Bei der „Alten Drehmaschine“ wurde Bilanz gezogen.
Präsident Lukas Gerstl
Informierte über Zahlen und Tätigkeiten: Geschäftsführerin Katharina Fritz
Fand klare Worte: Bürgermeisterin Roselinde Gunsch
HGV-Ortsobmann Klaus Pobitzer kritisierte das Grenzpendler-System

Es fehlen die Arbeitskräfte  

Ferienregion Obervinschgau: Ordentliche Zahlen, aber Alarmstimmung aufgrund des Mitarbeitermangels. 

Publiziert in 12 / 2022 - Erschienen am 5. Juli 2022

Taufers im Münstertal - Mit gemischten Gefühlen blickte Lukas Gerstl, der Präsident der Ferienregion Obervinschgau, bei der Vollversammlung in der Bar „Alte Dreschmaschine“ in Taufers im Münstertal zurück und nach vorne. Einerseits habe im Vorjahr zu Beginn des Jahres der Komplettausfall der Wintersaison 2020/21 die Tourismustreibenden hart getroffen. Andererseits erlebte man dann einen guten Sommer und auch die vergangene Wintersaison konnte regulär unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen über die Bühne gehen. Für gemischte, oder besser gesagt ungute Gefühle sorgt aber insbesondere die derzeitige Mitarbeitersituation. Freilich, Arbeit gibt es einerseits genug, qualifiziertes Personal ist gefragt. Aber: Es fehlt an Arbeitskräften. Das Damoklesschwert Mitarbeitermangel zog sich wie ein roter Faden durch die Vollversammlung. „Es freut mich, dass so viele hierhergekommen sind, um der Versammlung beizuwohnen. Leider mussten aber auch wieder viele Betriebsleiter absagen, weil sie nicht wegkommen, weil ihnen die Mitarbeiter fehlen“, betonte Gerstl eingangs. Alle Sparten seien derzeit vom Mitarbeitermangel betroffen, in Südtirol rechnet man damit, dass im kommenden Jahr bereits 6.000 Arbeitskräfte fehlen. In zehn Jahren sind es 30.000, branchenübergreifend. 

„Thema, das unter den Nägeln brennt“ 

Die Tourismusbranche sei derzeit besonders hat betroffen. Betriebe suchen händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Es ist einfach ein Thema, das uns unter den Nägeln brennt“, schlug der Malser HGV-Obmann Klaus Pobitzer in dieselbe Kerbe. Er forderte: „Wir brauchen Hilfe von der Politik“. Scharfe Kritik übte er am System der Grenzpendler. Es sei nicht mehr der Fall, dass es im oberen Vinschgau an Arbeit fehle. Früher sei es wichtig gewesen, diese zu unterstützen. Nun müsse man aber schauen, die Leute im Land zu behalten. „Es darf nicht mehr so vorteilhaft sein, im Ausland zu arbeiten. Hier ist die Politik gefordert“, fand er klare Worte. Nicht nur das Gastgewerbe biete im ganzen Tal attraktive Arbeitsplätze an. „Und auch gute Löhne werden bezahlt“, so Pobitzer. De facto bilde man mit viel Geld die Jugend aus, „und dann wandern sie ab“. Hier habe es politische Versäumnisse gegeben. Roselinde Gunsch, Bürgermeisterin der Grenzgemeinde von Taufers im Münstertal, entgegnete hinsichtlich des Mitarbeitermangels: „Die Probleme die es gibt, die gibt es nun mal. Ob wir als Gemeinden hierbei etwas tun können, weiß ich nicht“. Sicherlich gebe es zahlreiche Grenzpendler, vor allem werde der Mitarbeitermangel aber durch demografische Gegebenheiten verursacht. „Die Generation der Baby-Boomer kommt eben derzeit ins Pensionsalter“, erinnerte die Bürgermeisterin. 

Das will man gegen den Mitarbeitermangel tun

Wie Lukas Gerstl betonte, gebe es bereits konkrete Ideen, um Mitarbeiter zu finden. Man wolle als Ferienregion Obervinschgau die Betriebe unterstützen und Aktionen starten. „Wir haben attraktive Arbeitsplätze in unserem Gebiet. Wir müssen das vermehrt vermitteln und kommunizieren. Gute Öffentlichkeitsarbeit ist gefragt“, erklärte Gerstl gegenüber dem der Vinschger. Es gelte, den Menschen einen Job im Gastgewerbe schmackhaft zu machen. „Wir haben ein Arbeitsumfeld, wo die Menschen gut drauf sind, im Urlaub hat man eben ein positives Feeling“, so Gerstl. Durch gezielte Medienarbeit und Sensibilisierungskampagnen wolle man dies nochmals verdeutlichen. 

368.000 Nächtigungen 2021 

Dass es die vielen Arbeitskräfte braucht, wurde auch einmal mehr anhand der guten Zahlen ersichtlich. Nach einer schwierigen Coronavirus-Zeit gehe es wieder aufwärts. Katharina Fritz, die Geschäftsführerin der Ferienregion Obervinschgau (für die Gemeinden Mals, Schluderns und Glurns), stellte einige Zahlen vor. Man sei im Südtiroler Durchschnitt „gut dabei“. 2020 wurden rund 85.000 Ankünfte verzeichnet, 2021 waren es bereits 92.000. Dabei gab es 2020 345.000 Nächtigungen, 2021 368.000. 2020 waren es vor allem auch die Italiener, die „durch die Coronakrise“ halfen. So machten diese 26 Prozent der Nächtigungen aus, verhältnismäßig mehr als sonst. Aber auch im Coronajahr 2020 waren die deutschen Feriengäste wie gehabt anteilsmäßig die meisten, und zwar rund 52 Prozent. 2021 kamen 59 Prozent Deutsche und knapp 22 Prozent Italiener. Die Nächtigungen der Schweizer machten im vergangenen Jahr etwa 10 Prozent aus, 4 Prozent waren Österreicher, unter 3 Prozent kamen aus den Niederlanden, die restlichen Gäste aus anderen Ländern. Auch in diesem Jahr 2022 habe man in der Ferienregion Obervinschgau viel vor. Zahlreiche Veranstaltungen finden statt, bzw. haben bereits stattgefunden. Vor allem auf das Produkt Wandern wolle man sich weiterhin konzentrieren. Hier gelte es unter anderem, Wege instand zu halten und auf die vielen Möglichkeiten aufmerksam zu machen. 

Bettenstopp? Nicht mit uns 

Gespannt blicke man auch auf das neue Tourismuskonzept und die Diskussion in Sachen Bettenstopp. Scharfe Kritik dazu gab es etwa von Bürgermeisterin Roselinde Gunsch. Man könne nicht alles verallgemeinern. „Wir hier in Taufers im Münstertal sind zum Beispiel unterentwickelt. Es geht nicht darum, eine touristische Hochburg zu werden, aber wir brauchen hier einfach mehr Betten, auch wenn man auf sanften Tourismus setzt“, fand sie deutliche Worte. 

Michael Andres
Michael Andres

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