Ingeborg Forcher

Wenn Angst zur Krankheit wird

Publiziert in 35 / 2014 - Erschienen am 8. Oktober 2014
Ingeborg Forcher: „Ein Angstanfall kann jeden von uns treffen“ Schlanders - Am 10. Oktober wird der Welttag der psychischen Gesundheit begangen. Ingeborg Forcher, ehemalige Betroffene und Leiterin von Selbsthilfegruppen für Depression und Angst­störungen, hat dem der Vinschger folgenden Beitrag zukommen lassen: „In unserer Gesellschaft wird Angst meist mit Schwäche verbunden. Angst als solche ist nicht krankhaft und auch nicht bedrohlich, Das kann sie erst durch falschen Umgang mit ihr werden. Es ist sehr wichtig zu erkennen und zu verstehen, welche tiefe Bedeutung unsere Ängste haben. Ein Angstanfall kann jeden von uns treffen. Scheinbar urplötzlich dringt die Angst ins Bewusstsein und wir reagieren darauf. Die möglichen Symptome, die eine Angstattacke mit sich bringen kann, sind sehr unangenehm und qualvoll bedrängend, sodass sich die Reaktion darauf rasch zur Todesangst und Panik steigern kann. Das Herz kommt aus dem Rhythmus, schlägt rasend, pocht schmerzend in der Brust. Die Reaktionen auf das Angstgefühl, wie Schweißausbrüche, Halsenge, Atemnot, Schmerzen in der Brust und Zittern, beunruhigen zusätzlich. Todesangst ergreift die Betroffenen. Wird kein krankhafter organischer Befund festgestellt, kann das bei Erstbetroffenen häufig Verwirrung, Misstrauen und sogar ein bisschen Enttäuschung auslösen. Bei einer einzigen Untersuchung bleibt es in der Regel nicht. Etwas am Herzen zu haben, das ginge ja gerade noch, ist auch im Bekanntenkreis leicht zu erklären, aber eine Angststörung? Es vergehen oft Jahre, bis sich diese Menschen klar darüber werden, was mit ihnen los ist, und sie sich durchringen können, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, z.B. eine Gesprächstherapie, die ihre Ängste lindern oder auflösen können. Die Angst vor der Angst Eine der größten Hindernisse im Umgang mit der Angst ist die Angst vor der Angst. Bedingt durch eine Erwartungshaltung (wann kommen diese furchtbaren Zustände wieder?) befinden sich die Betroffenen ständig auf einem erhöhten Anspannungslevel. Ihr Körper ist jederzeit bereit, um im „erwarteten“ Notfall zu reagieren. Die Angst vor der Angst veranlasst die Betroffenen zunächst, alles zu vermeiden, was sie wieder in die Angstzustände versetzen könnte, was dazu führt, dass sie sich nach und nach immer mehr zurückziehen. Wir können aber vor unseren Gefühlen und damit auch der Angst nicht davonlaufen. Wichtig ist, den Mut und das Selbstvertrauen zu finden, über unsere Ängste zu sprechen, sie mitzuteilen und dazu zu stehen.“ Vortragsabend am 28. Oktober Am Dienstag, 28. Oktober um 20 Uhr findet in der Aula Magna der Fachoberschule für den wirtschaftlichen Bereich in Schlanders (Plawennpark 3) ein Votragsabend zum Thema Angststörungen statt. Es referieren Verena Perwanger, die neue Primarärztin im Psychiatrischen Dienst Meran („Angsstörungen im Erwachsenenalter“), ­Ingeborg Forcher („Die Angst vor der Angst – ein persönlicher Erfahrungsbericht“), Albin Steck, Psychotherapeut, Notfallseelsorger und Koordinator des Psychologischen Dienstes im Vinschgau ("Angst und Angstbewältigung bei Kindern und Jugendlichen, mit Berücksichtigung des selektiven Mutismus“) sowie Christian Califano, betroffener Vater und Leiter der Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit selektivem Mutismus („Wenn Schweigen nicht Gold ist“). Veranstalter des Abends sind der Bildungsausschuss, der Psychologische Dienst Schlanders, die Selbsthilfe­gruppe für Eltern von Kindern mit selektivem Mutismus sowie die "Lichtung", Verein zur Förderung der psychischen Gesundheit. RED
Redaktion
Vinschger Sonderausgabe

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