Silvano Faggioni (links) und Gottfried Deghenghi (rechts) im Kreise der zahlreichen Gäste in der Stube auf den Thanei-Höfen.
Marianne Pertramer in jungen Jahren.

Knödel und Stöckelschuhe

Ein Jahrhundert Südtiroler Landesgeschichte

Publiziert in 34 / 2017 - Erschienen am 10. Oktober 2017

Matsch - Kürzlich wurde auf den Thanei-Höfen hoch über Matsch ein besonderes Buch vorgestellt: „Canederli e tacchi a spillo“, geschrieben von Silvano Faggioni. Silvano Faggioni wurde im Jahre 1949 in Matsch geboren. Sein Vater war damals Forstbeamter in Mals. Silvano Faggioni hat zwei Leidenschaften: Die Geschichte Mitteleuropas und die Gastronomie. Er ist Journalist und RAI-Mitarbeiter, Autor und Regisseur von zahlreichen Büchern und Fern­sehbeiträgen. So stieß er vor ein paar Jahren durch Vermittlung von Stefan Waldner aus Bruneck auf den Nachlass einer interessanten und für ihre Zeit ungewöhnlichen Frau: Marianne Pertramer. Sie wurde 1900 in Mals geboren. An der Haushaltungsschule in ­Dietenheim unterrichtete sie Kochen und Haushaltsführung. Ihre besondere Liebe galt neben dem Kochen der Mode und vor allem den Schuhen mit den hohen Absätzen, den ­Stöckelschuhen. Um die passenden, eleganten Schuhe zu finden ist sie auch bis Trient gefahren. Der italienische Einfluss hatte sie für die Mode geöffnet, für eine Mode, die damals für ländliche Gebiete als etwas Ungewöhnliches angesehen wurde. Am persönlichen Lebenslauf von Marianne ­Pertramer hat Autor Silvano Faggioni den Lauf der letzten hundert Jahre Zeitgeschichte Südtirols aufgerollt und mit vielen Rezepten aus dem Nachlass von Marianne Pertramer gewürzt. Diese hatte ihre Ausbildung in Österreich erhalten, natürlich in deutscher Sprache. Nach 1918 unterrichtete sie dann zwanzig Jahre lang an der Haushaltungsschule in Dietenheim in italienischer Sprache. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Italien wurde der Unterricht zwei Jahre lang in deutscher Sprache abgehalten. Dann war alles wieder italienisch und dann wieder deutsch. Eine Achterbahn der Sprachen, Kulturen, Essgewohnheiten und Lebensanschauungen. Marianne hatte trotz ihrer sonstigen Perfektion etwas gegen die von ihr so genannten ­„Putzfurien“, weil diese andere Menschen gerne unterdrücken würden und die Familienharmonie zerstören. Zuerst sollten die Frauen lernen, gute und tolerante Hausfrauen zu sein, erst danach sollten sie an Ordnung und Reinlichkeit denken. Das Buch ist voll von interessanten Kochrezepten, die Marianne Pertramer im Laufe ihrer Tätigkeit als Haushaltslehrerin gesammelt hat: 13 verschiedene Knödelrezepte, 14 Suppenrezepte, Reisgerichte, Haupt- und Vorspeisen, Beilagen und Strudelrezepte. Zur Präsentation des Buches „Canederli e tacchi a spillo“ waren viele Verwandte und Freunde gekommen. Moderiert und organisiert wurde die Buchvorstellung von Gottfried Deghenghi, der auch auf den Thanei-Höfen geboren wurde und einst als Matscher Bub von der Familie Deghenghi adoptiert worden war. Mit dabei war auch der Herausgeber des Buches, Luigi Reverdito, Gründer des gleich­namigen Verlages aus Trient. Zum Abschluss der Präsentation gab es ein Büffet mit Matscher Spezialitäten, zusammengestellt von Rosina Frank von der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung in Kortsch. So konnte sich Matsch nicht nur als Bergsteigerdorf, sondern auch als Herkunftsort vieler kulturell interessierter Persönlichkeiten präsentieren.

Friedrich Haring
Friedrich Haring

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