Ganz oder gar nicht
Jasmin Ladurner mag keine halben Sachen.
Partschins - Sie ging bei den Landtagswahlen auf wie ein kleiner, heller Stern und ließ das Edelweiß trotz aller Stimmen- und Sitzverluste zumindest ein Stück weit neu aufblühen. Es ist die 24-jährige Partschinserin Jasmin Ladurner, die überraschend den Sprung in den Landtag geschafft hat. Wie das klappte, warum sie sich überhaupt für Politik interessiert, was sie bewegen will und warum sie grundsätzlich keine halben Sachen mag, verriet die jüngste Abgeordnete in der Geschichte des Landtags dem der Vinschger.
der Vinschger: Eine dumme Frage zu Beginn: Was macht eine so junge Frau bei einer so „alten“ Partei?
Jasmin Ladurner: Was heißt alt? Es gibt auch viele junge Menschen in unserer Partei. Ich habe zwar eine Weile überlegt, ob ich kandidiere, aber nicht für wen. Ich wurde auch von anderen Parteien gefragt. Für die SVP habe ich mich deshalb entschieden, weil es jene Partei ist, die für unser Land viel Positives und Gutes geleistet hat - was heutzutage leider oft nicht mehr gesehen und als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird - und die immer noch die besten Lösungen für die Probleme und Anliegen der Menschen in diesem Land zu bieten hat. Und weil ich in der SVP am besten mitgestalten und arbeiten kann. Das waren die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass ich Ja gesagt habe, als mich Obmann Philipp Achammer - ist der etwa alt? - gefragt hat, ob ich bereit wäre, zusammen mit dem erst 18-jährigen Alex Fischer als Vertreterin der JG anzutreten.
Wie haben Sie Ihre ersten Kontakte mit SVP-Funktionären und Ihre ersten Partei-Sitzungen erlebt?
Sehr positiv. Es wurde sehr offen und ungezwungen miteinander geredet, besonders auch in der JG. Der Wunsch nach Erneuerung, auch innerhalb der Partei, wurde oft geäußert. Ich sehe mich in diesem Sinn auch als Teil der Erneuerung und des Aufbruchs, als frischen Wind, den die SVP braucht. Die Partei muss immer darauf bedacht sein, sich zu öffnen und alle Leute offen anzusprechen.
Sie sind zwar erst 24, haben aber schon einige berufliche Erfahrungen gemacht, auch während Ihrer Studienzeit.
Nach dem Abschluss der HOB in Meran studierte ich zunächst Politikwissenschaften in Innsbruck. Als sich die Gelegenheit ergab, ein Semester in Israel zu absolvieren, sagte ich sofort zu, weil ich immer schon möglichst viel von der Welt kennenlernen und sehen wollte.
Und gearbeitet haben Sie auch?
Ja. Zunächst bei der Europäischen Volkspartei in Brüssel. Ich wollte dort eigentlich nur ein Praktikum absolvieren, nahm dann aber die Stelle, die man mir anbot, gerne an. Berufsbegleitend habe ich dann noch Wirtschaftswissenschaften in Berlin studiert und auch dieses Studium abgeschlossen.
Und auch beim Bundestagswahlkampf der CSU München mischten Sie mit?
Ich war die Wahlkampfleiterin von Bernhard Loos, der bei der Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis München-Nord das Direktmandat gewann. Parallel dazu habe ich als Politische Referentin für Staatsminister Ludwig Spaenle gearbeitet.
Hat diese Arbeit Ihre Lust geweckt, selbst politisch aktiv zu werden?
Ein politisch interessierter Mensch bin ich eigentlich schon von Kindheit an. Bei uns zu Hause ist es seit jeher normal, dass man zum Beispiel beim Marenden über Politik spricht. Es hat mich immer schon interessiert, wie das öffentliche Leben funktioniert und wie es gestaltet wird. Im Grunde ist ja alles Politik. Viel „politisiert“ habe ich auch mit meiner Tante Martina Ladurner, die längere Zeit selbst aktive Politikerin war.
Und von München sind Sie wieder zurück in die Heimat?
Ja, und zwar gerne. Die Jahre im Ausland haben mir gezeigt, in welch schönem Land wir leben. Auch das ist ein Grund dafür, warum ich mich für dieses Land und die Leute, die hier leben, einbringen möchte.
Wie kann man Sie vom Charakter her beschreiben?
Geradlinig, ausdauernd, authentisch und heimatverbunden. Alles, was ich mache, möchte ich immer zu 100 Prozent tun. Halbe Sachen liegen mir nicht. Das zeigt sich auch im Privaten, wo ich mich beim Bergsteigen und Sporteln immer wieder gerne selbst herausfordere, so z.B. heuer beim Skymarathon von Bozen ins Sarntal. Die Jasmin gibt es immer nur als „Gesamtpaket“. Also ganz oder gar nicht.
