Marian Polin

Marienvesper mit „La florida Capella“

Organist und Dirigent Marian Polin im Interview. Besonderes Konzert in der Pfarrkirche in Schlanders.

Publiziert in 9 / 2024 - Erschienen am 7. Mai 2024

Schlanders - Zu den Höhepunkten des heurigen Konzertprogramms von „musica viva Vinschgau“ gehört die Aufführung der Marienvesper von Claudio Monteverdi am 9. Mai um 20 Uhr in der Pfarrkirche in Schlanders. Zu Gast ist das Ensemble „La florida Capella“, das vom international gefragten Malser Organisten und Dirigenten Marian Polin geleitet wird.

der Vinschger: Herr Marian Polin, warum haben Sie sich für die Aufführung der Marienvesper entschieden?

Marian Polin: Die Marienvesper ist eines der absoluten Meisterwerke der Musikgeschichte, in dem sich Monteverdi als universeller Komponist verewigt hat, und das demzufolge umfassende Fertigkeiten der Interpreten verlangt. Für mich war es, vielleicht analog zum Komponisten, nach den Jahren meiner Ausbildung eine Art Meisterstück, diese 2022 zur Eröffnung meiner Konzertreihe „Innsbrucker Hofmusik“ aufzuführen. Es freut mich wirklich, dieses nun wieder aufzugreifen und mit einer Aufführung auch daheim im Vinschgau zu Gast sein zu dürfen.

Was ist das Besondere an Monteverdis Marienvesper?

Das Besondere ist der Umgang des Komponisten mit damals ganz alltäglichen Formen wie einer Vesper: die althergebrachte Abfolge von gregorianischen Antiphonen, Psalmen, Hymnus und Magnificat bereichert er mit kleiner besetzten Motetten über freie Texte, den sogenannten „concerti“. Darin steckt gewissermaßen die Keimzelle für die Entwicklung einer ganzen Epoche, des Barock. Die Musik ist durchdrungen von raumgreifenden Klangexperimenten wie Echos und Dialogen - auch in Schlanders wird der ganze Kirchenraum zum Klingen gebracht -, aber im Gegensatz auch durch die fast durchgehende Präsenz der mittelalterlichen Choralmelodien. All das und vieles mehr macht das Stück zu einem singulären und zeitlosen Meisterwerk, das im übertragenen Sinne vergleichbar ist mit der Pietà von Michelangelo, vor der Menschen auch heute noch verblüfft und unmittelbar gerührt innehalten.

Was steckt hinter dem Namen „La florida Capella“?

Bei der Suche nach einem klingenden Ensemblenamen stießen wir auf eine Sammlung von Madrigalen vom Münchener Hof mit dem klingenden Namen „Musica de‘ virtuosi della florida Capella di Baviera“, also von der florierenden, sprich blühenden Hofkapelle. Der Begriff Cappella bedeutet eine Gesamtheit von Vokalisten, Bläsern, Streichern und anderen Instrumenten und hat den Anspruch, zwischen Kirchenmusik, Madrigalen, Kantaten und Opern viele Gattungen selbst abdecken zu können.

Füllt Sie ihr Beruf am Konservatorium Claudio Monteverdi in Bozen, wo Sie den Lehrstuhl für Kirchenmusik und Chordirigieren innehaben, voll aus oder sind Sie auch anderweitig aktiv?

Die Lehraufträge an italienischen Konservatorien sind so ausgelegt, dass sie genügend Raum zur künstlerischen Entfaltung lassen, was im Vergleich zum Ausland schon eine privilegierte Situation ist. Ich bin davon überzeugt, dass die Teilhabe am laufenden Musikgeschäft auch positive Auswirkungen auf die Studierenden haben kann. Ein schönes Spannungsfeld auf jeden Fall!

Wie werten Sie das Konzertangebot an klassischer Musik im Vinschgau?

Der Vinschgau ist sehr klein strukturiert und in sich ein nahezu geschlossener Kulturraum mit wunderbaren Kulturstätten, die aber manchmal vielleicht auch etwas intensiver oder mutiger bespielt werden könnten. Initiativen wie „musica viva Vinschgau“ oder auch das Orgelkunst-Festival - bei dem ich auch mitwirken darf - tragen seit Jahrzehnten zu einem konstanten und vielfältigen Angebot bei. Durch die Fusion und Neuaufstellung dieser Vereine und eine zunehmende Vernetzung über die sieben Berge hinweg kann man für die Zukunft zuversichtlich sein. Dass die Marienvesper mit 25 Mitwirkenden hier erstmals aufgeführt werden kann, ist auch dieser Neuaufstellung und dem Engagement idealistischer Akteure zu verdanken.

Wie gelingt es, auch junge Menschen für klassische Musik zu begeistern und zum Besuch von Konzert zu motivieren?

Inhalte müssen unbedingt zeitgemäß aufbereitet werden und in den sozialen Medien präsent sein. Ökonomische Eintrittspreise für Schüler und Studenten sind auch wichtig. Alle sind generell besser vernetzt und kriegen sprichwörtlich mehr von der Welt mit. Es gibt heute viel mehr junge Menschen, die klassische Instrumente erlernen oder in Chören singen, als noch vor 20 Jahren. Durch gute Arbeit in solchen Vorfeldorganisationen kann Interesse und Identifikation erzeugt werden. Aber es liegt einfach in der Natur der Sache, dass Pensionisten einfach mehr Zeit für Kulturgenuss haben und sich den auch leisten wollen (lacht).

Worauf darf sich das Publikum am 9. Mai in der Pfarrkirche in Schlanders besonders freuen?

Einmal ist die Schlanderser Pfarrkirche ein wirklich hervorragender Konzertort, den ich immer wieder gerne bespiele. Diesmal mit einer ziemlich großen und selten zu hörenden Besetzung mit durchaus exotischen Instrumenten: 8 Sänger/innen, 3 Zinken, 3 Posaunen, 2 Geigen, 2 Bratschen, Gambe, Violone, Chitarrone, Harfe, Blockflöten und Orgel. Auch für Spieler von Blas- oder Streichinstrumenten lohnt es sich bestimmt, den historischen Vorfahren ihrer Instrumente zu lauschen oder sogar mit den Musikern ins Gespräch zu kommen, die sich darüber bestimmt freuen! Man braucht für eine barocke Vesper zwar zugegeben etwas Sitzfleisch, wird aber durch ungeahnte Klangeffekte unter Einbezug des ganzen Kirchenraums belohnt!

Josef Laner
Josef Laner

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