Welttag der psychischen Gesundheit

Publiziert in 22 / 2006 - Erschienen am 11. Oktober 2006
1992 hat die Weltgesundheitsorganisation den 10. Oktober als Internationalen Tag der psychischen Gesundheit eingeführt. Aktuelle Forschungsstudien weisen darauf hin, dass immer mehr Menschen psychische Probleme haben. Gesellschaftliche und soziale Ausgrenzung sind Folgen, welche die betroffenen Menschen vielfach erleben. Ziel des Welttages der psychischen Gesundheit ist es, die Öffentlichkeit über psychische Krankheiten aufzuklären, Möglichkeiten der Behandlung aufzuzeigen und auch Mut zu machen, aus der Isolation heraus zu treten und wieder Lebensqualität zurück zu erlangen. Selbsthilfegruppen können eine wichtige Stütze auf dem Weg aus der Krise sein; sie geben ergänzend zu professioneller Hilfe zusätzlichen Halt. Am 26. November 1997 wurde im Vinschgau in Schlanders die erste SHG für Depression und Angststörung gegründet. Sie wird nun schon seit fast 9 Jahren von Ingeborg Forcher geleitet, die nun von ihren Erfahrungen berichten möchte: „Die SHG kann den Betroffenen aus seiner sozialen Isolation herausholen. Der wahrscheinlich wichtigste Moment im Genesungsprozess ist die Erkenntnis ein Problem zu haben. Was der Kopf oft nicht imstande ist zu erkennen, zeigt jedoch nach einiger Zeit der Körper. Nach all den Untersuchungen, die ergebnislos bleiben, fällt es den Betroffenen oft sehr schwer sich einzugestehen, dass sie psychische und nicht physische (körperliche) Probleme haben. Groß ist ihre Scheu zuzugeben, dass sie an einer seelischen Erkrankung leiden. Sie haben große Angst als ‚verrückt’ angesehen zu werden. Hier könnte die SHG ansetzen. In der Gruppe findet ein Gedankenaustausch mit anderen Gleichbetroffenen statt. Dadurch fühlt sich der Betroffene nicht mehr allein. Wir sind in der SHG ein Team, in dem jeder jeden respektiert. Jeder bringt sich offen ein, alles darf gesagt werden (es herrscht das Prinzip der Schweigepflicht). In dem Moment, wo die Betroffenen die ersten kleinen Erfolge im Umgang mit ihrer Erkrankung erleben, wächst ihr Selbstvertrauen. Die beste Hilfe für einen anderen Menschen ist es, ihn zu befähigen sich selbst helfen zu können. Der Betroffene wird ermuntert, all sein Gefühle und Gedanken, die er mit der Krankheit verbindet, zu äußern. Diese werden ihm häufig nicht so klar und deutlich, wenn er sie nicht einem anderen anvertrauen kann. In der Gruppe wird er angehalten, selbstständig Lösungsmöglichkeiten zu erwägen, eventuelle Veränderungen vorzunehmen, wenn die Zeit für ihn gekommen ist. Die Gruppe vermittelt ihm ihr Vertrauen in seine Fähigkeiten. Die häufigsten Beweggründe für einen Menschen, eine SHG aufzusuchen sind: Tiefe Verzweiflung und Alleingelassensein mit dem Problem. Er findet in der Gruppe eine Art ‚Ersatzheimat auf Zeit’, Sorgen können abgeladen und das Vertrauen zu den eigenen Kräften und zu sich selbst wieder aufgebaut werden. Die SHG kann deshalb die stützende Rolle eines Wegbegleiters vor, während und nach der Inanspruchnahme von professioneller Hilfe einnehmen. Es tut gut, wenn die Betroffenen neben Ärzten und Therapeuten noch andere Vertraute und Verbündete haben, die sich aufrichtig freuen, wenn sie Fortschritte im Umgang mit ihrem Leiden erzielen. Einander die Hände zu reichen – das ist eine der Kernaufgaben von SHG. Auf viele Probleme gibt es keine schnelle Antwort: die Lösung aber beginnt schon in dem Augenblick, in dem sich jemand auf den Weg macht, um Hilfe anzunehmen; denn nur einen Menschen, der über seine Gefühle spricht, kann man verstehen, nur ihm kann geholfen werden. Als Ansprechpartnerin für den Vinschgau und als Landesvorstandsmitglied der Lichtung, dem Verein zur Förderung der psychischen Gesundheit, möchte ich noch auf SHG in Bozen, Brixen, Bruneck, Innichen, Neumarkt, Sand in Taufers, Sterzing und St. Ulrich verweisen. (Nähere Informationen und Anmeldung unter: Tel. 0474 530266.) Die Lichtung ist eine landesweite Interessensvertretung für Menschen mit psychischen Erkrankungen, ergänzend zu den Institutionen im Sanitäts- und Sozialbereich. SHG von Schlanders trifft sich jeden 2. und 4. Freitag im Monat von 19.00 bis 21.00 Uhr in der psychosozialen Beratungsstelle der Caritas. Neueinstiege sind jederzeit möglich. Anmeldung bei Ingeborg Forcher (Tel. 0473 624558). Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft, Mut und die nötige Energie nicht aufzugeben.“
Vinschger Sonderausgabe

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