Zwei Planungsentwürfe aus der Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung des Kasernen-Areals.

Areal mit Potential

Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung des Kasernen-Areals vorgestellt. Bürger äußern Zustimmung und zum Teil auch Bedenken.

Publiziert in 37 / 2017 - Erschienen am 31. Oktober 2017

Schlanders - Mit der Nachnutzung des ca. 4 ha großen Kasernen-Areals hat die Gemeinde Schlanders Großes im Sinn. Wie es genutzt werden soll, zeigt eine Machbarkeitsstudie auf, die am 25. Oktober bei einer Bürgerversammlung im Kulturhaus vorgestellt wurde. Vor rund 120 Personen blickte BM Dieter Pinggera einleitend auf das Entwicklungskonzept „Zukunftsplan 2020“ zurück, auf den Ankauf des Areals vom Land für 2,055 Mio. Euro, die europaweite Ausschreibung der Machbarkeitsstudie und die Ausarbeitung derselben von
einer Bietergemeinschaft, bestehend aus den Architektur- bzw. Ingenieurbüros Insula und DeA in Rom sowie B + G in Frankfurt.

7-jährige Vorarbeiten 

Zu den Vorgaben der Gemeinde gehörte es, ein Konzept für die potentielle Umsetzung eines PPP-Projektes (Public-private-Partnership) zur Nachnutzung des Areals vorzulegen. Der aus Bruneck gebürtige Architekt Georg Frisch (DeA) und sein Berufskollege Paolo Orsini (Insula) stellten die Eckpunkte der Studie vor. Ziel sei es, ein „nachhaltiges und lebendiges Quartier“ zu schaffen. Als einen der strategischen Eckpfeiler nannte Frisch eine breite Funktionsmischung zwischen Wohnen, Bildung und Forschung, Gewerbe und Nahversorgung. Das neue Quartier soll „öffnen, verbinden, durchqueren, beleben und einbinden.“

Lebendig und nachhaltig

Wie Orsini ausführte, sind auch viele Grünflächen vorgesehen. Es soll schrittweise ein lebendiges, möglichst nach ökologischen Aspekten ausgerichtetes und zum Großteil autofreies Quartier geschaffen werden. „Die Kaserne wurde wie ein Monolit in die Landschaft gestellt. Wir wollen dieses geschlossene System aufbrechen und Verbindungen schaffen, etwa zu Kortsch und zum Bahnhof“, so Frisch. Von der Architektur her soll neben der bereits gegebenen Trassierung des Geländes lediglich das ehemalige Versorgungsgebäude bestehen bleiben. Dort werden laut Pinggera voraussichtlich im Jänner 2018 die Sanierungsarbeiten für die Unterbringung des Gründer- und Innovationszentrums beginnen. 

Baubeginn in zwei Jahren

Mit dem Beginn der Arbeiten zur konkreten Umsetzung der Studie sei frühestens in 2 Jahren zu rechnen. Als nächsten konkreten Schritt nannte Pinggera die Bauleitplan-
änderung. 1,5 ha des Areals sind für institutionelle Zwecke reserviert, 1,5 ha können veräußert werden und 0,9 ha bleiben im Landesbesitz für die Schulentwicklung (Technologische Fachoberschule sowie Tiefbauhalle für die Landesberufsschule). Gemäß dem Funktionsprogramm für die Nachnutzung sollen im Kasernen-Areal u.a. 150 Wohnungen unterschiedlicher
Größe mit entsprechenden Stellplätzen entstehen, 5 kleinere Geschäftslokale, ein Gewerbepark für 15 Einheiten mit 30 Stellplätzen sowie eine öffentliche Parkgarage mit 60 Stellplätzen. Die oberste Terrasse ist für die Bereiche Bildung und Forschung vorgesehen.

Grüner Boulevard

Als markant und wichtig bezeichneten Frisch und Orsini den
„grünen Boulevard, der das gesamte Stadtquartier durchzieht und eine optimale, fußgängerfreundliche Vernetzung gewährleistet.“ Wesentlich sei auch, die Studie nicht in einem Zug umzusetzen, sondern in drei Phasen in einem Zeitraum von 15 Jahren. Die Vorgabe, dass es Hand in Hand mit dem Entstehen des neuen Quartiers zu keinem „Ausbluten“ des Ortszentrums von Schlanders kommen darf, sei in der Studie berücksichtigt worden. Zumal daran gedacht wird, einen oder mehrere private Investoren mit ins Boot zu holen, sei laut Frisch auch von erheblichen Plusvalenzen auszugehen. Pinggera dazu: „Die Gemeinde kann mit Erträgen rechnen, mit denen nicht nur die Ausgaben gedeckt werden können, wie etwa die Kosten für den Abbruch, die Planung und die Sanierung kleinerer verunreinigter Zonen, sondern sogar mit finanziellen Plusvalenzen, die sich aus dem Wohnungsbau ergeben, dem eigentlichen wirtschaftlichen Faktor.“

Wirtschaftsfaktor Wohnungsbau

Insgesamt wertete der Bürgermeister das Vorhaben als „einmalige Chance für Schlanders und den Vinschgau, im Areal Inhalte zu positionieren, die uns für die Zukunft fit machen.“ Als Inhalte unter dem Überbegriff „Social Innnovation HUB“ nannte er das Gründer- und Innovationszentrum, Arbeits- und Werkstätten für Betriebsinhaber, Freiberufler und Studenten, sowie Kreativwirtschaft und Jugendkultur. Auch die Ansiedlung eines tertiären Bildungsangebotes werde angestrebt: „Es muss gelingen, ein Ausbildungsangebot von Landesinteresse hier in Schlanders zu verankern.“

