Zahlreiche Bauern waren in Latsch vor Ort.
Gottfried Niedermair, Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau.
Der Präsident des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau, Paul Wellenzohn (links) und der Landtagsabgeordnete Sepp Noggler.
Viele Landwirte übten Kritik am Gewässerschutzplan.

Gewässerschutzplan: Herausforderung für Landwirtschaft

Bei einer Informationstagung des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau wurde der Gewässerschutzplan vorgestellt – und scharf kritisiert. 

Publiziert in 3 / 2020 - Erschienen am 28. Januar 2020

LATSCH - Sie war bitter nötig, die Informationstagung zum Thema Wassernutzung und Gewässerschutzplan, die kürzlich für die Obmänner und Arbeitskomitees des Bonifizierungskonsortiums im Vinschgau abgehalten wurde. Über neue Bestimmungen, Schwierigkeiten und Herausforderungen wurde dabei diskutiert. 
„Es gibt viele neue Bestimmungen. Ganz so einfach wird es dabei nicht werden“, gestand Paul Wellenzohn, der Präsident des Bonifizierungskonsortiums und meinte damit den Gewässerschutzplan. Während die Vereinbarung mit dem Energiedienstleister Alperia als gute Nachricht vermeldet werden konnte, sorgten die Neuigkeiten in Sachen Gewässer für Unstimmigkeiten. Zur Erinnerung: Wie der Vinschger in der Ausgabe vom 08. Jänner berichtet hat, konnten die für die Frostberegnung zur Verfügung stehenden Wassermengen um ein Drittel aufgestockt werden und betragen nun 20.000 Sekundenliter. Den Gewässerschutzplan hingegen hat  die Landesregierung Ende des vergangenen Jahres gutgeheißen. „Der Plan soll dabei helfen sensible Bereiche auszumachen und gezielte Schutzmaßnahmen zu setzen,“ heißt es vonseiten der Landesregierung. 

„Das Eine ist die Theorie, das Andere die Praxis“

Der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau stellte den rund 700 Seiten langen Gewässerschutzplan als Teil des Wassernutzungsplans vor. „Es wurde jahrelang daran gearbeitet. Jedes Gewässer wurde aufgenommen und geprüft. Mehrere Arbeitsgruppen waren involviert“, betonte Niedermair. Jedoch, sei der Plan nicht ideal für die Landwirtschaft im Vinschgau. „Das Eine ist die Theorie, das Andere die Praxis“, so Niedermair. Man habe zu wenig Praktisches miteinfließen lassen. Das Dilemma für die Landwirtschaft: Genehmigungen, um etwa einen Bach für die Wasserableitung benutzen zu können, dürften schwieriger zu erhalten sein als früher. In Berggebieten und im Vinschgau, wo teils starke Trockenheit herrscht, dürfte dies zu Problemen führen. 
Der Wasserbedarf der Landwirtschaft in Südtirol belaufe sich auf 150 Millionen Kubikmeter, dies seien 55 Prozent des Gesamtverbrauchs. Es folge die Industrie mit 22 Prozent, der Trinkwasserverbrauch mache 18 Prozent aus. „Von den insgesamt verfügbaren Wasserressourcen, die wir hier haben, braucht die Landwirtschaft jedoch lediglich 3 Prozent“, erklärte Niedermair. Demnach stünden in Südtirol 5 Milliarden Kubikmeter zur Verfügung. In Gesamtitalien sehe die Situation anders aus, hier brauche die Landwirtschaft rund die Hälfte. „Die Entnahme im Verhältnis zur insgesamt zur Verfügung stehenden Menge ist daher bei uns in Südtirol relativ gering“, betonte Niedermair. 

Kriterien und Bestimmungen 

Die gesamte Bewässerungsfläche im Vinschgau belaufe sich auf 8000 Hektar, ein Wasserverbrauch von 50 Millionen Kubikmeter sei dafür nötig. Dafür bestehen zur Zeit 70 Ableitungen aus Oberflächengewässern sowie 60 Ableitungen aus Tiefbrunnen. Nun sei es aber so, dass der Gewässerschutzplan eine Reihe von Kriterien vorsehe, um weiterhin Wasser zu entnehmen. Überhaupt gebe es mehrere Diskussionen im Zusammenhang mit der Wassernutzung in der Landwirtschaft. Neben den neuen Bestimmungen seien dies technische Anforderungen an die Bewässerungsanlagen oder aber auch soziale Aspekte, wie etwa die Thematik, ob die Wassernutzung von größerem öffentlichem Interesse sei. Hinzukommen klimatische Veränderungen und die Nachhaltigkeit in der Wassernutzung. 

