Über 100 Personen nahmen an der Bürgerversammlung in Martell teil.

Kompatscher steht Rede und Antwort

Publiziert in 43 / 2014 - Erschienen am 3. Dezember 2014
Marteller äußern Wünsche, Kritik und Anliegen Martell - Er hat sich vorgenommen, nach und nach alle 116 Gemeinden Südtirols zu be­suchen, um die Bürger über die Landespolitik zu informieren sowie Rede und Antwort zu stehen. Am 24. November war Landeshauptmann Arno Kompatscher in Martell zu Gast. Vor über 100 Personen führte er im Bürgerhaus einleitend aus, was in Sachen Autonomie geplant ist. Die Absicherung der Autonomie, der weitere Ausbau und eine Entwicklung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino seien die einzigen realistischen, sprich gangbaren Schritte, um noch eigenständiger zu werden: „Die Staaten in Europa werden an Bedeutung verlieren, die Regionen hingegen gewinnen.“ Kompatscher verteidigte auch das neue Finanzabkommen zwischen Südtirol und dem Staat. Südtirol beteiligt sich demnach mit 476 Mio. Euro pro Jahr an der Tilgung der Staatsschulden. Das entspricht 0,6% der Zinsen, die der Staat jährlich für seine Schulden zahlen muss. Die Rekurse des Landes gegen den Staat werden erst zurückgezogen, sobald das Finanzabkommen Gesetz ist. Zur internationalen Absicherung wird es einen Notenwechsel zwischen Rom und Wien geben. „Wenn bestimmte Leute sagen, das Land würde aufgrund des Abkommens auf Milliarden verzichten, so ist das blödsinniges Gerede“, so der Landeshauptmann. „Sonst fliegen uns die Kosten um die Ohren“ Trotz der Krise und einiger negativer Entwicklungen, wie es etwa die Jugendarbeitslosigkeit ist, die derzeit bei 11,6% liegt, „haben wir insgesamt keinen Grund, ständig zu jammern oder in Panik zu verfallen.“ Dass es dennoch notwendig ist, in verschiedenen Bereichen zu sparen, führt ­Kompatscher auf die zu erwartenden Entwicklungen zurück, insbesondere auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung. „Es ist nicht so, dass wir zum Beispiel für den Bereich Gesundheit weniger Geld ausgeben wie bisher, aber wenn wir jetzt nicht handeln und keine Reform machen, fliegen uns die Kosten morgen um die Ohren.“ Ähnlich verhalte es sich in anderen Bereichen. Die Landesregierung sei gewillt, gut funktionierende Dienste, wie etwa die Gesundheitsversorgung, die ­Pflegesicherung oder den öffentlichen Personennahverkehr, die alle sehr viel Geld kosten, weiterhin zu gewährleisten. Und um sie auch künftig finanzieren zu können, seien Reformen unerlässlich. Nationalpark und mehr In punkto Nationalpark informierte Kompatscher, dass das Einvernehmen mit der Lombardei mittlerweile unterzeichnet wurde. Die Genehmigung des Umweltministeriums dürfte in Kürze erteilt werden. Bevor die eigenständige Verwaltung des Südtiroler Parkanteils konkret Form annehmen kann, braucht es noch eine eigene Durch­führungsbestimmung. Ziel sei es, die Bevölkerung miteinzubinden und den Park in Zukunft nach dem Muster eines Naturparks eigenständig zu verwalten. An den Schutzvorschriften werde allerdings nicht gerüttelt. Klagen über Telefon- und Stromausfälle Mehrfach geklagt wurde bei der Diskussion über Telefon- und Stromausfälle. Für Hintermartell kündigte Kompatscher einen Funkverbindungsdienst mit Hilfe des RAS-Umsetzers in St. Martin im Kofel an. Für die Instandsetzung der Telefonleitung werde er persönlich bei den Telecom-Verantwortlichen intervenieren. Bezüglich Stromversorgung kündigten ­Kompatscher und Bürgermeister Georg ­Altstätter an, dass die Selnet eine unter­irdische Mittelspannungsleitung errichten werde, und zwar vorerst bis Gand, wobei gleichzeitig ein Glasfaserkabel für ein schnelles Internet vorgesehen ist. Mehrfach angesprochen wurden die Strukturschwäche von Martell, das ländliche Wegenetz und die immer größeren Probleme der Bergbauern. Der Landeshauptmann versicherte, „dass weiterhin eine Politik für den ländlichen Raum gemacht wird.“ Strukturschwache Gebiete wolle man daher stärker fördern, ebenso die Berglandwirtschaft. Weitere Themen waren die Tourismusabgabe, eine Radwegverbindung nach Martell (für eine solche braucht es in erster Linie ein Einvernehmen mit der Nachbargemeinde Latsch, durch die ein Großteil der Trasse führt), mangelnde Italienischkenntnisse bei der Jugend und weitere Anliegen. Das heiße Eisen „Politikergehälter und Leibrenten“ brachte SVP-Ortsobmann Roland Gluderer aufs Tapet. Zu den Altmandataren, die gegen die Neuregelung rekurrieren, meinte Kompatscher: „Ich hätte mir gewünscht, dass sie diesen Schritt aus Solidarität mit der SVP und der Gesellschaft nicht machen.“ Es sei aber geschehen und nun sei diese Sache in den nächsten Jahren „auszubaden“, gab sich Kompatscher enttäuscht, und auch ein bisschen resigniert. Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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