Angst vor Ghettoisierung

Neben einer insgesamt breiten Zustimmung zur Gesamtkonzept und zur bisherigen Vorgangsweise seitens der Gemeinde wurden bei der Diskussion auch Bedenken und Befürchtungen geäußert. Mehrfach angesprochen wurde die Gefahr, dass es mit dem Bau von 155
Wohnungen zu einer Ghettoisierung und einer starken Zuwanderung kommen könnte. „Wenn in 15 Jahren 150 Wohnungen entstehen, sind das 10 pro Jahr und das entspricht der Hälfte des derzeitigen Wohnungsbedarfs“, meinte
Pinggera dazu. Rund die Hälfte der Wohnungen soll für den geförderten Wohnbau reserviert werden, „und innerhalb dieses Bereichs möchten wir im Sinne des leistbaren Wohnens eine noch günstigere Kategorie vorsehen.“

„15 Jahre sind zu wenig“

Die Zeitleiste von 15 Jahren werteten mehrere Diskussionsteilnehmer angesichts der Größe des Vorhabens als zu kurz. Wenn in einem relativ kurzen Zeitraum derart viele Neuwohnungen entstehen, werden die Bewohner Probleme bekommen, im Dorf heimisch zu werden. „Die 15 Jahre sind ebenso wenig in Stein gemeißelt wie viele andere Dinge dieses Vorhabens“, meinte der Bürgermeister. Die Entwicklung bleibe demnach steuerbar. Auch Fragen zur Gebäudehöhe und Baudichte wurden gestellt. Laut den Architekten sind keine klotzigen Reihenhäuser geplant, sondern kleinere, im Raum verstreute Einheiten, die niedriger sein werden als die derzeitigen Kasernen-Gebäude. Der Richtwert der Baudichte des gesamten Quartiers belaufe sich auf 2,5 Kubikmeter pro Quadratmeter.

Parkplätze und Mobilität

Viele, zum Teil konträre Wortmeldungen gab es auch zum Thema Parkplätze. Während einige anregten, vom Prinzip „2 Stellplätze pro Wohnung“ im neuen Quartier abzuweichen, sprachen sich andere für die Schaffung von noch mehr öffentlichen, unterirdischen Stellplätzen aus. Angesprochen wurden auch die Verkehrsanbindungen zum neuen Quartier. Die Kortscher Straße sollte nicht zu einer neuen Rennstrecke werden. Auch für der Problembereich Kreisverkehr sei eine Lösung zu finden. Zur Frage, ob im neuen Quartier nicht auch Seniorenwohnungen Platz finden könnten, meinte Pinggera, dass dieser Bedarf weitgehend gedeckt sei. Er verwies auf bereits bestehende Seniorenwohnungen, auf die im Bau befindliche Wohnstruktur im Hauptort (Wielander Magazin) und auf das Vorhaben, in Kortsch 5 Seniorenwohnungen zu errichten. 

Wirklich fast alles schleifen?

Dass mit Ausnahme des Versorgungsgebäudes alle anderen Baulichkeiten abgerissen werden sollen, gefällt nicht allen. Es wurde mehrfach angeregt, zumindest einen Teil des Kommandogebäudes zu erhalten, im Besonderen das markante Eingangsportal mit den Stiegen. Architekt Frisch betonte, „dass kein Gebäude einen besonderen Wert hat.“ Auch Zwischennutzungen seien nur schwer vorstellbar, denn es bräuchte viel Geld, um die Gebäude so herzurichten, dass sie nutzbar sind. Auch Pinggera verwies darauf, dass sich drei unabhängige Fachgruppen dafür ausgesprochen hatten, auch das Kommandogebäude zu
schleifen. Nicht zuletzt deshalb, weil ein Erhalt desselben ein Hindernis für Öffnung des Areals wäre.

ANA-Sitz bleibt unangetastet

Das Gebäude, in denen die
Räume der Alpini-Vereinigung untergebracht sind, bleibt unberührt. Dieses Gebäude ist übrigens immer noch Eigentum des Staates. Laut Pinggera bemühe sich die Gemeinde zwar um dieses Gebäude, doch bisher ohne konkreten Erfolg. Der Gemeinde käme die Verfügbarkeit über das Gebäude bei der Er-
schließung des neuen Quartiers gelegen. In absehbarer Zeit zu räumen ist jener Teil des Areals, das derzeit von Handwerkern bzw. Betrieben genutzt wird. „Die Fläche, die dem Land gehört, muss in 6 Monaten frei sein“, so Pinggera. Wie schon bei der Bürgerversammlung plädierte Julia Pircher auch bei der Gemeinderatssitzung am 26. Oktober dafür, diesen Termin zu verlängern bzw. den Betrieben einen Aufschub zu gewähren. Pinggera sicherte zu, dieses Thema im Ausschuss aufs Tapet zu bringen.

Vorschläge willkommen

Ideen und Vorschläge im Zusammenhang mit der Nachnutzung des Kasernen-Areal sind übrigens nach wie vor willkommen. Die umfangreiche Machbarkeitsstudie
und die Unterlagen dazu sind auf der Homepage der Gemeinde abrufbar.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.