Bei der Aussprache im Rathaus in Mals.
Ulrich Veith: „Es gibt de facto kein Nebeneinander.“
Martin Häusling: „Es geht auch ohne Pestizide.“

„Wenn es so weitergeht, …

…kommt die Vielfalt unter die Räder.“

Publiziert in 8 / 2019 - Erschienen am 5. März 2019

Mals - „Ihr seid euch gar nicht bewusst, was das Beispiel Mals europaweit ausgelöst hat.“ Das sagte Martin Häusling, Europaparlamentarier und agrarpolitischer Sprecher der Fraktion die Grünen/EFA, am 23. Februar bei einer Aussprache im Rathaus in Mals. Häusling, seit über 30 Jahren Bio-Landwirt in Nordhessen, war nach Mals gekommen, um sich aus erster Hand über den sogenannten „Malser Weg“ zu informieren. Bürgermeister Ulrich Veith und mehrere Mitglieder des ehemaligen Promotorenkomitees, das die Volksabstimmung bezüglich des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln angestoßen hatte, blickten auf die bisherigen Entwicklungen zurück. Veith erinnerte daran, dass sich schon im Vorfeld der Abstimmung, die 2014 stattgefunden hat, viele engagierte Bürger und heterogene Gruppen für eine pestizidfreie Gemeinde ausgesprochen hatten. Das größte Problem sei seit jeher die Abdrift. Bei der Abstimmung votierten über 75 Prozent der Abstimmenden bei einer Wahlbeteiligung von rund 70 Prozent dafür, den Einsatz sehr giftiger, giftiger, gesundheitsschädlicher und umweltschädlicher chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und Herbizide auf dem Gemeindegebiet zu verbieten. Die Verordnung, mit der die Gemeinde das Abstimmungsergebnis umsetzen wollte, wurde vor Gericht angefochten und ausgesetzt. Man warte jetzt auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes in der Sache selbst. Veith gab sich überzeugt davon, „dass die Vielfalt unter die Räder kommt, wenn die Entwicklung in der Landwirtschaft in Südtirol so weitergeht wie bisher.“ Es gebe de facto kein Nebeneinander zwischen konventionellem und biologischem Anbau. „Das ist nur Gerede“, so Veith. Mit Peter Gasser stimmte er auch darin überein, dass man von der Landespolitik im Stich gelassen worden sei. „Man warf und wirft uns nach wie vor Prügel in den Weg“, kritisierte Gasser. Es sei paradox, „dass wir nach so vielen Jahren und bei einer so klaren Willensäußerung der Bevölkerung noch immer herumhängen und vor den Richtern streiten müssen.“ Angefangen habe die Problematik schon über zehn 10 Jahren, „als man begann, im Obervinschgau Grundflächen für den Obstbau zu kaufen und Betonsäulen in die Landschaft zu stellen.“ Häusling sicherte dem Bürgermeister und seinen Mitstreitern seine Unterstützung zu. Die Malser Initiative trage dazu bei, „dass sich eine Bewegung von unten etablieren kann.“ Auch wenn Pestizide in der Agrarindustrie als „unentbehrlich“ gelten, „geht es auch ohne“, so Häusling. Anstatt dieses System angesichts der Folgen für Mensch, Natur und Umwelt insgesamt in Frage zu stellen, „wird am Pestizideinsatz festgehalten, trotz zunehmender Zweifel an diesem Anbausystem auch aus der Wissenschaft.“ Bedauerlich sei, dass die „eigentlich fortschrittliche EU-Gesetzgebung zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden, die auf Pestizid-Reduktion setzt, von allen Mitgliedstaaten mehr oder weniger unterlaufen wird.“ Häusling sitzt seit 2009 im Europäischen Parlament, wo er Mitglied im EU-Agrarausschuss und im EU-Umweltausschuss ist. Als dringend und höchst notwendig erachtet Veith eine Änderung der Förderpolitik. Die Flächenprämien seien ernsthaft einzuschränken und die nachhaltigen, biologischen Anbauweisen ebenso ernsthaft zu fördern. Koen Hertoge (PAN-Europe Vorstandsmitglied) erinnerte daran, dass kürzlich bei der Plenartagung des Europäischen Parlaments über die Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/128/EU (nachhaltige Verwendung von Pestiziden) debattiert wurde. Beanstandet worden sei vor allem der geringe Fortschritt der Mitgliedstaaten, darunter auch Italien, bei der Umsetzung der Richtlinie. Das größte Anliegen im Anforderungskatalog, nämlich ein höherer und erweiterter Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, wurde vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Der SVP-Abgeordnete Herbert Dorfmann habe dieses Anliegen mit seiner Stimme unterstützt. Laut Hertoge ist es „gut zu sehen, dass das Europäische Parlament den Bedarf sieht, die Gesundheit der Bevölkerung noch mehr zu schützen.“ 

Josef Laner
Josef Laner

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