Ein Herzensanliegen oder längst überholt?
Publiziert in 36 / 2016 - Erschienen am 12. Oktober 2016
Die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtirol als Thema einer Podiumsdiskussion im Nationalparkhaus in Prad am 21. Oktober
Prad - Die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtirol: Ein Herzensanliegen oder längst überholt? Dieser Frage wollen der Südtiroler Schützenbund und die Schützenkompanie Prad im Rahmen einer Podiumsdiskussion am Freitag, 21. Oktober um 20 Uhr im Nationalparkhaus „aquaprad“ in Prad auf den Grund gehen. Mit dabei sein werden namhafte Persönlichkeiten: Werner Neubauer (FPÖ), Albrecht Plangger (SVP), Elmar Thaler (SSB), Brigitta Foppa (Grüne), Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) und Sigmar Stocker (Freiheitliche). Sie werden zu Wort kommen und aktuelle Informationen geben. Eberhard Daum wird durch den Abend führen. Aber auch die Meinungen aus dem Publikum sind gefragt. Im Vorfeld zur Podiumsdiskussion haben alle Teilnehmer Stellung bezogen.
Werner Neubauer, der sich seit seinem Einzug in den Nationalrat im Jahr 2006 für die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler einsetzt, meint: „Obwohl alle dem Südtirol-Unterausschuss vorgelegten Experten-Gutachten positiv ausfielen, gab es zu diesem berechtigten Begehren bis dato keine Mehrheitsfindung im österreichischen Parlament. Man spielt auf Zeit und schiebt nun den Ball Südtirol zu.“ Neubauer verspricht aber: „Sollte die FPÖ in Regierungsverantwortung gelangen, wird die doppelte Staatsbürgerschaft im künftigen Regierungsprogramm verankert werden.“
Albrecht Plangger, SVP-Parlamentarier in Rom, sagt: „Die Doppelstaatsbürgerschaft war, ist und bleibt ein Herzensanliegen der Südtiroler Volkspartei. Sie ist rechtlich sicher machbar, muss es aber auch ‚politisch’ sein, da sich der Staatsbürgerschaftserwerb primär in Österreich auswirken würde.“
Brigitte Foppa, Landtagsabgeordnete der Grünen, hat an der Idee der Doppelstaatsbürgerschaft nichts auszusetzen, da sie für mehr als für weniger Auswahlmöglichkeiten sei. Allerdings gibt sie zu bedenken, dass das Zusammenleben nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe. Foppa ist aber auch kritisch: „Wer hat Anrecht darauf? Steht sie für allen Südtiroler Bürgerinnen und Bürgern offen? Wie erfolgt die Zuteilung?“ Wenn die Doppelstaatsbürgerschaft nämlich nicht eine, sondern spalte, dann könne sie nicht dafür sein.
Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit, ist folgender Meinung: „Die doppelte Staatsbürgerschaft ist inzwischen in 26 der 28 EU-Staaten Realität und somit keine Ausnahme mehr, sondern zur politischen Normalität in ganz Europa geworden. Auch Italien bietet seit 2006 seinen italienischen Minderheiten im Ausland (z.B. in Istrien) die Möglichkeit, die italienische Staatsbürgerschaft als doppelte Staatsbürgerschaft zu erhalten.“ Er gibt sich überzeugt, dass die Autonomie niemand mehr in Abrede stellen könne, wenn die Südtiroler auch österreichische Staatsbürger wären.
Sigmar Stocker, Landtagsabgeordneter der Freiheitlichen, sieht es ähnlich. Die doppelte Staatsbürgerschaft sei ein sehr starkes Zeichen für die Absicherung der Autonomie „in diesem uns fremdnationalen Staat Italien“. Er bedauert, dass Österreich - mit Ausnahme der FPÖ - wegen wirtschaftlicher Interessen mit Italien sie den Südtirolern vorenthalte. Deshalb strebe er einen Freistaat Südtirol als friedliches Unabhängigkeitsmodell an.
Landeskommandant Elmar Thaler unterstreicht die Aussagen bezüglich Absicherung der Autonomie, indem er auf die Aktualität dieser Frage verweist. Für ihn ist der erleichterte Zugang der Südtiroler zur österreichischen Staatsbürgerschaft nicht nur ein Herzensanliegen, sondern eine absolute Notwendigkeit zur Absicherung aller Rechte, von der Autonomie bis zur Selbstbestimmung. Die letzten Jahre hätten es gezeigt: „Europa ist fragiler als man allgemein angenommen hat.“ Eine österreichische Staatsbürgerschaft würde den Südtirolern auch in 50 oder 100 Jahren den moralischen Anspruch auf eine Sonderstellung im fremden Staat Italien geben, vor allem dann, wenn alle aktuellen Beweggründe für die Autonomie längst verwässert sein werden. red
Bei der Podiumsdiskussion in Prad wird sicher keine endgültige Entscheidung zum Thema getroffen werden. Wohl aber dürfte das Thema angesichts der angekündigten Politprominenz zukunftsweisend behandelt werden.
Redaktion