Informierte den Gemeinderat über das Leitungsmanagement: Hannes Warger (rechts) vom Ingenieurbüro Patscheider & Partner, im Bild mit (von links) Bürgermeister Zeno Christanell, Gemeindesekretärin Katja Götsch und Lorenz Berger vom Gemeindenverband.

„Vom Bettenstopp wenig übrig“

76 Vorschussbetten „gegen Stillstand“ in Naturns. 

Publiziert in 13 / 2023 - Erschienen am 18. Juli 2023

NATURNS - „Vom Bettenstopp bleibt so nicht mehr viel übrig“, merkte Evi Prader (Zukunft Naturns) bei der Gemeinderatssitzung am 3. Juli an. Sie meinte damit die so genannten Vorschussbetten und die vielen Ausnahmeregelungen auf Landesebene. Bürgermeister Zeno Christanell pflichtete ihr bei. Es handle sich jedoch um ein landesweites Phänomen. „Ein abrupter Bettenstopp sollte es auch nie sein. Es ist ein Weg dahin. Durch das Vorschusskontingent ist noch Luft nach oben“, so Christanell. Konkret ging es um Punkt 11 der Tagesordnung, die Genehmigung der Verordnung für die Zuweisung von Gästebetten auf Gemeindeebene. Hierfür sind einige so genannte Vorschussbetten vorgesehen. Damit wolle das Land „einen Stillstand der Branche vermeiden“. Somit werden 7.000 Gästebetten auf Gemeinde- und 1.000 auf Landesebene als Vorschuss gewährt. Auf die Gemeinde Naturns entfallen 76 Betten. Werden Betten aufgrund der Einstellung eines Betriebes frei, so werden diese komplett dem Kontingent zur Verfügung gestellt. Weil man nicht wisse, was in den nächsten Jahren passiere, entschied sich die Landesregierung für den Bettenvorschuss, fügte aber an, dass die zugeteilten Gästebetten jedoch innerhalb von zehn Jahren mit aufgelassenen Betten ausgeglichen werden müssen. Sollten jedoch keine Betten frei werden, müsse freilich kein Bett „zurückgegeben“ werden. 

Diverse Kriterien 

Für die Vergabe der Vorschussbetten legte man sich in Naturns auf diverse Kriterien fest. Betten aus dem Vorschusskontingent bekommen Betriebe mit weniger als 40 Betten. Dann greifen die zusätzlichen Vorzugskriterien. Handelt es sich um kleine oder mittlere Betriebe, die über weniger als 50 Gästebetten verfügen, gibt es einen Vorrang. Zusatzpunkte gibt es auch, wenn es sich um einen bereits bestehenden Betrieb handelt oder wenn sich ein Betrieb zu einer ganzjährigen Öffnung verpflichtet. Um der „Fremdführung“ durch Serviceunternehmen entgegenzuwirken, werden Betriebe bevorzugt behandelt, bei denen die Eigentümer selbst Hand anlegen und mit den Gästen in Kontakt sind. Weitere Kriterien wie die „erforderlichen Ressourcen“ usw. fließen mit ein. Handelt es sich beim Antragsteller um einen bestehenden Betrieb, so können diesem maximal 25 neue Betten zugewiesen werden. Der Betrieb müsse bei der Gemeinde ansuchen, dann werden die einzelnen Kriterien bewertet. Ein Projekt müsse nicht vorhanden sein. Sollten die Vorschussbetten jedoch nicht von kleineren oder neuen Betrieben in Anspruch genommen werden, so kommen auch größere Betriebe zum Zuge Bei den Kriterien handle es sich um Überlegungen seitens des Südtiroler Gemeindenverbandes. Spricht man von Betten, dann gehe es stets um „rechtmäßige Schlafgelegenheiten für Gäste im Alter von über 14 Jahren“. Der Punkt wurde schließlich einstimmig angenommen.

