein, dass der Arbeitseinsatz im steilen und unwegsamen Gelände zwar nicht leicht sei, aber am Ende überwiege die Zufriedenheit und Genugtuung darüber, etwas Wert- und Sinnvolles für die Natur und Umwelt geleistet zu haben.

Josef Laner
Josef Laner

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