Premiere für Gina und Leyla
Eselinnen helfen im Weinberg auf Marienberg mit. Anbau bewährt sich. Neue Erkenntnisse gewonnen.
Marienberg - Anschreien, locken, schieben oder gar schlagen. Mit diesen Mitteln bringt man keinen Esel auf Trab. „Nur wenn ein Esel versteht, was er tun soll, tut er es.“ Davon sind Hilde Van den dries und ihr Vater Frans überzeugt. Erstmals wurden bei der heurigen Weinlese an den Südhängen des Klosters Marienberg Esel eingesetzt. Genauer gesagt Eselinnen, denn nur Gina und Leyla hatten am 18. Oktober Lust, mit Hilde, ihrem Mann Nico, mit Frans sowie ihren Helferinnen und Helfern zur Ernte auszurücken. Der Esel Cornelius zog es vor, am Weinhof Calvenschlössl in Laatsch zu bleiben. Der Vergleich mag zwar etwas hinken, aber der Umgang mit den Eseln spiegelt irgendwie auch die Arbeitsweise wider, mit der Hilde Van den dries auf rund 2,3 Hektar, vom Kloster gepachteten Grundflächen Wein anbaut: Sie arbeitet nicht gegen die Natur, sondern mit ihr. Als sie 2013 ca. 6.200 Rebstöcke pflanzte, um an den Südhängen des Klosters den höchstgelegenen Weinberg auf dem europäischen Festland anzulegen, haben noch viele geschmunzelt. Dass es durchaus möglich ist, auf einer Meereshöhe von rund 1.350 Metern erfolgreich Wein anzubauen, zeigte sich bei der ersten Weinlese im Vorjahr. Schon damals freute sich Hilde dem der Vinschger gegenüber, „dass das Experiment gelungen ist.“ Auch mit der heurigen Ernte gab sich die leidenschaftliche Winzerin zufrieden. Dass es eine Gratwanderung sein würde, auf dieser Höhe Wein anzubauen, sei von vorneherein klar gewesen: „Auch jetzt noch lernen wir Jahr für Jahr Neues dazu. Wir sehen, was möglich ist und was nicht.“ Während die Ernte 2016 zum Großteil noch in Fässern im Calvenschlössl heranreift, ist nun auch die heurige Weinlese abgeschlossen. Der Weißwein Solaris wurde heuer am 7. Oktober geerntet. Die Rotweine Cabernet Cortis und Prior sowie auch der Weißwein Muscaris, der 2016 übrigens nicht ausgereift ist, kamen am 18. Oktober an die Reihe. Eine wesentliche Rolle spielt beim Weinanbau in dieser Höhe natürlich das Wetter. Hilde Van den dries: „Der trockene und heiße Sommer und vor allem auch der heurige außergewöhnlich warme Herbst haben sich positiv ausgewirkt.“ Das Wachstum und die Reifezeit von Trauben, die auf 1.350 Höhenmetern gedeihen, sind im Vergleich zu Weinbergen in tieferen Lagen ohnehin schon erheblich länger. Zu den besonderen Merkmalen zählt auch die intensive Sonneneinstrahlung. Zu den Beeren selbst hält Frans Van den dries fest: „Sie sind etwas kleiner, die Haut ist härter und sie haben weniger Saft, aber die Qualität und das intensive Aroma sind einzigartig.“ Weil sich die Familie Van den dries strikt an eine biologisch-dynamische Anbauweise hält, ist Chemie ein absolutes Fremdwort. Auch bei der Bekämpfung von Schädlingen wird auf natürliche Mittel zurückgegriffen. Die Kirschessigfliege zum Beispiel wird mit einem Lösungsmittel bekämpft, die sich zu 50% aus Wasser zusammensetzt, aus Apfelessig und aus ein bisschen Rotwein minderer Qualität. Dieses Gemisch wird in Plastikfläschchen ausgehängt. Die Kirschessigfliege wird vom Duft angezogen, kriecht durch kleine Bohrlöcher in die Flasche und kommt nicht mehr heraus. Auch Wespen werden auf diese Weise unschädlich gemacht. Bienen aber nicht, denn für sie ist das Gemisch kein Lockmittel. Zusätzlich zu den Wespen hat sich heuer noch ein weiterer „Schädling“ in den Weinberg „verirrt.“ Es war ein Dachs, der unter dem Wildzaun mehrere Löcher grub, um in den Weinberg zu gelangen. Er zerriss zudem die Vogelschutznetze, die ersetzt werden mussten. Um den ungebetenen „Erntehelfer“ fernzuhalten, sah sich Hilde gezwungen, die Weinbauflächen mit einem Elektrozaun abzusichern. Zusätzlich zu den Reben gedeihen am schattigen Osthang unterhalb des Klosters auch verschiedenste Wildbeeren. Bewässert wird der Weinberg über eine Tropfberegnung. Abt Markus Spanier hatte am 18. Oktober bereits zeitig in der Früh im Weinberg vorbeigeschaut, um der Pächterfamilie, die aus Flandern in Belgien stammt, und dem gesamten Ernte-Team alles Gute zu wünschen. Dem Abt ist eine naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung der klostereigenen Grundflächen ein besonderes Anliegen.