Alles andere wird schon wieder

Publiziert in 39-40 / 2020 - Erschienen am 12. November 2020

Vinschgau - Um das zu beschreiben, was seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie weltweit abläuft, reichen einfache Wörter kaum noch aus. Stützt man sich auf Fremdwörter, Statistiken, Theorien, Expertenmeinungen und Aussagen von Politikern, wird das Ganze noch komplexer. Was ist nun Sache und was nicht? Was ist wahr und was ist falsch? Wem kann man noch glauben? Was kommt morgen, übermorgen und im nächsten Jahr? Weil niemand eine Kristallkugel hat und vorerst auch niemand mit einem wirksamen und vollständig geprüften Impfstoff aufwarten kann, bleibt uns nur der Hausverstand übrig. Dieser dürfte eigentlich ausreichen, um allen klar zu machen, dass bei dieser Sache das Wertvollste auf dem Spiel steht, was wir haben, nämlich die Gesundheit, das nackte Leben. Wenn jemand einen schweren Unfall hat, aber unversehrt davonkommt, heißt es immer: „Um das Auto ist nicht schade, wichtig ist, dass er das Unglück heil überlebt hat.“ Wie ernst die Lage mittlerweile geworden ist, bekommen immer mehr Menschen ganz persönlich zu spüren. Wenn es plötzlich in der eigenen Familie, im Verwandten- und Freundeskreis oder am Arbeitsplatz Infizierte gibt, tickt die Uhr bei vielen rasch anders. Es ist etwas anderes, den unsichtbaren Feind in den eigenen vier Wänden zu haben, oder zu glauben, dass er weit weg sei, dass er irgendwo da draußen zirkuliere oder einem nicht viel anhaben könne. Dass dem nicht so ist, haben viele in den vergangenen Tagen und Wochen leider hautnah spüren müssen bzw. spüren es noch immer. Das Wichtigste, was alle Zuständigen und auch die Bevölkerung tun können, sollen und müssen, ist es, das Gesundheitssystem einigermaßen am Funktionieren zu halten. Denn wenn das System nicht mehr hält, kommt es knüppeldick. Nicht nur für die Covid-Patienten, sondern auch für andere Menschen, die spitalärztliche Hilfe brauchen. Es ist ja nicht so, dass die anderen Krankheiten und Leiden, sei es körperlicher oder seelischer Natur, wegen des Coronavirus „streiken“. Den kleinen Beitrag, den wir alle leisten können, kennen wir: Abstand, Hygiene, Maske. Allen Corona-Leugnern und Corona-Verharmlosern möchte ich nur ein einziges Faktum ans Herz legen: Zwischen März und April 2020 war Covid-19 die zweithäufigste Todesursache und für 23,3% aller Todesfälle in Südtirol direkt verantwortlich. Das ist keine Meinung oder Ansicht, sondern eine knallharte Tatsache, ermittelt vom Landesinstitut für Statistik (ASTAT). Dass es die zuständigen Entscheidungsträger der Politik und des Gesundheitswesens derzeit nicht leicht haben, dürfte allen einleuchten. Natürlich sind Fehler passiert. Natürlich hätte man dieses oder jenes anders oder besser machen können. Die Zeit, diese Dinge aufzuarbeiten, wird sicher kommen. Und das ist auch richtig so. Zunächst aber sollten alle darauf schauen, dass wir über diesen Sturm einigermaßen hinwegkommen. Kollateralschäden wird es überall geben, und zwar viele und langfristige. Dass es die Entscheidungsträger in
Situationen wie diesen keinem Recht machen können, ist so gut wie normal. Im Wirrwarr von Dekreten, Verordnungen und Maßnahmen des Landes und des Staates blickt wohl niemand mehr klar durch. Das kann auch irgendwie als Zeichen der Ohnmacht seitens der Politik interpretiert werden. Wirklich machtlos ist die Politik, wenn nicht zumindest der Großteil der Bevölkerung mithilft. Wenn möglichst alle mitspielen, werden wir über diesen Sturm hinwegkommen … und alles andere wird schon wieder. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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