Seit 26 Jahren ist Lou (dieses Foto enstand 2013) Hirte auf der Fürstenalp in Graubünden.
Das Interesse am Vortrag zum Thema „Heeey Mensch!“ war groß.
Im Bild Lorenz Blaas, genannt Lou.

Was tun, wenn Bello Probleme macht?

Lou: „Versuche den Hund zu verstehen, dann wird auch der Hund bereit sein, dich zu verstehen.“

Publiziert in 8 / 2019 - Erschienen am 5. März 2019

Naturns - Er gehorcht nicht, zieht ständig an der Leine, setzt den Radfahrern nach, will nicht alleine bleiben und bellt die ganze Nacht über. Wenn sich Hundebesitzer mit diesen oder ähnlichen Problemen konfrontiert sehen, liegt die Ursache meistens bei ihnen selbst und nicht bei den Vierbeinern. „Bei 95 Prozent der Fälle ist der Fehler beim Menschen zu suchen und bei den restlichen 5 Prozent auch“, gab sich Lorenz Blaas, kurz Lou, kürzlich bei einem Vortragsabend in Naturns überzeugt. Untermauert hat der 55-jährige „Hundeflüsterer“, der seit 26 Jahren jeden Sommer auf der Fürstenalp in Graubünden Galtvieh hütet und schon allein von daher im Umgang mit Hunden viel Erfahrung hat, seine Ansichten mit zahlreichen Fallbeispielen.

„Nicht ausgebildet, aber gebildet“

„Ich bin nicht ausgebildet, aber gebildet“, scherzte Lou im großen Saal des Bürger- und Rathauses, das fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Insgesamt habe er bisher 515 Hunde „erzogen“ bzw. versucht, deren „Erziehungsfehler“ auszuwetzen. Auch Fachkurse im Ausland hat er besucht. Den Großteil seines Könnens und Wissens hat er sich aber selbst angeeignet. Entsprechend groß war auch die Schatzkiste an Erfahrungen, aus der Lou bei seinem ca. dreistündigen Vortrag schöpfen konnte. Anhand konkreter Beispiele zeigte er auf, was im Umgang mit Hunden richtig oder falsch ist. Bereits vor der Anschaffung eines Hundes sollte man sich im Klaren sein, dass man mit der Anschaffung die Verantwortung für ein gesamtes Hundeleben übernimmt.

Verantwortung nicht unterschätzen

Ausdrücklich gewarnt hat Lou vor der Anschaffung von Hunden, die von süditalienischen Tierschutz-Organisationen angeboten werden. „Bei der Zucht geht es oft um Geld und Geschäft. In den Tierheimen wird zwar gut gearbeitet, aber sie sind überlastet“, gab sich der Referent überzeugt. Die Verantwortung der Hundeerziehung liege immer beim Erwachsenen und könne nicht von einem Kind übernommen werden. Es gebe viele Aspekte, die schon bei der Anschaffung zu beachten sind: Was geschieht mit dem Hund während der Urlaubszeit?  Ist man bereit, den Hund als volles Familienmitglied mit den täglichen Bedürfnissen zu betrachten? Ist man bereit, während der erste Zeit schlaflose Nächte zu verbringen? Ist man bereit, mit dem Hund bei jedem Wetter hinaus zu gehen? Lou: „Man muss Zeit haben und sich Zeit nehmen.“ Wird darüber geklagt, dass der Hund an der Leine zieht, „ist es in Wahrheit oft der Mensch, der zieht.“

Konsequenz und Respekt

Die wichtigsten Schlüsselworte in der Hunde-Erziehung seien Konsequenz und Respekt. Darin liege das Geheimnis „eines ausgeglichenen, zufriedenen und gehorsamen Hundes.“ Bei der Kommunikation ist es besser, klare und deutliche Worte zu verwenden und leise und ruhig zu sprechen. Gewalt und Erniedrigungen des Hundes seien zu vermeiden. Sehr wichtig sei das Loben. Wovon Lou wenig hält, ist die Futterbelohnung mit Leckerlies. Grundsätzlich gelte es, sich in den Hund und seine Lebensart hinein zu fühlen und ihn zu verstehen. Der Mensch muss z.B. wissen, dass der Hund einen ungestörten Platz braucht, wo er von nichts und niemandem gestört wird. Was den Hunden am meisten fehlt, „ist die Zeit und Geduld von uns Menschen.“ Ein Hund könne nicht alles auf einmal lernen. „Wenn ein Hund etwas verkehrt macht, soll man den Fehler bei sich selber suchen.“ 

„Den Fehler bei sich selber suchen“

Es ist der Mensch, der den Hund steuert und nicht umgekehrt. Auch von übertriebenen Aktivitäten riet Lou ab und wartete mit einem Zitat auf: „Auch ein Hund hat jeden Tag seine Aufgaben zu erfüllen. Er muss essen, spielen, wachen, kuscheln, …, vor allem aber muss er schlafen.“ Ein Mittel zum Zweck sollte der Hund nicht werden. Weder als Ersatz für einen Verlust, noch als „Vorwand“, sich zum Spazierengehen zu zwingen oder den Hund herzuzeigen. Auch Tipps für die Fütterung gab Lou dem Publikum mit auf den Weg: „Der Hund soll das Futter in einem Mal fressen. Nach 30 Minuten soll man das Futter wegnehmen.“ Fixe Zeiten seien nicht einzurichten, „denn ich bestimme die Zeit, nicht der Hund.“ Die wichtigsten „Zutaten“ für ein gesundes „Hundefutter“ seien: eine gute Portion Hausverstand, ausreichend Zeit, Konsequenz und „artgerechte, angepasste Liebe“. Worauf Lou bei der Behandlung erkrankter Hunde besonderen Wert legt, ist der Einsatz homöopathischer Mittel. Veranstaltet hatten den Abend die KFS-Zweigstelle Naturns und der Tierschutzverein Vinschgau. Anita Pichler vom Tierschutzverein dankte dem Referenten und allen Mitwirkenden. Die beim Info-Abend eingegangenen freiwilligen Spenden kamen dem Tierschutzverein Vinschgau zu Gute.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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