Der Saal im Gamperheim war voll besetzt.
Manfred Pinzger
Ulrich Innerhofer
Zwei Auszüge aus der Studie für den Bau einer Tiefgarage im Kapuzineranger; die Fläche in Orange im Bild rechts bezeichnet jenen Teil des Kapuzinerangers, der laut dem Komitee für den Bau der Tiefgarage genutzt werden könnte.
Zwei Auszüge aus der Studie für den Bau einer Tiefgarage im Kapuzineranger; die Fläche in Orange im Bild rechts bezeichnet jenen Teil des Kapuzinerangers, der laut dem Komitee für den Bau der Tiefgarage genutzt werden könnte.

„Keine Angst vor Befragung“

Thema „Tiefgarage im Kapuzineranger“ erhitzt die Gemüter. Bürgermeister Dieter Pinggera: „Diese Diskussion wird man führen müssen.“

Publiziert in 10 / 2024 - Erschienen am 23. Mai 2024

Schlanders - Es gab zwar einige emotionale Zwischenrufe, doch im Großen und Ganzen verlief der mit Spannung erwartete Infoabend zum Thema „Zukunftsgerichtete Lebensraumplanung für Schlanders“ - gemeint war der Bau einer Tiefgarage im Kapuzineranger im Ortszentrum - weitgehend sachlich. Dass das Thema vielen Bürgerinnen und Bürgern aus jeweils unterschiedlichen Gründen unter den Nägeln brennt, zeigte schon die Tatsache, dass der Saal im Gamperheim am 15. Mai bis auf den letzten Platz besetzt war. Zum Informations- und Diskussionsabend eingeladen hatte das Komitee „Effiziente Nutzung des Kapuzinerangers“. Dessen Vorsitzender Manfred Pinzger schickte voraus, dass im Komitee nicht nur Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaftsverbände, sprich des hds, des lvh, des HGV, des Unternehmerverbandes, des Tourismusvereins und auch des Bauernbundes, vertreten sind, sondern dass es auch seitens der Fraktionen Kortsch, Vetzan und Göflan sowie der Bergfraktionen ein starkes Interesse an zentrumsnahen Parkplätzen in Schlanders gebe. Zumal die Gemeinde das Kapuziner-Areal seinerzeit für rund 2,4 Millionen Euro angekauft hat, erachte es das Komitee für recht und billig, über die Nutzung des Areals nachdenken und auch Vorschläge machen zu dürfen. Mit den bereits erarbeiteten Vorschlägen zur Oberflächengestaltung des Kapuzinerangers sei das Komitee voll einverstanden, aber im Sinne einer auf die Zukunft ausgerichteten Entwicklung und Lebensraumplanung in Schlanders sei es notwendig, zentrumsnahe Stellplätze zu schaffen.

„Alternative ist nicht vom Tisch“

Bürgermeister Dieter Pinggera pflichtete den Aussagen von Manfred Pinzger in vielen Punkten zwar grundsätzlich bei, wies aber bestimmte Falschmeldungen und Unwahrheiten, die in den vergangenen Monaten in Umlauf gebracht worden seien, vehement zurück. Schlichtweg falsch sei es, dass der alternative Standort einer Tiefgarage auf einer Obstwiese der Familie Verdross hinter dem Haus der Lebenshilfe vom Tisch sei. Der Grundeigentümer habe sich zwar von der ersten Variante zurückgezogen, „ist aber bereit, den unteren Teil der Wiese für eine Tiefgarage zur Verfügung zu stellen und die Gemeinde hat das diesbezügliche Verfahren zur Eintragung in den Bauleitplan bereits in die Wege geleitet.“ Politisch gesehen stünde eine große Mehrheit nach wie vor hinter dieser „Variante 2“, die im Vergleich zum Standort Kapuzineranger fast gleichwertig einzustufen sei. Pinggera erinnerte auch daran, dass die Gemeindeverwaltung seit Jahren hinter der Errichtung einer Tiefgarage stehe und der Wirtschaft seinerzeit zugesichert habe, sich um eine Alternative zum Kapuzineranger zu bemühen, „was wir ja auch gemacht haben.“

„Nicht einmal die Hälfte des Angers würde genutzt“

Mit einer Reihe von Argumenten für den Standort Kapuzineranger bzw. gegen die „Verdross-Variante 2“ wartete Ingenieur Ulrich Innerhofer auf, der im Auftrag des Komitees eine Studie für den Bau unterirdischer Stellplätze im „Pateranger“ erarbeitet hatte. Für diesen Standort spreche u.a. die Tatsache, dass im Umkreis des Kapuzinerangers, speziell im Bereich der Grüblstraße, viele Menschen wohnen, die Parkplätze bräuchten. Der Bedarf an Stellplätzen für Anrainer sei groß. Laut der Studie könnten im Untergeschoss der Tiefgarage fast 80 Stellplätze errichtet werden, die von Anrainern erworben werden könnten. Im ersten Stock der zweigeschossigen Tiefgarage könnten rund 80 Kurzparkstellplätze entstehen. Mehrfach betont hat Innerhofer, dass weniger als die Hälfte des Angers „unterkellert“ würde. Die Oberfläche könnte problemlos bepflanzt werden, „auch mit Bäumen.“

