Martell Dorf am 6. Tag nach dem Abgang der Eberhöfer-Lawine
Bürgermeister Georg Altstätter

Der Alltag kehrt zurück

Martell ist nach dem Lawinenabgang wieder auf dem Weg zur Normalität

Publiziert in 41 / 2019 - Erschienen am 26. November 2019

Martell - Den Martellern braucht niemand zu erzählen, wie es ist, wenn an beiden Talseiten Lawinen abgehen. Die Lawinen bzw. Lawinenstriche haben alle einen Namen. Jeder kennt sie. So auch die Eberhöfer-Lawine, die in der Vergangenheit schon oft das Dorf Martell streifte. Beim jüngsten Abgang am vergangenen 17. November zwängten sich gewaltige Schneemassen, durchsetzt mit Bäumen, Steinen und Geröll, mitten durch das Dorf. Außergewöhnlich waren dieses Mal der Zeitpunkt des Lawinenabgangs und die zu Tal beförderten Schneemengen. „In den höheren Lagen war schon in Nacht auf den 16. November ca. ein Meter Schnee gefallen. Die Straße nach Hintermartell musste schon am Tag vorher aus Sicherheitsgründen gesperrt werden“, blickte Bürgermeister Georg Altstätter am 23. November, also 6 Tage nach dem Abgang der Eberhöfer-Lawine, auf die Geschehnisse seit dem Beginn der außergewöhnlichen Niederschläge zurück. 

„Quäntchen Glück“

Vieles ist schon Statistik und Geschichte, eines aber ist trotz aller Müdigkeit und Anspannung unverkennbar: „Kein Mensch wurde verletzt oder gar getötet“, atmet der Bürgermeister auf. Das sei das Allerwichtigste. „Wir hatten schon ein Quäntchen Glück.“ Die Herausforderungen für die sofort einberufene Gemeindeleitstelle sowie für die Feuerwehr und die 2 Bergrettungsdienste waren groß und vielseitig. Abgesehen vom Räumen der Landesstraße, die an vielen Stellen von umgestürzten Bäumen verlegt worden war, galt es u.a., Kontakte zu den Bewohnern von 40 Höfen herzustellen, die nach dem Abgang der Eberhöfer-Lawine im Oderdorf, in Ennetal sowie am Waldberg und Sonnenberg von der Außenwelt abgeschnitten waren. Ohne Strom und zum Teil ohne Telefon war auch Hintermartell. 20 Personen in Martell Dorf mussten evakuiert werden. Während ein privates Handyvideo des Lawinenabgangs bereits am Tag des Geschehens um die ganze Welt ging – es wurde mittlerweile über 2 Millionen Mal angeklickt - war es am Tag nachher noch schwer, überhaupt nach Martell zu kommen. Um die Lage in den eingeschlossenen Gebieten zu erkunden, wurden zwei Hubschrauberflüge durchgeführt. Die Gemeindeleitstelle, die Lawinenkommission, die Bauhof-Mitarbeiter und natürlich die Feuerwehr und die 2 Bergrettungsdienste standen tage- und nächtelang im Dauereinsatz. Stets in engem Kontakt stand die Gemeindeleitstelle mit den Verantwortlichen des Bevölkerungsschutzes in Bozen. Mit dem Beseitigen der Schneemassen in Martell Dorf hat das Amt für Wildbachverbauung bereits am 18. November begonnen. Auch Mitarbeiter des Straßendienstes Vinschgau und der Edyna (Stromversorgung) waren sofort zur Stelle. Ebenso die Berufsfeuerwehr mit einer großen Schneefräse sowie auch private Firmen aus dem Tal und darüber hinaus mit Baggern und Maschinen. Auch die Zivilschutzflotte des Weißen Kreuzes war vor Ort. Georg Altstätter: „Zu Beginn haben Frauen aus dem Dorf für die Evakuierten und Eisatzkräfte gekocht, dann übernahm die Zivilschutzflotte diese Aufgabe.“ Der Lawinenkommission oblag es u.a., über die Schließung von Straßen zu entscheiden. Eine große Stütze bei der Koordination war für den Bürgermeister der WK-Bezirksleiter Egon Eberhöfer. Tatkräftig mitgeholfen haben auch die Carabinieri und Beamte der Finanzwache. Um Hintermartell mit Strom zu versorgen, hat die Edyna 6 Aggregate zur Verfügung gestellt. Die von der Edyna bereits verlegte, unterirdische Stromleitung nach Hintermartell soll laut dem Bürgermeister in absehbarer Zeit provisorisch in Betrieb genommen werden. Es war geplant, die Leitung im Laufe des nächsten Jahres in Betrieb zu nehmen.

Kompatscher und Schuler vor Ort

Landeshauptmann Arno Kompatscher und Bevölkerungsschutz-Landesrat Arnold Schuler hatten sich bereits am 18. November bei Ortsaugenscheinen ein Bild von der Situation verschafft. Die für diesen Tag anberaumte Bürgerversammlung mit Kompatscher wurde abgesagt und auf den 13. Jänner 2020 verschoben. Ebenfalls verschoben wurde der Besuch des Bischofs, der just am Tag des Lawinenabgangs die neue Urnenwand und das neugestaltete Kriegerdenkmal hätte segnen sollen. Nun wird der Bischof am 5. Jänner 2020 erwartet. Kompatscher und Schuler sicherten zu, zusätzlich zu den bereits erfolgten bzw. geplanten Verbauungsmaßnahmen weitere Eingriffe zum Schutz des Dorfes vor der Eberhöfer-Lawine in Erwägung zu ziehen. Was den Gefahrenzonenplan betrifft, so hat die Gemeinde ihre Hausaufgaben gemacht. Neben der Eberhöfer-Lawine sind in Martell noch etliche weitere Lawinen abgegangen, die größte von der Rotspitze in Hintermartell. Eines haben die tagelangen Einsätze laut Altstätter eindeutig gezeigt: „Die Investitionen für die Zivilschutzorganisationen sind mehr als gerechtfertigt. Der Fuhrpark und die Geräte der Feuerwehr und der Bergrettungsdienste waren bis zum Äußersten ausgereizt“.

Martell in der „New York Times“

Detail am Rande: Nicht erwartet hätte sich der Bürgermeister, dass er zusätzlich zum Medienrummel vor Ort - auch Journalisten gesamtstaatlicher Fernsehsender waren nach Martell gekommen - auch in der „New York Times“ landen würde. Die einflussreiche und überregionale Tageszeitung aus New York hatte unter der Rubrik der Auslandsnachrichten ebenfalls vom „snowstorm“ (Schneesturm) in „Alto Adige, or South Tyrol“ berichtet und dabei auch den „mayor“ (Bürgermeister) „of Val Martello, Georg Altstaetter“ genannt.

Gemeinsame Marende als Dank

Am Freitag, 29. November um 19.30 Uhr laden die Gemeinde und das Deutsche Rote Kreuz Landkreis Aalen alle Ehrenamtlichen und alle Einsatzkräfte als Zeichen des Dankes zu einer gemeinsamen Marende in das Bürgerhaus von Martell ein.

Josef Laner
Josef Laner

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