Etwas dezimiert nach dem frugalen Mittagessen stellten sich Beamte, Förster, Eigenverwalter und Interessenvertreter zum Erinnerungsbild an der Gangl-Hütte. Vorne von links: Georg Pircher (stehend), Stefan Peer, Florian Punt, Armin Plagg, Mario Broll (sitzend).

Ohne Wald kein Schutz im Gebirge

Publiziert in 33 / 2016 - Erschienen am 21. September 2016
Der Zustand der Schutzwälder ist bedenklich. Die Eigenverwaltungen der Gemeinde Mals versuchen aufzurütteln. Burgeis - Es war der 4. Schutz­waldtag und bereits der 2. im Burgeiserberg. Wieder ging es um Schutzwaldsanierung durch Aufforstung, Trennung von Wald und Weide und Waldverjüngung. Neu dazu genommen wurde die Beweisführung, dass die Natur ganz anders kann, wie Chronikaufzeichnungen über Natur­ereignisse in Burgeis belegen. Forstinspektor Mario Broll, sein Stellvertreter Georg Pircher, der Malser Forststationsleiter Stefan Peer und weitere 5 Förster er­füllten­ die Rolle der Experten. Hauptinitiator der Begehung Armin Plagg, Vorsteher der Eigenverwaltung Bürgerlicher Nutzungsrechte Mals, war in Begleitung dreier Fraktionsräte gekommen. Als Gast gebender Vorsteher hatte Florian Punt neben 3 Räten auch Werner Baldauf als Vertreter der Bauern dabei. Mit Vorsteher Luis Pobitzer war aus Schleis auch Fraktionsrat Alfred Pobitzer anwesend. Planeil wurde von Serafin Punter vertreten. Aus der Nachbarfraktion Ulten-Alsack waren Markus Moriggl und Herbert Theiner dabei. Mit Josef Seidl kam der Leiter des Jagdreviers Matsch in den Burgeiser Wald. Die Gemeinde Schluderns vertrat Vizebürgermeister Andreas Hauser. Überstrapazierter Wald Die Exkursion begann an der „Schafhütt“. Inspektor Broll zeigte sich erfreut über die Initia­tiven der Fraktionsverwaltungen. Schließlich seien 76% der Waldfläche im Vinschgau reine Schutzwälder. „Sie schützen gegen Muren, Lawinen und Steinschlag, von der Bedeutung für Wasserhaushalt und Klima gar nicht zu reden.“ Der Wald werde beschlagnahmt und überstrapaziert durch Wanderer, Jogger, Biker, Jäger, Viehbauern und Holzschläger. Die Eigentümer seien gefragt, einen Ausgleich zwischen Tourismus, Almwirtschaft, Holznutzung und Schutzwirkung herzustellen, meinte Broll. „Und weil alle nebeneinander Platz haben müssen“, ergänzte Vorsteher Plagg, „müssen wir miteinander reden. Jeder Tag, den wir verstreichen lassen, ist ein verlorener. Wenn wir nicht imstande sind, unsere Nachkommen zu überzeugen, dass wir ohne Wald im Gebirge nicht leben können, sieht die Zukunft düster aus.“ Den Schutzwald vor Augen, Lawinenrechen und -brücken vor sich und Burgeis im Blick zitierte Förster Andreas Platter aus den Aufzeichnungen der Chronisten. Über mehrere Lawinenstriche, die alle aufs Dorf zielen, sei besonders im 19. Jahrhundert Burgeis mehrmals heimgesucht worden. Erst nach dem 1. Weltkrieg sei man daran gegangen, auf „Schafhüttruan“ Schutzmauern zu errichten. Erfolgreiche Kleinflächigkeit Beim Abstieg im steilen „verborstenen Gelände“ wurde den Teilnehmern auch die Grenze einer natürlichen Aufforstung aufgezeigt. Die enge Grasnarbe lässt keine Samen mehr ins Erdreich kommen. Dass man in der Aufforstung auch nach Jahren lernen könne, erzählte Förster Karl Anton Pegoraro, der den Sinn der sogenannten „Kotter“, etwa 30m x 50m oder 50m x 50m große, umzäunte Flächen, erklärte. Sie gehören zum Lärchenschutzprogramm des Forstamtes Vinschgau und scheinen im Waldwirtschaftsplan der Fraktion Burgeis auf. „Die Vorteile liegen darin“, erklärte Pegoraro, „dass dem Wild Korridore bleiben, dass die Instandhaltung kleiner Einheiten weniger aufwändig ist, dass man günstige Standorte bepflanzen und dadurch ‚Rotten’, Baum-Gruppen, bilden kann, deren zentrale Bäumchen gegen Schnee und Wind, aber auch gegen eventuelle Wildschäden geschützt werden.“ An die 7.000 Euro seien in diesem Jahr von der Fraktion Burgeis zur Verfügung gestellt worden. Bevorzugt gepflanzt wurden wintergrüne Bäume wie Zirben und Fichten. Sie würden die Schneedecke unregelmäßig halten und daher stabilisieren. „Wir hoffen, dass der Wald nachkommt, bevor der Altbestand seine Schutzfunktion verliert“, merkte Andreas Platter an. Stefan Peer gab zu bedenken, dass es kaum 20 Jahre her sei, seit der Druck der Landwirtschaft abgenommen habe und auch in den Reihen der Viehhalter Verständnis für eine Trennung von Wald und Weide aufgekommen sei. Unterschiedliche Meinungen Beim Abstieg Richtung ­„Tabaratta-Boden“ wurde in Kleingruppen rege diskutiert. Es wurden die Schwierigkeiten bei der Schadholzverwertung für Hackschnitzel ebenso angesprochen wie Wilddruck und Wildverbiss. Dabei traten unterschiedliche Auffassungen zwischen Verwalter und Jäger zu Tage. Die augenscheinliche Überzahl an jungen, zum Teil verkrüppelten Lärchen wurde der natürlichen Entwicklung und nicht dem Wildverbiss zugesprochen. Auch die Feststellung von Georg Pircher, dass dies auf eine Störung des Baumbestandes hinweise, fruchtete nicht. Als beispielhaft wurde die Waldäsungsfläche „Tabaratta“ dargestellt. Nach den Schafen wurde die Lichtung von Galtvieh beweidet. Seit 2001 sei der Tabaretta-Boden von der Weide ausgeklammert worden. Durch das Mähen des Jagdreviers Mals konnte die Verborstung vermieden werden. Den letzten Fachvortrag an der letzten Begehungsstation hielt Förster David Fleischmann über das Verjüngungsverfahren „Saumschlag“ in der Flur „Kondlplais“. In Abständen von einigen Jahren werden am Rand, Saum, des Waldes baumbreite Streifen kahlgeschlagen, um das Heranwachsen von Mischbeständen zu ermöglichen. In den illustrierten Begehungsunterlagen - auch das eine willkommene Neuerung für Berichterstatter - wurde der Standort mit Verjüngung nur der Lichtbaumart Lärche als ­typisches Phänomen von Wildverbiss beschrieben. Vor allem in den Wintermonaten werde die immergrüne Fichte ein Opfer des Wildes. Günther Schöpf
Günther Schöpf
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Vinschger Sonderausgabe

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