Ein „Brocken“ im Gemeinderat
Neues Dorfzentrum in Naturns.
NATURNS - 11 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen. Das war schlussendlich das Ergebnis der geheimen Abstimmung. Eine solche war von den Vertretern der Süd-Tiroler Freiheit zum Punkt 14 der Naturnser Gemeinderats-Sitzung vom 20. März gefordert worden. Der Punkt barg Sprengkraft, war auch deshalb nach vorne verlegt worden. Einige Bürger verfolgten die Sitzung im Ratssaal mit, einige weitere online. Konkret ging es beim Punkt um die „Genehmigung der Abänderung des Gemeindeplanes für Raum und Landschaft. Einfügung einer Zone mit Plan für die städtebauliche Umstrukturierung“. Kurzum: Am Rathausparkplatz soll ein neues Dorfzentrum entstehen. Eine Tiefgarage und eine Überbauung sind geplant. Vor allem aber sollen öffentliche Flächen, Grün und ein Park entstehen, betonte Bürgermeister Zeno Christanell.
Der Abstimmung waren stundenlange Diskussionen im Gemeinderat vorausgegangen. „Es gab gezielte Desinformationen, die verbreitet wurden. Es wurde absichtlich dagegen gearbeitet von einigen, die persönliche Interessen vor das Gemeinwohl stellen“, fand Christanell deutliche Worte zu Diskussionen und Berichten im Voraus. Von einer Verbauung könne keine Rede sein, „es entstehen hier keine Betonklötze. Der Gemeinderat wurde versucht zu beeinflussen“.
„Es entstehen keine Betonklötze“
Christanell warb vehement für das Projekt und stellte klar, dass es vorerst ausschließlich darum gehe, über die Abänderung des Gemeindeplans abzustimmen und erste Parameter zu regeln. Man stimme hier noch nicht über konkrete Projekte ab, der Vorentwurf von Architekt Hubert Schlögl sei lediglich eine Visualisierung der Ideen. „Das Gesetz will es so, dass wir erst die Spielregeln definieren“, so Christanell. „Nutzen wir die Chance“. Bereits vor 20 Jahren sei eine bessere Nutzung des Rathausplatztes Thema gewesen, in der „Vision 2030+“ sei von der Arbeitsgruppe „Parkplätze“ der Vorschlag einer Tiefgarage aufgekommen.
„Ein attraktiver Dorfplatz“
Es gehe hierbei vor allem um öffentlichen Raum „für alle“. So soll eine Tiefgarage entstehen mit 100 Stellplätzen. Das Bauvolumen betrage rund 7.000 Kubikmeter. Ein erster Vorschlag sah 9.000 Kubikmeter oberirdischer Kubatur vor, hier ruderte man jedoch nach Gesprächen mit Wirtschaftsverbänden zurück. Die Baudichte betrage 1,75 Kubikmeter pro Quadratmeter. Mindestens 70 Prozent der Fläche müssen öffentlicher Raum sein. „Anstelle des wenig wertvollen Asphaltparkplatzes kommt ein attraktiver Dorfplatz, ein Park und Bäume“, so der Bürgermeister. Von den restlichen 30 Prozent, die verbaut werden, wurden die Zweckbestimmungen definiert: „Davon nochmals 25 Prozent für öffentliche Dienste und Einrichtungen von öffentlichem Interesse“.
Das Projekt solle von Privaten umgesetzt und finanziert werden, wodurch sich die Kosten für die öffentliche Hand stark reduzieren. Das Wohnen dürfe maximal 30 Prozent ausmachen, gastgewerbliche Tätigkeit 20 Prozent, Einzelhandel und Dienstleistung 15 bzw. 10. Maximal könne dabei um 5 Prozent abgewichen werden, außer im Bereich Wohnen. Dabei solle auch eine moderne Mobilitätszentrale für den öffentlichen Personennahverkehr mit ausreichend Radabstellplätzen entstehen. „Erst gilt es aber den Rahmen zu schaffen, dann den Inhalt. Man kann über alles reden“, erklärte Christanell. Auch Arbeitsgruppen sollen dazu noch entstehen. „Die Bürger entscheiden nun“, so der Bürgermeister. Um die Anregungen zu sammeln werde bald ein offener Arbeitsabend organisiert, jeder könne sich hierfür mit Ideen bei marliese.lamprecht@naturns.eu melden.
Scharfe Kritik
Scharfe Kritik gab es vor allem vonseiten der Opposition. Astrid Tappeiner und Evi Prader von der Liste Zukunft Naturns hatten eine Vertagung gefordert, die abgelehnt wurde. Es habe an Information gefehlt. „Es gab informelle Sprechen mit Verbänden und Co, nur der Gemeinderat wurde nicht informiert“, kritisierte Prader. Es sei „im stillen Kämmerchen geplant worden“, so der Vorwurf an die SVP. Von einer mehrheitlichen Zustimmung der Bevölkerung könne ebenfalls keine Rede sein. „Ohne Zustimmung ist das Projekt zum Scheitern verurteilt“, so Prader. Natascha Santer Zöschg, Dietmar Rainer und Michael Lochmann von der Süd-Tiroler Freiheit kritisierten ebenfalls, dass es „kein öffentliches Interesse an diesem Projekt“ gebe, bis auf die Tiefgarage. „Ihr habt ein Jahr lang verhandelt und mit allen gesprochen, nur wir wurden nie informiert“, kritisierte Santer Zöschg in Richtung des Bürgermeisters. Auch Ana Maria De Castro von der Liste Für Naturns kritisierte die fehlende Information seitens der Mehrheit.
Qualitative Erweiterung
Genehmigt wurde bei 6 Enthaltungen auch eine weitere Änderung des Gemeindeplanes für Raum und Landschaft und zwar für die Zone für touristische Einrichtungen-Beherbergung „Hotel Sonnenhof/Hotel Prokulus“, auf Antrag der beiden Hotels. Für eine Erweiterung können rund 4.000 Kubikmeter mehr verwendet werden. Dabei handle es sich aber um eine rein qualitative Erweiterung, sprich die Hotels werden nicht vergrößert, indem mehr Betten entstehen. Es gelte, mehrere Bereiche zu erweitern, etwa den Speisesaal, den Kinderbereich und das Poolhaus. „Es handelt sich hierbei um Leitbetriebe der Gemeinde Naturns, ich bin der Meinung, dass man dieser qualitativen Erweiterung zustimmen kann“, betonte der Bürgermeister.