„Pro kleine und mittlere Betriebe“ 

„Durch die Kontingente ist die weitere touristische Entwicklung klar geregelt. So zum Beispiel ist die Kurzzeitmiete - wie Airbnb - nur mehr bei Zuweisung der nötigen Betten möglich. Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte haben außerdem ein klares Signal pro kleine und mittlere Betriebe gegeben“, betonte Christanell. Kleine Anbieter, von denen man in den vergangenen Jahren einige verloren habe, werden so bevorzugt. Diese seien für den Ort wichtig, weil die Gäste zirkulieren und Wertschöpfung im Dorf, für Geschäfte, Restaurants, Bars usw. schaffen. „Das Ziel ist, dass vom Tourismus möglichst viele profitieren“, so der Bürgermeister. Bereits im Tourismusentwicklungskonzept von 2011, erarbeitet von Kohl & Partner, hatte sich die Gemeinde gegen einen „Boom“ ausgesprochen, erinnert Christanell. „Der Gemeinde ist es wichtig, dass kein Bettenboom zugelassen wird. Deshalb soll die maximale, im Jahr 1987 erreichte Bettenanzahl von 3.380 Gästebetten inklusive „Campingbetten“ zukünftig nicht überschritten werden“, hieß es damals. Zwischen 1987 und 2011 habe Naturns 101 Vermietungsbetriebe und 835 Gästebetten „verloren“.

Weitere Ausnahmen

Neben den Vorschussbetten gibt es in Sachen Bettenstopp auch einige weitere Ausnahmeregelungen auf Landesebene, so etwa „für neue und bestehende gastgewerbliche Betriebe in historischen Ortskernen als Anreiz zur Belebung derselben sowie für Betriebe mit Urlaub auf dem Bauernhof nach Genehmigung der entsprechenden Kriterien durch die Landesregierung, mit dem Ziel, die bäuerlichen Familienbetriebe zu erhalten“, wie die Landesregierung im Herbst 2022 mitgeteilt hat. Die tatsächliche Anzahl an Bestandsbetten werde derzeit noch erhoben. Die Anzahl sei schwierig abzuschätzen, man gehe in Naturns jedoch von etwa 3.200 Betten aus. „Bei rund 6.100 Einwohnern können wir hier noch von einem gesunden Verhältnis sprechen“, erklärte Christanell. Schlecht wäre es, wenn gleich viele oder mehr Gäste als Einheimische im Dorf sind. „Dann fühlen sich die Einheimischen nicht mehr wohl und die Stimmung gegenüber dem Tourismus wird skeptischer“, so der Bürgermeister. 

Digitales Leitungsmanagement

Bei der Ratssitzung wurde auch das EFRE-Projekt „Digitales Leitungsmanagement der Gemeinde Naturns“ von Hannes Warger vom Ingenieurbüro Patscheider & Partner vorgestellt. Die Gemeinde beabsichtigt sämtliche Wasser- und Abwasserleitungen, Anschlüsse, Schächte und Ventile im Gemeindegebiet zu erheben und diese visuell als Karten auf verschiedenen Ebenen darzustellen. Zeitgleich sollen auch das Netz der öffentlichen Beleuchtung sowie das Fernwärme- und das Glasfasernetz erfasst werden. Die neu zu erhebenden und bereits vorhandenen Daten werden dann in einer zu entwickelnden Softwarelösung digital dargestellt und ermöglichen so den Aufbau und die Verwaltung eines digitalen Leitungskatasters. Instandhaltungsarbeiten können so optimiert, Schäden und strukturelle Probleme rasch erkannt werden. „Ein sehr wertvolles Instrument“, lobte Bürgermeister Zeno Christanell. Er sei überzeugt, dass sich ein erheblicher Mehrwert für die Gemeinde und die Bevölkerung ergeben werde und man in Zukunft noch bessere Dienstleistungen erbringen könne. Finanziert wird das Ganze mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE.

Michael Andres
Michael Andres
Vinschger Sonderausgabe

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