Im Schuljahr 1962/63 war Josef Pircher (links) Lehrer in Plaus; Archiv JP

Viel mehr als nur eine Familiengeschichte

Publiziert in 44 / 2013 - Erschienen am 11. Dezember 2013
Josef Pircher bringt ein außergewöhnliches Buch heraus. Erinnerungen im Spiegel von Dorf-, Landes- und Kulturgeschichte. Plaus/Naturns - Am 6. November 1941 brach beim „Reasler“ in Plaus ein Großbrand aus. Das ganze Dorf war in Gefahr. Diese Feuersbrunst gehört zu den ersten Erinnerungen von Josef Pircher. Er war dreieinhalb Jahre vorher am Gröbner-Hof in Plaus geboren. Ein weitere frühe Erinnerung ist ein Flugzeugabsturz in Plaus, der sich am 8. April 1945 - es war Weißer Sonntag - ereignete. Ein amerikanisches, von einer deutschen Flugabwehrkanone angeschossenes Kampfflugzeug stürzte im Melstal ab. 7 der 11 Besatzungsmitglieder gelang es, abzuspringen, 4 starben. Das sind nur 2 Episoden aus dem 1. von 11 Kapiteln des Buches „I konn mir jo nit die Seal verbrennen“, das Josef Pircher nach zweieinhalbjährigen Recherchen, Gesprächen und peniblen Nachforschungen herausgebracht hat. Pircher, dessen Eltern beide aus dem hinteren Ultental stammten, war von 1959 bis 1984 Volksschullehrer. Er leistet seit seiner Jugend bis heute Kulturarbeit, vor allem im Musikleben der Gemeinde Naturns. Auch auf dem Gebiet der Heimatpflege ist er als Obmann des Heimatpflegevereins Naturns-Plaus stark engagiert. Pircher tut sich selbst nicht leicht, sein knapp 400 Seiten umfassendes und mit rund 130 historischen Fotos bestücktes Werk einer bestimmten Gattung zuzuordnen: „Es ist ein Mix aus Erinnerungen, Memoiren autobiographischen Erzählungen“, so der Autor. Der Großteil der Beiträge ist aber der Familiengeschichte gewidmet, die Josef Pircher im Spiegel von Dorf-, Landes- und Kulturgeschichte erzählt und reflektiert. „Ich will erzählen, wie ich die Welt erlebt habe“ „Ich will für die Nachkommen erzählen, wie ich die Welt erlebt habe“, fasst der Autor dem der Vinschger gegenüber den Sinn und Zweck des in mehrerlei Hinsicht einzigartigen Buches zusammen. Einzigartig nicht nur wegen der genauestens recherchierten Inhalte, sondern auch wegen der Form, mit der diese dem Leser gereicht werden. Alle Kapitel sind nämlich in der Form von Zwiegesprächen geschrieben. Der Fragende dabei ist HBP (Pirchers Sohn Hannes Benedetto Pircher) und JP (der Autor). Hannes Benedetto war für das Lektorat und den Aufbau zuständig, sein Bruder Georg entwarf den Buchumschlag. Die Inhalte umfassen Kindheitserinnerungen, Ahnenforschung zu den Familien Kuppelwieser und Pircher, Lebensgeschichten von Mitgliedern dieser Familien und nicht selten auch Einflüsse, die das Geschehen in der Heimat sowie einschneidende Ereignisse auf der politischen Weltbühne des 19. und 20. Jahrhunderts auf diese Menschen hatten. Die Palette reicht von der Habsburgermonarchie, dem Faschismus in Südtirol und dem „Abessinienkrieg“ bis zur Option und zum „Dritten Reich“. Der „Kupelwieser-Walzer“ Der aus Ulten stammende ­Leopold Kuppelwieser (1796 bis 1862), ein Vorfahre mütterlicherseits von Josef Pircher, war Maler, Professor für Historienmalerei an der Wiener Akademie der bildenden Künste und außerdem ein persönlicher Freund von Franz Schubert. Dieser hat anlässlich der Hochzeit von Leopold Kuppelwieser einen Walzer komponiert, der als „Kupelwieser-Walzer“ in die Musikgeschichte eingegangen ist. Josef Pircher war mehr als überrascht, als Elmar Schwienbacher und Dominik Avogaro (beide Violine) und Lisa Marie Gorfer (Gitarre) die Buchvorstellung am 1. Adventsonntag im bis auf den letzten Stehplatz besetzten Schulhaus von Plaus mit genau diesem Walzer musikalisch umrahmten. Zur Vorstellung des Buches - das übrigens in der Buchhandlung Hanny in Naturns zu haben ist - sind rund 170 Personen aus dem Ultental, dem gesamten Vinschgau sowie auch aus der Schweiz, aus München und anderen Orten nach Plaus gekommen. Zu den Ehrengästen gehörten unter anderen Joef Pirchers „Schwiegersohn“ Luis Durnwalder, der Naturnser BM Andreas Heidegger sowie der Plauser Vize-BM Christoph Gögele. N.B.: Auch hinter dem Titel des Buches „I konn mir jo nit die Seal verbrennen“ verbirgt sich ein Familienereignis. Diesen Satz sagte einst Josef Pirchers Basl Rosa dem strengen Pfarrer von Tschars und befreite sich damit von großer Seelenlast. Sie war zum Pfarrer gegangen, um ihn zu bitten, ihren Sohn Sepp, der heiraten wollte, nicht mit der von ihm geliebten Frau zu trauen. Der Grund: Der Vater ihres unehelichen Sohnes Sepp war auch der Vater von Sepps auserwählter Braut. sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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