Neugierde ist die Triebfeder eines Reisenden
Publiziert in 40 / 2016 - Erschienen am 9. November 2016
entität und Tourismus sind so alt wie das Reisen, und schon immer haben Reisende unser Land kulturell erlebt, haben darüber geschrieben und komponiert. Doch kulturelle Identität darf nicht eine museale Erstarrung bedeuten, sondern auch Bewegung des Geistes und Aufbrechen verkrusteter Anschauungen.“ Ausgehend von diesem Statement des Moderators und Vizepräsidenten des Südtiroler Künstlerbundes (SKB) Ferruccio Delle Cave begann eine angeregte Diskussion zum Thema „Kultur und Tourismus heute: Möglichkeiten und Grenzen“ im „Weineggele“ in Schlanders. Mit am Tisch saßen Inga Hosp, freie Publizistin, Lisa Trockner, Geschäftsführerin des SKB, Kurt Sagmeister, Direktor der Vinschgau Marketing und Johannes Graf Trapp, Besitzer der Churburg und Präsident des Kulturforums Vinschgau. „Unsere Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Künstlerbund ist auf sehr hohem Niveau“, sagte die Veranstalterin Karin Meister von Schlanders Marketing zur Eröffnung.
„Dem Gast gefällt es dort,
wo auch die Einheimischen hingehen.“
„Kultur muss man nicht inszenieren“, forderte Inga Hosp, „die Touristen sollten sich als teilnehmende Beobachter in unserem Land aufhalten und es bereisen“. Überhaupt war den Diskussionsteilnehmern der Begriff „Reisende“ am liebsten. „Dem Gast gefällt es dort, wo auch die Einheimischen hingehen“, so Inga Hosp. Lisa Trockner, die auch für die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zeitgenössischer Künstler zuständig ist, sieht in der Interaktion zwischen Gegenwartskunst und Tourismus noch viel Potential. Sie nannte einige gelungene Modelle wie die Manifesta mit dem Hotelzimmer in der Galerie Prisma, die Hotel-Session, bei der die lokale Kunst ins Hotel kommt, die Zusammenarbeit mit den Südtiroler Gasthäusern usw. „Vinschgau Marketing erlaubt sich in Claims von der Kulturregion Südtirols zu sprechen“, sagte Direktor Kurt Sagmeister, „und sehr viele Touristiker werben mit dem Alleinstellungsmerkmal der kulturellen Vielfalt im Vinschgau. Unsere Kulturregion ist über Jahrhunderte gewachsen, uns kann so schnell niemand kopieren“, so Sagmeister, „aber der Gast möchte die Geschichten hinter den kulturellen Besonderheiten hören, das sogenannte Storytelling.“ Wie man eine Burg führt, musste Johannes Graf Trapp vor 30 Jahren erst lernen, und es habe sich gelohnt, wenngleich die Besucherzahlen in den letzten Jahren rückläufig sind. „Obwohl sich der Bildungsgrad der Menschen erhöht hat“, wundert sich der Graf. Aber die Churburg gelte es zu erobern, und das sei vielen Bustouristen zu mühsam. In der Diskussion mit dem Publikum, das leider etwas spärlich war, kam der „übertriebene Konsum der Landschaft“ ebenso zur Sprache, wie die Gästekarte, die nicht unbedingt kostenlos sein müsse, die Folklore, die zum Folklorismus werde und die Neugierde, die die Reisenden antreiben soll, die kulturellen Schätze unseres Landes zu besuchen und zu genießen. Inge
Ingeborg Rainalter Rechenmacher