Genießer investieren im Oberen Vinschgau
Publiziert in 35 / 2013 - Erschienen am 9. Oktober 2013
Und wieder ist der Vinschgau Vorreiter. Die Hofkäserei Engelhorn in Schleis und Ethikal Banking Bozen beschreiten neue Wege der Direktfinanzierung.
Bozen/Schleis - Wieder eine Vinschger Weg. Diesmal nicht ein Wander-Weg, auch nicht ein Aus-Weg aus dem touristischen Dilemma, sondern ein Zukunfts-Weg. „Kaufvertrag auf zukünftige Sachen“ nennt sich eine „neuartige Investition für Genießer“. Ausgegraben hatte die Vertragsform der Vorsitzende des Fördervereins Ethical- Banking aus dem Zivilgesetzbuch. Er entspreche exakt den Prinzipien der Nachhaltigkeit, der Solidarität und Selbstverantwortung von Ethical Banking, teilte Präsident Helmut Bachmayer bei einer Pressekonferenz mit. Er wies aber auch darauf hin, dass die Idee für diese besondere Finanzierungsform aus dem Oberen Vinschgau stamme, genauer gesagt von Sonja Sagmeister und Alexander Agethle, Betreiber der Hofkäserei Engelhorn in Schleis. Biobauer Agethle stellte sich selbst der Presse und schilderte überzeugend und zweisprachig, wie bei ihm und seiner Frau der Groschen gefallen sei: „Wir sind mit unserem Betrieb eingeschränkt und eine Qualitätssteigerung unserer Produkte erreichen wir nur über eine Erweiterung. Dies wäre möglich, wenn wir die ehemalige Dorfsennerei in Hofnähe erwerben könnten. In der Frage der Finanzierung brachte uns ein Ehepaar aus Deutschland auf die Idee, Investitionskapital mit unseren Produkten zu decken“, erzählte Agethle. Der Weg zu Ethical Banking lag auf der Hand. Dort nahm die Idee dann schnell Gestalt an. Sparer und Genießer erhalten gegen den Mindestbetrag von 500 Euro 110 Gutscheine, sogenannte „Engelhörner“. Die „Genussscheine“ sind von der Währung abgekoppelt und garantieren für zehn Jahre 11 Mal 2 kg feinsten Bio-Käse. Einlösen könne man die Gutscheine nicht nur am Hof, sondern auch in den Biofachgeschäften „Naturalia“ in Meran und Bozen. Außerdem bestehe die Möglichkeit, sich mit den Gutscheinen im Partnerbetrieb Hotel Greif in Mals ein Schlemmermahl oder einen Aufenthalt zu finanzieren. Schlemmen mit Käse, selbst gebackenem Brot, Marillensaft und Zweigelt vom nordwestlichsten Weinhof Südtirols, dem Calvenschlössl auf 1.000 Höhenmetern bei Laatsch, durften nicht nur Medienvertreter. Auch schon erste „Käseaktionäre“ wie der ehemalige Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank, Peter Gius, der Obmann der Raika Bozen, Hansjörg Riegler, und der Landtagsabgeordnete Hans Heiss durften sich am Tella-Schnittkäse und am Rims-Hartkäse gütlich tun. Dass der Bozner Auftritt der Schleiser konkrete Wirkung zeigte, bewies die spontane Vertragsunterzeichnung von Martha Kob, einst Alexander Agethles Deutsch-Lehrerin an der Fachoberschule für Landwirtschaft in Auer. s

Günther Schöpf