„Wartelisten bringen Menschen zur Verzweiflung“

Publiziert in 39 / 2014 - Erschienen am 5. November 2014
Veranstaltung des Südtiroler Nierenkrankenvereins in Naturns Naturns - Es war ein langer Abend im Bürger- und Rathaussaal in Naturns. Das sensible und aktuelle Thema sowie die vielen hochqualifizierten Referenten hätten mehr Zuhörer verdient. Die Ehrengäste Martha Stocker, Richard Theiner und Andreas Heidegger sprachen Grußworte, Betroffene erzählten in be­eindruckender Weise von ihrem Leben mit der kranken Niere. Der Naturnser Dekan Rudolf Hilpold eröffnete den Reigen der vielen Referenten und unterstrich die positive Einstellung der Kirche zum Thema Transplantation. „Als Christen müssen wir uns einbringen.“ Der bekannte Transplantationschirurg Raimund Margreiter sprach über die im Laufe der Jahrzehnte sich entwickelnde Transplantationschirurgie. 1954 erfolgte in Boston erstmals der Austausch einer Niere zwischen eineiigen Zwillingen, während die erste menschliche Leber-Herz-Transplantation 1964 stattfand. Eine Vorreiterrolle in der Transplantationschirurgie spielte und spielt die Universitätsklinik Innsbruck. So wurden dort erstmals 1965 Nieren, 1977 Leber, 1983 Herz, 1985 Herz-Lunge und 2000 Doppelhände transplantiert. Hoffnung für die Zukunft sieht Margreiter in der Xenotransplantation: Tiere, besonders das Schwein, als Organspender für Menschen. Laut dem Landeskoordinator für Transplantationen Bruno Giacon wurden zwischen 1976 und 2014 insgesamt 830 Südtiroler Patienten in Innsbruck transplantiert, fast 500 leben heute mit einem transplantierten Organ. Viele Patienten warten dringend auf Spender Viele Patienten aber warten dringend auf Spender. Ende 2013 waren 72 Patienten auf der Warteliste. „Die Wartelisten bringen die Menschen zur Verzweiflung!“ Er appellierte an die Menschen, sich für eine Organspende zur Verfügung zu stellen. „Organspenden ist eine Frage der Zeit, aber unsere Patienten haben keine Zeit!“ Ausführlich wurde das Thema Hirntod von Peter Zanon von der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin Bozen behandelt. Hirntod ist die vollständige, unwiderrufliche Zerstörung des Gehirns. Diese muss einstimmig von einem Ärztekollegium festgestellt werden. Erst dann können Organe entnommen werden, sofern eine Bereitschaftserklärung für eine Organspende vorliegt. Gibt es diese nicht und erheben Angehörige keinen Einspruch, ist eine Spende auch erlaubt. Über die Vor- und Nachsorge Transplantierter referierte Claudia Bösmüller von der Abteilung Transpl.-Chirurgie Innsbruck. Betroffene berichten Wie erwähnt sprachen auch Betroffene über ihr Leben. „Ich bin seit 2005 Dialysepatient, 2008 wurde mir eine Niere transplantiert, drei Jahre ging das gut. Seit 2012 bin ich wieder Dialysepatient. Ich darf höchstens einen halben Liter Wasser am Tag trinken, da ich keine Ausscheidung habe, das ist schrecklich! Ebenso muss ich kaliumhaltige Speisen meiden. Meine Schwester wird mir eine Niere spenden.“ Eine Frau, die 22 Jahre mit einer fremden Niere gelebt hatte und jetzt wieder Dialysepatientin ist, sagte: „Aufgeben tut man die Post, nicht aber die Hoffnung!“ Die Moderation hatte Ulrich Seitz vom Landesamt für Krankenhäuser inne. Im Eingangsbereich des Vortragssaales stellten Vereine wie aido (Vereinigung freiwilliger Organ- und Gewebespender), nierene (Südtiroler Nierenkrankenverein – die Gründung einer Sektion im Vinschgau wird angestrebt) und AVIS (Südtiroler Blutspenderverein) Informationsmaterial zur Verfügung. HS
Hermann Schönthaler
Vinschger Sonderausgabe

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