Auf dem Gletscherlehrpfad mit Blick auf Zufallferner, Drei-Kanonen-Eiskogel, Suldenspitze und Langferner
Pietro Bruschi hat die Tagung in Martell koordiniert und die Wissenschaftler im hintersten Martell begleitet.
Nach der Pressekonferenz im Nationalparkhaus „culturamartell“ mit Stefano Perona, Georg Altstätter, Marco Giardino, Pietro Bruschi, Vanda Bonardo und einem Helfer (v.l.)

In Anbetracht der Gletscher

Umweltschützer und Gletscherforscher nahmen Abschied vom Naturphänomen Gletscher.

Publiziert in 29-30 / 2021 - Erschienen am 14. September 2021

Martell - Legambiente hatte das Monitoring, zu Deutsch die Überwachung von Prozessen, im Internetauftritt mit „Code rot für italienische Gletscher“ überschrieben. Dahinter steckte eine Bestandsaufnahme aller Gletscher auf Staatsgebiet durch den größten Umweltschutzverband Italiens. Sie erfolgte in Zusammenarbeit mit dem „Italienischen Komitee für Glaziologie (CGI)“ in Turin. Ausgehend vom Adamello-Gletscher zwischen der Lombardei und dem Trentino erreichte die „Carovana dei Ghiacciai“ am 26. August das Gletschergebiet zwischen Martell und Sulden. An der Spitze der Karawane stand in Martell Vanda Bonardo, die Präsidentin der Alpenkonvention CIPRA und bei Legambiente verantwortlich für den Bereich Alpen. Den wissenschaftlich-glaziologischen Part inne hatte Universitätsprofessor für physische Geographie und Geomorphologie Marco Giardino. Er ist Generalsekretär des Nationalen Glaziologen-Verbandes und damit verantwortlich für den „Glaziologischen Dienst des Club Alpino Italiano“ in Südtirol mit Koordinator Pietro Bruschi. Der Alpini-General in Ruhestand war als ausgezeichneter Kenner des Martelltals auch Koordinator für die „Expedition“ von Legambiente ins Plima-Tal. Auf ihn und Franco Secchieri geht nicht nur die Einrichtung eines „glaziologischen Lehrpfades“ in Hintermartell zurück, sondern auch ein reich bebilderter, 2020 erschienener Führer in Italienisch und Deutsch. 

Lokal reagieren und global beeinflussen

Die abschließende Pressekonferenz im Nationalparkhaus „culturamartell“ eröffnete Bürgermeister Georg Altstätter mit einem Dank an die Teilnehmer des „prominenten Besuchs“ und an General Bruschi, „einem echten Freund des Tales.“ Altstätter berichtete von den natürlichen Schönheiten seiner Gemeinde, aber auch von der Abwanderung, vom Überlebenskampf der kleinstrukturierten Landwirtschaft, vom Aufschwung durch den Erdbeeranbau und von anderen gelungenen Anpassungsversuchen. Der Begriff „Anpassung“ war dann auch ein Schlüsselwort in den Ausführungen von Vanda Bonardo, die über die Lebensqualität in Martell staunte und erklärte: „Wir möchten durch die Gletscherforschung den Menschen die Augen öffnen und sie zu Änderungen ihres Verhaltens bewegen.“ Auch sie würdigte die Arbeit von General Bruschi und des glaziologischen Dienstes des CAI und dankte der Führung des Nationalparks Stilfserjoch. Die Betreuung durch Nationalparkförster Guido De Monte bei der Exkursion von der Zufall-Hütte aus sei sehr wertvoll gewesen. Es folgte eine kurze Präsentation von Professor Marco Giardino über „Reaktionen auf die Klimaänderungen“. Kernsätze daraus waren: „Durch unsere Forschungen kennen wir die Szenarien und können daraus Schlüsse ziehen. Wir können nur reagieren, indem jeder einzelne seine Haltung ändert in der Mobilität, im Energieverbrauch und durch die Nutzung von nachhaltiger Energie. Ich habe Vertrauen, dass lokale Anpassungen globale Entwicklungen in Gang setzen.“ Zur Konferenz standen die Ergebnisse des Monitorings an Hohenferner, Fürkeleferner, Zufallferner (Cevedale-Gletscher) und Langferner bereits zur Verfügung. Sie lassen keine Zweifel offen und verdeutlichen schonungslos die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen. „In Anbetracht der Gletscher“ wird man in wenigen Jahrzehnten nicht mehr schreiben können. Zum Beispiel habe der Langenferner in den letzten 17 Jahren 20 Meter an Höhe (Durchmesser) verloren und sei zwischen 1979 und 2019 um einen Kilometer zurückgewichen. Der Rückgang habe von 2020 auf 2021 allein 28 Meter betragen. Die „Karawane der Gletscher“ wird zwischen 23. August und 13. September 2021 ins Friaul zum Gletscher Canin ziehen, besucht anfangs September das Gletscherfeld Calderone am Gran Sasso und endet am Gran Paradiso im Aostatal.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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