Zu- und Abfahrt in Kapuzinerstraße

Die Zu- und Abfahrt würde in der Nähe der Glasfaser-PoP-Station in der Kapuzinerstraße errichtet. Im Eingangsbereich zum Anger in der Kapuzinerstraße sowie in der Mühlgasse könnten Ausgänge geschaffen werden. Die Variante „Verdross 2“ hält Innerhofer als Standort für Anrainer-Parkplätze nicht für geeignet. Offen sei überdies, ob diese Variante tatsächlich umgesetzt werden könne, „oder ob sich der Grundeigentümer auch von dieser Variante zurückzieht.“ Für Innerhofer ist der Standort Kapuzineranger der beste, um den Bedarf an zentrumsnahen Kurzparkplätzen sowie an Stellplätzen für Anrainer zu decken. Er erinnerte daran, dass bereits vor Jahrzehnen rund 80 Personen Interesse am Kauf von unterirdischen Stellplätzen bekundet hätten. Um eine größere Tiefgarage zu errichten, könnte auch die Nutzung des angrenzenden Tennisplatzes des Gamperheims angedacht werden, wofür es natürlich das Einverständnis des „Gamper Werkes“ bräuchte. Finanziert würde die Tiefgarage zur Gänze von privaten Investoren. Mit dem Bau der Tiefgarage könne der leidige „Parkplatz-Suchverkehr“, wie er vor allem an Markttagen - aber nicht nur - in Schlanders festzustellen sei, merklich eingedämmt werden. Neben Pinzger wies auch Innerhofer darauf hin, dass das Fehlen von zentrumsnahen Parkplätzen bei der Bürgerbefragung zum Gemeindeentwicklungsprogramm das am häufigsten genannte Anliegen war.

Wie viele Stellplätze gibt es wirklich?

Aus einer Aufstellung der Parkplätze in Schlanders, die Innerhofer vorlegte, ging hervor, dass es insgesamt 430 gebührenpflichtige sowie zusätzlich etwas mehr als 230 freie Stellplätze gebe. Rund 130 Parkplätze seien in den vergangenen Jahren weggefallen. Der Bürgermeister präzisierte, „dass wir derzeit in Schlanders über 1.000 Parkplätze haben.“ Zur mehrfach geäußerten Feststellung, dass es in Schlanders kein Parkleitsystem gibt und dass vor allem auch deshalb viele „Parkplatzsuchende“ durch das Dorf fahren, meinte Pinggera, dass es schwierig sei, ein solches System einzuführen, weil viele Parklätze nicht mit einem Schrankensystem ausgestattet seien.

Contra

Bei der von Markus Frings moderierten Diskussion kamen sowohl Argumente gegen, als auch für den Standort Kapuzineranger aufs Tapet. Seitens der Gegner hieß es u.a., dass es anachronistisch sei, im Dorfzentrum neue Parkplätze zu schaffen, weil damit nur zusätzlicher Verkehr erzeugt werde. Der Bau einer Tiefgarage im Zentrum sei heutzutage verkehrspolitisch und raumplanerisch ein Nonsens. Die Errichtung eines Erholungsparks mit hochstämmigen Bäumen sei auf der Oberfläche einer Tiefgarage nicht möglich. Von der Variante Kapuzineranger sei aus Respekt vor dem Kloster und vor der Klosteranlage insgesamt abzusehen, weil diese eine Oase der Ruhe im Dorf sei. Es müsse darum gehen, mehr Verkehr aus dem Dorf hinauszubringen und mehr Platz für Menschen zu schaffen, die zu Fuß unterwegs sind. Die Aspekte Natur und Umwelt würden in der Argumentation des Komitees und in der Studie von Innerhofer völlig fehlen.

Pro

Seitens der Befürworter wurde hingegen unterstrichen, dass der Kapuzineranger ein idealer Standort sei, um die Fußgängerzone und viele öffentliche Einrichtungen auf kurzen Fußwegen zu erreichen. Dass der Vinschger Hauptort zentrumsnahe Parkplätze brauche, sei unbestritten, und zwar nicht nur für Kunden, sondern auch für Mitarbeitende, die täglich aus Arbeitsgründen nach Schlanders fahren. Auch viele Leute aus den Fraktionen wünschen sich Parkplätze in Schlanders. Es sei illusorisch zu glauben, dass der Autoverkehr aus einem Ort wie Schlanders, der keine Stadt ist, in Zukunft ausgesperrt werden könne. Der Gemeinde wurde vorgeworfen, in Sachen Parkplatz-Beschaffung bisher nicht gerade wirtschaftsfreundlich gehandelt zu haben. Zusammenfassend resümierte Manfred Pinzger, „dass es unser legitimes Anliegen sein muss, offen und fair über eine Tiefgarage im Kapuzineranger zu diskutieren und Vorschläge zu unterbreiten.“ Er sei überzeugt, „dass im Kapuzineranger beides Platz hat“, eine Tiefgarage ebenso wie eine schön gestaltete Oberfläche. Ein gutes Beispiel dafür sei der Kapuzinergarten in Lana.

Wie geht es weiter?

Zur weiteren Vorgehensweise meinte Pinzger, dass die Entscheidung am Ende die Gemeinde, sprich der Gemeinderat, zu fällen habe. Das Komitee stünde für weitere sachliche und faire Gespräche und Diskussionen, natürlich auch zusammen mit den Gegnern des Vorhabens, bereit. Keine Angst habe das Komitee vor einer eventuellen Bürgerbefragung: „Wir können die Leute ja fragen und schauen, was herauskommt. Wir unsererseits würden im Falle einer Befragung natürlich alle Argumente, die für den Standort Kapuzineranger sprechen, klar positionieren.“ Die Anregung aus dem Publikum, die Pro- und Contra-Argumente sachlich und bei gemeinsamen Treffen zu vertiefen und abzuwägen, werde das Komitee aufnehmen. „Und auch Experten möchten wir mit ins Boot holen“, kündigte Pinzger an. Fest zu stehen scheint, dass die Debatte rund um den Bau einer Tiefgarage im „Pateranger“ jetzt neu aufgerollt wird. Selbst der Bürgermeister meinte: „Diese Diskussion wird man führen müssen.“

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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