Gruppenbild anlässlich des Besuchs der MIVOR.

Grenzüberschreitende Begegnung

Publiziert in 40 / 2015 - Erschienen am 11. November 2015
Interview mit Elmar Monz, dem Bezirksobmann des Bauernbundes Landeck. „Milchpreis ist im Keller.“ Vinschgau/Landeck - Auf Einladung des Bauernbundbezirks Vinschgau besuchte eine Delegation des Bauernbundes Landeck und der Bezirkslandwirtschaftskammer Landeck den Vinschgau, um das Genossenschaftswesen näher kennenzulernen und um sich mit den Vertretern des Vinschger Bauernbundes auszutauschen. Nach einer kurzen Einführung in die Vermarktungsstruktur der VI.P durch Obmann Thomas Oberhofer und die Besichtigung der Obstgenossenschaft MIVOR zeigte sich die Gruppe beeindruckt von der Technologie und Effizienz dieses Betriebes. Beeindruckt waren die Gäste aus Tirol auch von der grandiosen Aussicht von St. Martin im Kofel auf fast den gesamten Vinschgau und nicht weniger von den Gegensätzen zwischen Berg und Tal, wie sie nirgendwo größer sein könnten. - Im Anschluss an den Besuch hat der Vinschger mit dem Bezirksobmann des Bauernbundes Landeck, Elmar Monz aus Nauders, ein Gespräch geführt: der Vinschger: Herr Monz, wie ist die Landwirtschaft in Ihrem Bezirk insgesamt aufgestellt? Elmar Monz: Landeck ist der westlichste Bezirk Tirols mit ­einer Fläche von 159.500 ha, das sind 12,6% der Fläche Tirols. Der Bezirk Landeck hat den höchsten Anteil an traditioneller bzw. ursprünglich erhaltener Kulturlandschaft. Ca. 90% der Bauern nehmen an Maßnahmen des ­österreichischen Umweltprogrammes teil. Die landwirtschaftlichen Betriebe liegen in einer Meereshöhe von 750 m (Schönwies) bis 1.800 m (Stableshof in Nauders). Der Bezirk Landeck zählt österreichweit zu den Bezirken mit dem höchsten Anteil an „extremen“ Bergbauernbetrieben. Welchen Stellenwert nimmt der Nebenerwerb ein? 95% der landwirtschaftlichen ­Betriebe werden im Nebenerwerb geführt. Es gibt insgesamt rund 1.400 Betriebe, davon werden 280 Betriebe nach biologischen Richtlinien geführt. Es werden ca. 6 Mio. Liter Milch produziert. Die Almen sind in der Regel „Hochalmen“ und befinden sich über der Waldgrenze. Auf 28 Almen wird die Milch zu Butter und Käse verarbeitet. Die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft liegt in der Produktion natürlich erzeugter Lebensmittel von hoher Qualität, Zuchtvieh, Holz und insbesondere auch in der Erbringung landeskultureller Leistungen wie Erhaltung und Gestaltung der Kulturlandschaft vom Tal bis in hochalpine Regionen, Bewahrung der Lebensgrundlagen (Boden, Wasser) und die Sicherung des Lebens- und Erholungsraumes. Wie stark hat sich die Abschaffung der Milchquotenregelung ausgewirkt? Sehr stark, so dass der Milchpreis „im Keller“ ist. Der ­Bauer bekommt 30 Cent pro Liter ­netto, bei der Bio-Milch sind es 40 Cent pro Liter netto. Das ist existenzgefährdend. Setzen die Viehbauern jetzt wieder mehr auf die Milchmenge oder wie reagieren sie? Nein, im Gegenteil. Der Durchschnitt der Milchlieferanten hat fünf Milchkühe, der Trend geht eher hin zur Einstellung der Milchproduktion und stattdessen zur Jungviehaufzucht, Mutterkuhhaltung, Schafzucht oder schlimmstenfalls zur Betriebsauflösung. Welche Rolle spielt die Herstellung biologischer Milchprodukte? Die Nachfrage nach biologischen Produkten ist im Steigen, das Preisniveau ist aber noch zu niedrig. Wie stark bzw. schwach sind im Bezirk Landeck die regionalen Kreisläufe? Die Bergbahnen im Bezirk Landeck wie beispielsweise ­Nauders, Serfaus-Fiss-Ladis und Ischgl sind große Vorreiter bei der regionalen Vermarktung (Fleisch, Milch, Eier, Käse, Bauernhof-Eis). Es gibt bereits sehr gut laufende Projekte wie die „Bauernkiste“, „Leba“ und jeden Freitag in ­Landeck der „Frischemarkt“. Wie steht es mit der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus? Die Bezirkslandwirtschaftskammer Landeck und die Wirtschaftskammer Landeck sind gerade dabei ein neues Projekt zu starten unter dem Motto „Drehscheibe Landeck“. Wie sieht es mit dem Zu- und ­Nebenerwerb in Nordtirol aus: Urlaub auf dem Bauernhof? Nischenprodukte? Betreuung von Senioren und Kindern? Rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe bieten mit der Vermietung von Zimmern und Ferienwohnungen touris­tische Dienstleistungen an. Urlaub am Bauernhof und der Tourismus bilden daher ein wichtiges Standbein für die bäuerlichen Familien im Bezirk Landeck. So zählt der Bezirk zu den Initiatoren bei der Gründung des Verbandes „Urlaub am Bauernhof“. Die Betreuung von Senioren und Kindern auf dem Bauernhof gibt es nicht. Ein Nischenprodukt ist der Obstbau mit ca. 35 ha und damit verbunden sind mehrere Edelbrennereien. Der Anbau von Gemüse und Beeren spielt bei uns eine untergeordnete Rolle. Gibt es in punkto Landwirtschaft Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen dem Obervinschgau und dem Oberen Gericht? Ja. Ein Projekt wäre fast gelungen und zwar die Bio-Milchlieferung von Nauders zum Verarbeitungsbetrieb „Bergmilch Bozen“. Wie funktioniert das Genossenschaftswesen in Ihrem Bezirk? Es gibt im Bezirk Landeck sehr wenige Genossenschaften. Die Landwirtschaftliche Genossenschaft in Landeck ist eine der größten und besten funktionierenden Genossenschaften mit ca. 40 Mitarbeitern. Welchen Eindruck nehmen Sie heute nach dem Besuch der MIVOR mit nach Hause? Ich bin sehr beeindruckt vom guten Management der Genossenschaft, vom internationalen Netzwerk und Kundenstock der VI.P und kann dazu nur gratulieren. Was hier so gut funktioniert, wurde über Generationen aufgebaut. Der Erfolg gibt euch Recht, auch wenn das letzte Jahr wirtschaftlich nicht so erfolgreich war. Interview: Ingeborg Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Vinschger Sonderausgabe

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