Im Bild (v.l.): LVH-Bezirks­obmann Andreas Nagl, BM Georg Altstätter, der zweifach geehrte Michael Schwienbacher und LVH-Präsident Gert Lanz.

Viel zu viele Zettel und viel zu hohe Steuern

Publiziert in 1 / 2013 - Erschienen am 16. Januar 2013
Marteller Handwerk als Spiegelbild der derzeitig schwierigen Lage. Michael Schwienbacher tritt nach 40 Jahren ab. Martell – Die LVH-Ortsgruppe Martell ist zwar nicht groß, doch die Probleme, mit denen die ­Marteller Handwerker zu kämpfen haben, spiegeln genau jene Situation wider, mit der sich das Handwerk im ganzen Tal bzw. im ganzen Land konfrontiert sieht: zu viel Bürokratie und zu hohe Steuern, Gesetze, die sich laufend ändern, zu viel Geld, das nach Rom abgeführt werden muss, sowie Bestimmungen, die es den Gemeinden erschweren oder gar unmöglich machen, Aufträge an örtliche Betriebe zu vergeben. Erschwerend für die Marteller Handwerker kommt hinzu, dass ihre Gemeinde abwanderungsgefährdet ist. Auf den Punkt gebracht werden die Anliegen des Südtiroler Handwerks in einem Film, der beim Tag des Handwerks gezeigt wurde und den der LVH-Bezirksobmann Andreas Nagl bei der LVH-Ortsversammlung im Café Hölderle ausschnittsweise zeigte. In der Schweiz ein einziger Zettel, in Italien zwei Ordner Wie Mike Marseiler von der Zimmerei Marseiler in Schluderns im Film ausführt, reicht in der Schweiz bezüglich der Bürokratie beim Thema Arbeitssicherheit ein einziger Zettel aus, während es in Italien allein dafür zwei Ordner brauche. Die Betriebe in ­Italien werden teilweise wie Sklaven des Staates behandelt. Es sei zum Beispiel irrsinnig, dass Steuervorauszahlungen geleistet werden müssen, ohne vorab überhaupt Einkünfte zu erzielen. Die Steuerlast sei enorm. Gäbe es einen halbwegs vernünftigen Steuersatz, würde dieser von allen bezahlt werden. Sollte sich die Lage nicht ändern, „wird eine große Krise kommen.“ Laut Andreas Nagl verursache die Bürokratie vor allem für die Klein- und Kleinstbetriebe eine Riesenarbeit: „Es braucht dafür 460 Stunden pro Jahr.“ Die Besteuerung auf Arbeit sei in Italien mit 42,6% die europaweit höchste. Ein weiterer Hemmschuh seien die immer strenger werdenden Arbeitsvergabevorschriften. Trotz aller Schwierigkeiten gab sich Nagl nicht pessimistisch: „Das Handwerk ist auch hier in Martell noch immer eine wichtige Säule des wirtschaftlichen Lebens und der Nahversorgung.“ Neue Chancen ortet er zum Beispiel in der Altbausanierung. Es gelte, die Handwerker dafür fit zu machen. Auch auf Vorteile der dualen Lehrlingsausbildung verwies der Bezirksobmann. So halte sich die Jugendarbeitslosigkeit bei uns nicht zuletzt aufgrund dieses Ausbildungssystems in Grenzen. Wo können wir zusammen wachsen? Diese Frage sollten sich die Handwerker laut LVH-Präsident Gert Lanz in Zukunft öfter stellen. Auch deshalb, „weil es uns nicht gelingt, zusammen in eine Richtung zu denken, zum Beispiel so, wie es die Landwirtschaft schon seit langem tut.“ Auch Lanz klagte über den unerträglich hohen Steuerdruck, über die Fixkosten, die unabhängig vom Einkommen wachsen und wachsen, über Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung, über sinnlose und unverständliche Gesetze, wie sie zum Teil auch in Bozen beschlossen werden. In punkto Vergabe öffentlicher Arbeiten sei es mittlerweile so, dass die Normen für Kleinbetriebe völlig realitätsfern seien. „Es ist typisch italienisch, dass kein Gesetz für immer Bestand hat,“ meinte auch Bezirksbüroleiter Peter Hofer, der durch den „Gesetzesdschungel“ führte und über neue Rechts- und Steuerrechtsbestimmungen informierte. „Den Gemeinden ergeht es wie den Betrieben“ Dass auch die Gemeinden unter übermäßiger Bürokratie zu leiden haben, betonte Bürgermeister Georg Altststätter, der mit dem Gemeindereferenten Alois Fleischmann zur Versammlung gekommen war. Viel Bürokratie werde von oben aufoktroyiert, „ich denke zum Beispiel an die große Arbeit in Sachen IMU.“ Ungute Ausuferungen gebe es auch bei den Ausschreibungen. Dabei seien öffentliche Aufträge für den Erhalt und Verbleib der Kleinbetriebe im Tal sehr wichtig. Gesetze sollten Bestand haben. Für Bestimmungen des Staates gelte dies ebenso wie für Normen des Landes. Ein „Institution“ im Tal Als eine „Institution“ in Martell würdigte der Bürgermeister das langjährige und fleißige Wirken von Michael Schwienbacher. Der Kunstschmied, der 1973 als erster Betrieb in der Handwerkerzone Fuß fasste, war 40 Jahre lang Ortsobmann der Marteller Handwerker. Das ist landesweit einmalig. Michael Schwienbacher, der auf Höhen und Tiefen des Handwerks in Martell zurückblickte, wurde zweimal geehrt: einmal für 40 Jahre Obmannschaft und einmal für 40-jährige Betriebstätigkeit. Mittlerweile sind auch die Söhne Roland ­(Juniorchef) und Manfred miteingebunden. Einhellig würdigten Gert Lanz, Andreas Nagl und der Bürgermeister den Einsatz von Michael Schwienbacher. Für 20-jährige Betriebstätigkeit wurden Annelies Fleischmann und Josef Kuenz (in Abwesenheit) geehrt. Für 10-jährige Tätigkeit im Ausschuss bekam Herta Hertscheg eine Urkunde. Hildegard Spechtenhauser - sie wurde für ihre langjährige Tätigkeit im Bezirkausschuss der LVH-Frauen ausgezeichnet - wurde zur neuen Ortsobfrau gewählt. Stellvertreterin ist weiterhin ­Herta Hertscheg. Bestätigt wurden auch die bisherigen Ausschussmitglieder Stefan Gluderer und Oliver Altstätter. Sepp Laner
Josef Laner
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Vinschger Sonderausgabe

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