Unsicherheiten und Sorgen an der Grenze
Publiziert in 1 / 2016 - Erschienen am 14. Januar 2016
Die Grenzpendler sind in Sorge. Denn, Unsicherheiten gibt es nach wie vor zuhauf. Dies zeigte sich bei der 44. Tagung.
SCHLUDERNS - Rund 600 Grenzpendler gibt es offiziell im Vinschgau. Ein großer Teil davon hat sich am vergangenen Wochenende im rappelvollen Schludernser Kulturhaus getroffen. Vorweg: Die Erwartungen der meisten wurden nicht erfüllt.
„Jedes Jahr die gleiche Leier“ oder: „Eigentlich ist man verunsicherter als zuvor“. Dies waren nur einige Feststellungen, welche so manch Grenzpendler am Ende der Veranstaltung traf.
„Wir machen diese Informationsveranstaltung seit mehr als 40 Jahren so gut wie möglich. Wir versuchen unsere Infos weiterzugeben. Dass dabei nicht alle Fragen gelöst werden können, ist halt leider so“, betonte Erich Achmüller, der Vorsitzende der Südtiroler in der Welt, welche die Veranstaltung gemeinsam mit dem KVW Bezirk Vinschgau seit jeher über die Bühne bringen. Dass die Veranstalter am Informationsdefizit und an den Unklarheiten kaum Schuld treffe, darin waren sich dann doch auch erboste Besucher einig. Einen bösen Bub machte man vor allem mit dem Staat Italien aus. „Wie soll man steuerrechtlich auch schon in Ordnung sein, wenn Gesetze rückwirkend erlassen werden und sich immer alles ändert“, fragte ein Grenzpendler. Als eine Kuh, die zu oft gemolken werde, fühle sich so mancher Grenzpendler, der in der Schweiz seinen Lebensunterhalt verdient.
Steuer und Krankenversicherung im Fokus
Steuerrechtliche Fragen und Krankenversicherung standen nämlich im Fokus der 44. Grenzpendlertagung. Die Schweiz habe mit Italien Sonderabkommen, was die Grenzpendler betrifft. Der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger versprach den Pendlern, sich auch weiterhin in Rom für ihre Anliegen einzusetzen. Beruhigen konnte aber auch er die Pendler nicht. „Es ist kompliziert. Es war bereits schwer, dem Staat zu erklären, dass es sich bei Grenzpendlern nicht um Steuerflüchtlinge handelt“, so Plangger. Gemäß Steuerabkommen, sollen 70 Prozent der Quellensteuer in der Schweiz bezahlt werden. Der Rest müsse in Italien über die Steuererklärung an den Fiskus abgegeben werden. „In Sachen Steuern könnte sich aber noch einiges tun. Der italienische Staat braucht Geld und will sich immer mehr holen“, so Roland Pircher vom KVW-Patronat Schlanders. Es sei ein „extremes Jahr“ gewesen, zahlreiche Pendler kamen zum KVW, um sich zu informieren. „Es ist Achtsamkeit gefordert, oft gilt es, selbst aktiv zu werden“, betonte Pircher und forderte gleichzeitig die öffentliche Hand dazu auf, die Patronate zu unterstützen, um auch weiterhin im Dienst der Bürger arbeiten zu können.
Auch in Sachen Krankenversicherung kamen mit Neuerungen noch mehr Unsicherheiten. Anna Mittermair, die stellvertretende Abteilungsdirektorin im Gesundheitsbezirk Meran, erklärte, dass man künftig einen Beitrag entrichten könne, um die Krankenversicherungs-Leistungen des Südtiroler Sanitätswesens in Anspruch zu nehmen. Dieser sei je nach Einkommen in der Schweiz gestaffelt und betrage 300 bis rund 2800 Euro (bei einem Einkommen von 51.000 Euro) jährlich und sei im Jänner zu entrichten. Doch auch hier sei noch die ein oder andere Frage offen. „Denn so einfach das System in der Schweiz ist, so kompliziert ist es bei euch in Italien“, empfand auch Enrico Zangerle von der Schweizer Krankenversicherung ÖKK. Sich informieren sei das Um und Auf. In der Schweiz gebe es rund 70 private Krankenversicherungen. Jeder, der in der Schweiz arbeite sei zwar automatisch unfallversichert, es gelte jedoch noch, die Risikokrankheiten abzudecken.
Positives zu berichten hatte Bezirkspräsident Andreas Tappeiner. Mals, Graun und Taufers im Münstertal seien die Gemeinden mit den meisten Grenzpendlern. „Die Pendler bringen eine große Wertschöpfung für den Vinschgau und sind sehr wichtig für die heimische Wirtschaft“, so Tappeiner. Durch den Steuerausgleich flossen rund 340.000 Euro an die Gemeinden im Obervinschgau. Diese Gelder werden in Infrastrukturen wie Straßen, die schlussendlich auch den Pendlern zu gute kommen, investiert, so Tappeiner. Die Pendler tragen Geld ins Tal und seien seit jeher für den Obervinschgau von enormer Bedeutung. Dafür dankte er den Pendlern. Am meisten würden die sich jedoch über mehr Klarheiten freuen. Klarheiten an der Grenze, was steuerrechtliche und andere Fragen betrifft.
Michael Andres
Michael Andres