Viele offene Fragen

Der Gewässerschutzplan wolle einen „guten oder sehr guten ökologischen Zustand der Gewässer beibehalten oder erreichen“. Im Vinschgau gebe es 55 Gewässer. Elf davon weisen eine potentiell signifikante Belastung auf, fünf eine signifikante Beeinträchtigung. Signifikant seien jene Beeinträchtigungen, die dazu beitragen, dass die Umweltziele nicht erreicht werden. Mit verschiedenen Maßnahmen sollen laut Landesregierung die Umweltziele erreicht werden, der Gewässerschutzplan sehe dabei grundsätzlich die Einsparung und Rationalisierung der Wasserressourcen vor.
Dabei gebe es nun seitens der Umweltagentur verschiedene Maßnahmen sowohl für bestehende Wasserableitungen, als auch für jene, welche es zu erneuern gilt. Die Agentur könne dabei bestehende Konzessionen abändern, insbesondere bei jenen Gewässern, wo die Umweltziele nicht erreicht werden bzw. es zu einer potentiell signifikanten Belastung komme. Auch seien Genehmigungen für neue Wasserableitungen schwieriger zu bekommen. Bei Nichterreichen des Umweltziels gebe es zwar eine provisorische Verlängerung der Konzession, aber was danach komme, sei noch ungewiss. Hierbei gebe es noch eine Reihe offener Fragen, wie Niedermair betonte. Themen seien unter anderem die kurzen Umsetzungszeiten, die Ausweisung von Trockengebieten sowie vor allem die Genehmigungsprozeduren der notwendigen Maßnahmen. „Es wurde im Vorfeld viel diskutiert, nun ist der Gewässerschutzplan halt da“, sagte Niedermair. Der Plan stehe nun fest, nun könne man Rekurse einreichen. 

Kritik an Politik 

Viel Kritik gab es daraufhin seitens anwesender Landwirte. Der Gewässerschutzplan sei für wasserreiche Gebiete in Ordnung, aber für trockene Gebiete wie den Vinschgau eine Problem, so der Tenor. „Die Landwirtschaft ist das letzte Rad. Wir bekommen derzeit nur mehr auf den Deckel“, betonte ein Anwesender. Von der Politik sei keine Unterstützung zu erwarten. 
Als Vertreter der Politik war Josef Noggler anwesend. Der Landtagsabgeordnete der SVP sagte: „Alle müssen sich Gedanken machen in Sachen Wasser, von den Gemeinden über die Industrie und dem Elektrizitätsbereich bis hin zur Landwirtschaft“. Auch die Landwirtschaft wolle saubere Bäche, leider sei man nicht immer imstande, dies der Bevölkerung zu kommunizieren, so Noggler. In Sachen Gewässerschutzplan würde es durchaus zu Ausnahmen kommen, aber bei manchen Bächen im Vinschgau würde es „schwierig werden“. Teilnehmer der Tagung kritisierten, dass die Betroffenen zu wenig in die Planungen miteinbezogen wurden. „Wenn man mehr Möglichkeiten gehabt hätte mitzuarbeiten, wären nun nicht allerlei Rekurse nötig“, hieß es. Noggler beruhigte und betonte, dass es nötig sei einen Entwurf zu haben, um nun darauf reagieren zu können. Zudem habe es im Vorfeld einige Diskussionen gegeben. 

Klimatische Veränderungen 

Über klimatische Veränderungen referierte Bernhard Botzner vom Beratungsring im Rahmen der Tagung. Genauer gesagt ging es dabei um den Einfluss klimatischer Veränderungen auf den Vegetationsverlauf. Eine Station in Latsch messe die Temperaturen seit 1966. Zu beobachten sei dabei ein Temperaturanstieg seit 1992, auch in den Monaten von Jänner bis März. Zudem seien in den vergangenen zwei Jahrzehnten leicht geringere Niederschlagsmengen in den Wintermonaten zu verzeichnen. Der Austrieb und die Blüte habe im letzten Jahrzehnt um fünf bis sieben Tage früher stattgefunden. 

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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