Eugen Tumler, Berater für den Bio-Obstanbau

„Jeder Bauer wünscht sich eine Frostberegnung“

Publiziert in 15 / 2021 - Erschienen am 29. April 2021

Schlanders - Eugen Tumler über den Einsatz von Frost-Kerzen, Pellet-Öfen und Stückholzkesseln.

der Vinschger: Herr Eugen Tumler, Sie sind technischer Berater für den Bereich Bio beim Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau. Ist es tatsächlich notwendig, dass auf Apfelwiesen, die nicht mit einer Frostschutzberegnung geschützt sind, in kalten Nächten Frost-Kerzen und Pellet-Öfen entzündet werden?

Eugen Tumler: Kalte Temperaturen verursachen verschiedene Schäden an den Knospen, Blüten oder kleinen Früchten. Bestenfalls entsteht ein qualitativer Schaden in Form einer Deformation oder Berostung der Früchte. Beides ist von den Apfelkonsumenten nicht erwünscht. Schlimmstenfalls verursachen Erfrierungen eine Schädigung der Blütenanlagen oder vieler Fruchtzellen, was zum Absterben der Blüten bzw. Früchte und somit zum Totalausfall führt. Der Bauer verliert somit in nur wenigen Frostnächten ein ganzes Jahr, wobei alle Arbeiten, außer der Handausdünnung und der Ernte, trotzdem auszuführen sind.

Nach jeder „Feuernacht“ werden in der Bevölkerung Klagen darüber laut, dass weite Teile der Talsohle stundenlang von einer Rauchwolke verhüllt bleiben. Auch das Auftreten unangenehmer Gerüche wird beanstandet. Lässt sich die Rauch- und Geruchsentwicklung nicht in den Griff bekommen?

Jeder Bauer wünscht sich eine Frostberegnung. Die Bedienung ist mit Erfahrung in einer langen Frostnacht deutlich einfacher als die Befeuerung mit verschiedenen Heizmitteln und auch auf größeren Flächen möglich. Das physikalische Grundprinzip der Frostberegnung, wonach beim Gefrieren von Wasser Wärme frei wird, ergibt nach zehn Stunden Frostberegnung mit 3,5 mm Niederschlag pro Stunde einen Heizwert, der jenem von 230 Gasflaschen entspricht. Diese Energie muss auch mit den Pellet-Öfen, Frostkerzen und Stückholzkesseln erzeugt werden. Dafür sind aber 200 bis 300 „Kamine“ notwendig, die leider alle Rauch erzeugen und die ganze Nacht über nachgefeuert und kontrolliert werden müssen. Das ist sehr aufwendig und kostspielig. Jene Kerzen, welche abgebrannt sind, müssen noch in der Nacht ersetzt werden, um die Temperatur konstant zu halten. Auch Pellet-Öfen und Stückholzkessel müssen noch in der Nacht, spätestens aber am nächsten Tag, nachgefüllt werden und brennen je nach Holzart unterschiedlich lange. Da ist jeder Bauer ständig am Laufen. Gerade beim Nachfeuern entsteht Rauch, der besonders in den Morgenstunden gut sichtbar ist. Ich glaube, dass jeder Bauer bestrebt ist, möglichst unauffällig zu arbeiten und seine Mitbürger nicht mit unangenehmen Gerüchen zu belästigen. Leider gelingt es nicht immer.

Warum ist die Zahl der Frostnächte in den vergangenen Jahren gestiegen?

Manchmal hat es den Anschein, dass extreme Wetterereignisse auch bei uns zunehmen. Man denke etwa an den Sturm Vaia, die außergewöhnlichen Schneefälle im Winter 2020/2021 und an die Frostnächte. Die Experten sagen, es sei der Klimawandel. Da kann ich nicht mitreden. Im Zusammenhang mit den Frostnächten kann ich sagen, dass die Frostberegnung 1997 im Vinschgau über 20 Mal eingeschaltet werden musste. Hoffentlich müssen wir diesen Rekord nicht knacken!

Was raten Sie den Bauern, die auf das „Feuern“ angewiesen sind?

Besonders bei der Befeuerung der Stückholzkessel ist ein gut trockenes Brennmaterial für eine relativ saubere Verbrennung notwendig. Als Starzeitpunkt für die Befeuerung aller Wärmequellen in den Obstwiesen als Frostschutzabwehr gilt immer die 60 cm Trockentemperatur. Daher ist ein Beheizen der Obstanlagen immer erst nach dem Einschalten der Frostberegnung notwendig und nicht zeitgleich.

Gegen Hagelschäden gibt es Versicherungen, warum versichern sich die Bauern nicht auch gegen Frostschäden?

Viele Bauern schließen auch innerhalb der Frostberegnungszone eine Versicherung gegen Frostschäden ab. Trotzdem wiegt eine Entschädigung der Versicherung nie einen reellen Ertragsausfall auf. Ein Ernteausfall 2021 hat nicht nur auf die Bewirtschaftung der Felder im heurigen Jahr Einfluss, sondern hat beim Ausdünnen, Schnitt usw. auch Auswirkungen auf das folgende Apfeljahr. Das spricht eindeutig für einen Frostschutz. Außerdem sind Versicherungen nicht billig.

Das Forstberegnungsnetz soll künftig ausgebaut und ausgedehnt werden. Wann wird man auf den Einsatz Frorst-Kerzen und Öfen verzichten können?

Ich kann keinen Zeitpunkt nennen, wann in bestimmten Zonen eine Frostschutzberegnung zur Verfügung steht. Trotzdem kann ich versichern, sobald jemand diese Möglichkeit hat, wird er die anderen Abwehrmöglichkeiten nicht mehr in Betracht ziehen und sich nach dem Einschalten der Beregnung lieber wieder in sein Bett legen, anstatt die ganze nach mit Holz herumlaufen.

Josef Laner
Josef Laner

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