Dann werden Sie auch zu 100 Prozent Landtagsabgeordnete sein?
Ich sehe mein Mandat als Vollzeitjob. Die Arbeit, die ich im Jänner 2018 im Bereich Verkauf der Firma Doppelmayr in Lana begonnen habe, gefällt mir zwar sehr gut, aber ich werde ausscheiden, um mich ganz der Politik zu widmen. So verstehe ich den Wählerauftrag, dem werde ich Rechnung tragen.
Hatten Sie während des Wahlkampfes tatsächlich damit gerechnet, gewählt zu werden?
Mein Motto heißt immer: alles erhoffen, nichts erwarten. Ich habe viel Leidenschaft und persönliches Engagement in den Wahlkampf investiert. Umso mehr freue ich mich über das große Vertrauen. Ohne Unterstützung wäre das alles aber nicht möglich gewesen. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei meiner Familie, meinen Freunden und der JG. Und eines haben diese Landtagswahlen für mich klar gezeigt: um gewählt zu werden, braucht es keinen Verband, keine Lobby, kein riesiges Budget und auch keinen großen Bekanntheitsgrad.
Warum haben Ihnen 6.825 Wählerinnen und Wähler im ganzen Land ihr Vertrauen gegeben?
Mitentscheidend war sicher, dass ich wochen- und monatelang im ganzen Land unterwegs war. Ich klingelte an einigen tausend Haustüren, stellte mich vor, suchte das persönliche Gespräch und hörte zu. Zuhören ist ungemein wichtig.
Und was haben Sie oft gehört?
Die zwei größten Themen, die den Menschen unter den Nägeln brennen, sind zweifellos die Sanität und die Einwanderung. Sehr oft zu spüren war leider auch eine Verdrossenheit der Politik und allen Politikern gegenüber, egal welcher Partei sie angehören. Gerade als junge Politikerin möchte ich mich dafür stark machen, gegen diese Politikverdrossenheit anzukämpfen und die Leute wieder mehr für Politik zu begeistern, ganz besonders auch junge Menschen. Auch das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Wählens ist neu zu wecken. Deshalb werde ich auch weiterhin unterwegs und bei den Menschen sein.
Ist es aber nicht so, dass sich viele junge Menschen eher bei anderen Parteien zu Hause fühlen, etwa bei der Süd-Tiroler Freiheit?
Die Süd-Tiroler Freiheit und andere Parteien „spielen“ Themen, die viele junge Leute berühren. Viele „hupfen“ dem auf und bleiben einfach treu, ohne weiter nachzudenken. Als Junge Generation muss es uns vermehrt gelingen, alle wichtigen Themen aufs Tapet zu bringen, zu diskutieren und Lösungen anzubieten. Als eines der Beispiele möchte ich hier nur das leistbare Wohnen nennen. Eine erste Analyse der Landtagswahl zeigt, dass wir bei den 18- bis 30-jährigen Wählern stark zugelegt haben. Ein Schritt in die richtige Richtung, daran wollen wir anknüpfen.
Wie wollen Sie Ihre 6.825 Vorzugsstimmen im Landtag auf die Waage bringen?
Die Arbeit im Landtag ist für mich natürlich völlig neu und ich muss erst schauen, wie und was ich bewegen kann. Grundsätzlich sehe ich hinter jeder Stimme einen Vorschuss von Vertrauen, das ich nicht enttäuschen möchte. Politik hat insgesamt sehr viel mit Vertrauen zu tun. Mehr denn je.
Haben Sie nicht die Befürchtung, dass Sie als einfache Abgeordnete nicht viel werden ausrichten können?
Das ist ganz sicher nicht die Einstellung, mit der ich meine politische Arbeit angehen werde. Wie schon gesagt, werde ich 100-prozentig da sein und mich allen Aufgaben stellen. Zur reinen „Handaufheberin“ werde ich sicher nicht.
Welches sind die Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Jugend, Wirtschaft, Sport, Ehrenamt, Förderung von Klein- und Mittelbetrieben.
Apropos Wirtschaft: Nicht wenige sagen, dass die Grenzen so langsam erreicht sind, speziell im Tourismus.
Wir müssen uns bewusst sein, dass unsere Natur unser großes Kapital ist. Über kurz oder lang können und müssen wir deshalb nur über Qualität und nicht über Quantität punkten. Der Erhalt der Lebensqualität von uns Südtirolern sowie der Schutz der Natur machen Überlegungen bezüglich sinnvoller Grenzen notwendig. Noch einiges zu tun gibt es sicher auch im Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft und Tourismus. Hier hat unser Land noch viel Luft nach oben.
Eine dumme Frage zum Schluss: Fühlen Sie sich mehr als Burggräflerin oder als Vinschgerin?
Beide Bezirke haben eigene Stärken und Besonderheiten. Ich habe das Glück, genau in der Mitte zu leben.