Paul Christanell (rechts) im Schlachthof in Meknès, der zum marokkanischen Königshaus gehört.

„Schächten ist Tierquälerei“

Eine Stellungnahe von Paul Christanell

Publiziert in 34 / 2017 - Erschienen am 10. Oktober 2017

Vinschgau - Der langjährige Metzgermeister Paul Christanell aus Naturns hat sich vor wenigen Monaten in Meknès in Marokko aufgehalten. Genauer gesagt im großen Schlachthof, der zum Königshaus gehört und wo man sich vermehrt auf das Herstellen von Würsten ­spezialisieren will. Christanell war als Fachmann und Wurstwaren- Experte nach Marokko eingeladen worden. Auch das Schächten von Rindern und Schafen hat er dort hautnah miterlebt und dem der Vinschger folgende ­Stellungnahme zu diesem Thema zukommen lassen:

„Das Schächten ist ein jüdischer Ritus, der vorwiegend im Judentum und im Islam praktiziert wird. Beim Schächten wird die Schlachtung der Tiere durch Blutentzug (Halsschnitt) durchgeführt, und zwar ohne Betäubung. Das empfinde ich als Tierquälerei. Das Töten der Tiere ist ein notwendiges Übel, das schnell und schmerzlos ausgeführt werden soll. Dass das beim Schächten nicht der Fall ist, konnte ich bei meinen intensiven Beobachtungen in verschiedenen Schlachthöfen, auch außerhalb Europas, feststellen. Wird hingegen vor dem Blutentzug das Großhirn verletzt, zum Beispiel durch ein Bolzenschussgerät, so ist das Tier ohne Bewusstsein und der Blutentzug kann vollzogen werden, ohne dass das Tier leidet! Das Großhirn ist der Sitz des Bewusstseins, das Kleinhirn ist für das Gleichgewicht zuständig und das verlängerte Rückenmark für Empfindungs- und Bewegungsnerven. Tiere haben einen Instinkt, und zwar einen hochsensiblen. Ebenso haben sie Gefühle und Empfindungen. Es stimmt, dass in Schlachthöfen trotz bestimmter Verordnungen vieles nicht tiergerecht abläuft. Viele Schlachttiere erleiden enormen Stress und unnütze Qualen, oft schon während des Transportes bis hin zur Schlachtbank. Auch die Massentierhaltung ist alles andere als tierfreundlich: Stress, Wachstums-Hormone, Antibiotika usw. In der Praxis wird oft von den Verordnungen in Bezug auf das Tötungsverfahren abgewichen. Ich selber habe in den jungen Metzgerjahren - ohne viel nachzudenken - versucht, die Schlachtarbeit womöglich schnell zu erledigen und habe dabei so manche Regeln außer Acht gelassen, was mich heute noch beschäftigt und was ich auch bereue. Ich bin kein Befürworter des Schächtens und kann den gegenteiligen Meinungen und Argumenten von Theoretikern und Wissenschaftlern nichts abgewinnen, denn ich habe als interna­tionaler EU-Fleischexperte zu viel miterlebt und auch bildlich dokumentiert. Daher kann ich das Schächten nicht als tierfreundlich akzeptieren. Ich habe das Töten und Schächten verschiedener Tiere in anderen Ländern genau beobachtet und das hundertfach aus nächster Nähe und es ist mir dabei alles andere als gut gegangen. Ich fühlte ihren Schmerz und Todeskampf, der bei vollem Bewusstsein auch mehr als 2 Minuten dauerte! Das Schächten wird nie verhindert werden können, da es bestimmte Religionen für gut empfinden. Aber hier in Europa kann dieser Schlachtmethode Einhalt geboten werden, siehe Schweiz, Österreich, Deutschland, Niederlande, Norwegen, Polen, Italien usw. In Belgien, Irland, Spanien und Frankreich ist das Schächten hingegen noch erlaubt. Aber wenn man es verbieten will, wäre es auch möglich! Und Millionen von Tieren weltweit würde viel Leid erspart. Das Schlachten von Tieren ist mit großer Angst und erheblichen Leiden und Schmerzen verbunden. Das Leiden beginnt bereits beim sogenannten Fixieren der Tiere. Vor allem Rinder können oft nur unter erheblicher Gewaltanwendung in die erforderliche Lage gebracht werden. Das führt zu Stress und Angstzuständen. Auch wenn in der Regel bei den Juden nur ein ausgebildeter ‚Schächter‘ den Blutentzug ohne Betäubung durch den sogenannten Halsschnitt vollzieht, so ist das bei den Muslimen nicht der Fall. Hier kann es jeder tun, der den Mut dazu hat. Nicht selten wird noch dazu mit unscharfen Messern ans Werk gegangen. Meinungen gibt es viele. Fakt ist, dass die Tiere beim Schächten, also beim Kehlschnitt ohne Betäubung, einen qualvollen Todeskampf durchleiden!“

Redaktion
Vinschger Sonderausgabe

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