Mit Herzblut für die Heimat
Franz Fliri: „Wir sind nicht Ewiggestrige, sondern Brückenbauer“
Glurns - Im Schutz und in der Pflege der Kultur- und Naturlandschaft sieht der Heimatpflegeverband seit jeher seine wichtigste Aufgabe. „Wir sind aber auch offen für Neues, denn wir sind nicht Ewiggestrige, sondern Brückenbauer“, sagte der Bezirksobmann Franz Fliri am 29. Februar bei der Bezirksversammlung der Vinschger Heimatpfleger im Dachgeschoss des Flurinsturms in Gurns. Dieses historische Gebäude war nicht zufällig als Versammlungsort ausgewählt worden. Das Gebäude war einst Gerichtssitz, der Turm wurde später zum Gefängnis umfunktioniert und diente bis 1931 als Kerker. 2018 wurde das Gebäude von der Familie Ortler erworben, die es sanierte und zu einem Gastbetrieb umfunktionierte.
Dauerbrenner Langtaufers-Kaunertal
In seinem Rückblick auf die vergangenen 3 Jahre ging Franz Fliri u.a. auf das Thema der skitechnischen Verbindung Langtaufers-Kaunertal ein. Die Heimatpfleger gehören zu jenen Vereinen bzw. Organisationen, die sich seit Jahren vehement gegen eine Anbindung von Langtaufers an das Kaunertal stemmen. „Wir stehen hinter einer sanften touristischen Entwicklung des Tals und wollen die dortige Natur- und Kulturlandschaft erhalten“, so Fliri. Auch auf den Einsatz der Heimatpfleger bezüglich der Oberen Au in Glurns, die Bemühungen für eine Unterschutzstellung des „Doktorhauses“ in Laas, die Unterstützung für den Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft im Großraum Mals und auf viele weitere Tätigkeitsfelder blickte der Bezirksobmann zurück. Nicht aus den Augen verlieren wolle man den Erhalt bzw. die Sanierung der alten Mühle in Nähe der Höfegruppe Vallatsches in Stilfs. Der Erhalt alter Bausubstanz, sei es in den Ortskernen oder auch außerhalb als Einzelgehöfte, bleibe weiterhin ein großes Anliegen der Heimatpfleger.
Erfolge, aber auch Rückschläge
Grundsätzlich hielt Franz Fliri fest, dass trotz mancher Rückschläge auch immer wieder Erfolge erzielt werden konnten. Die von den Heimatpflegern geleistete, ehrenamtliche Arbeit sei in diesem Sinn nicht zu unterschätzen. Nicht selten seien auch Hartnäckigkeit und ein langer Atem gefragt. Im Gegensatz zu starken Lobbys, „die einen besseren und schnelleren Zugang zu den Politikern, Ämtern und Kommissionen haben, tun wir uns diesbezüglich schwerer.“ Als Beispiel dafür nannte der Bezirksobmann das Gesetz „Raum und Landschaft“. Nicht unerwähnt ließ Fliri auch Veranstaltungen und Aktionen, die vor allem dazu dienen sollten, die Bevölkerung und die breite Öffentlichkeit auf die Anliegen der Heimatpflege aufmerksam zu machen.
Nur wenige Ortsvereine
Vermehrt bemühen will sich der Bezirk Vinschgau des Heimatpflegeverbandes um die Neugründung von Ortsvereinen. Solche sind derzeit nur in Burgeis/Mals, Glurns und Schnals voll aktiv. In Prad wurde der Verein schon vor einigen Jahren stillgelegt, nun wird über eine Wiederbelebung gesprochen. In Latsch, wo der Ortsverein seine Tätigkeit reduziert hat, soll es ebenfalls zu einem Neubeginn kommen. In manchen Gemeinden, wo es keine Ortsvereine gibt, sind Ortsvertreter aktiv. Die Initiative zur Gründung neuer Ortsvereine muss laut Fliri von der jeweiligen Ortsbevölkerung ausgehen. Fliri wurde bei den Neuwahlen übrigens einhellig für die nächsten 3 Jahre als Bezirksobmann bestätigt. Es wurde ihm mehrfach bescheinigt, mit viel Herzblut für die Belange der Heimatpflege zu arbeiten. Ebenfalls einstimmig bestätigt wurden die Vorstandsmitglieder Roland Peer (Burgeis/Mals) und Roland Angerer (Stilfs).
„’Urlaub auf der Alm’ ist ein Unding“
Über Anliegen und Vorhaben des Heimatpflegeverbandes auf Landesebene informierte die Landesobfrau Claudia Plaikner. Sie warnte u.a. vor ausufernden Entwicklungen im Tourismus, wobei sie sich nicht nur auf die Diskussionen rund um neu geplante Tourismuszonen bezog: „Wir müssen unser Land vor Fehlentwicklungen schützen, auch im Sinne und Interesse des Tourismus selbst.“ Einer Allerweltsarchitektur, wie sie zunehmend um sich greife, erteilte sie ebenso eine Absage, wie dem Bauernbund-Vorhaben „Urlaub auf der Alm“. Dieses Vorhaben sei ein Unding: „Die Natur und auch die Menschen brauchen Ruhe.“ Als eines der wichtigsten Anliegen der Zukunft nannte Plaikner, die sich bei der Landesversammlung am 4. April in Terlan erneut als Landesobfrau der Wahl stellen wird, die Baukultur, wobei das Augenmerk nicht nur auf die Restaurierung bzw. Sanierung historischer Gebäude gelegt werden soll, sondern auch auf neue Bauten.
„Ein Skandal bis heute“
Viel Zuspruch erlebte der Lichtbildervortrag von Ludwig Schöpf aus Reschen zum Thema „70 Jahre Untergang einer Kulturlandschaft in Graun und Reschen.“ Seit 35 Jahren zeigt der pensionierte Lehrer im Auftrag des ehemaligen Pfarrers Alfred Rieper, der 1996 gestorben ist, mit beeindruckenden Bildern und Schilderungen auf, wie viel Leid und Ungerechtigkeit die Seestauung über die Bevölkerung gebracht hat. Pfarrer Rieper hatte mit aller Kraft versucht, den Menschen vor, während und nach der Seestauung zu helfen. In den Augen von Ludwig Schöpf war der Stauseebau ein Skandal, „und er ist es bis heute.“ Graun sei vollständig untergegangen, Reschen zu 80 Prozent. Es seien keine neuen Dörfer entstanden, sondern nur neue Häuser. Auch auf besondere Einzelschicksale ging Schöpf ein, etwa auf jenes des „Schwarzen Trinali“. Die in Graun lebende, pensionierte Köchin wollte dem steigenden Wasser partout nicht weichen und musste Gewalt aus dem Haus geschleppt werden.