Streichelnde Hände einer Pflegerin in der Intensivstation
Verantwortlich für den Aufklärungsabend in Schlanders waren (v.l.) Ramona Kuen, Ortsmarketing, Dunja Tassiello, Referentin, Barbara Holzgethan, Pflegerin, Andrea Pizzini, Filmemacher, und Dieter Pinggera, Bürgermeister.

Keine Verweigerer weit und breit …

… oder haben sie sich impfen lassen, um still und unerkannt in Deckung zu sitzen?

Publiziert in 35-36 / 2021 - Erschienen am 26. Oktober 2021

Schlanders - Neben Filmemacher Andrea Pizzini und Krankenpflegerin Barbara Holzgethan waren Arbeitskolleginnen, zwei wichtige Schlanderser und etwa 30 Interessierte anwesend. Verschwindend wenig im Theatersaal des Kulturhauses Karl Schönherr. Lag es am Titel? Unter „Wellenbrecher“ konnten sich schnelllesende Zeitgenossen nichts vorstellen; am wenigsten, dass die Auswirkungen einer Pandemie dokumentiert werden. Für die Gemeindereferentin Dunja Tassiello jedenfalls war klar, die Pandemie sei noch nicht vorbei und man solle bestimmte Dinge nicht vergessen, auch wenn oder obwohl die Politik oft Fehler gemacht habe. Bürgermeister Dieter Pinggera machte sich keine Illusionen: „Ich bin nicht von großem Interesse ausgegangen. Ich hoffe aber, dass die, die da sind, einen eindrucksvollen Abend verbringen und als Multiplikatoren einen Beitrag dazu leisten, durch Fakten Fehleinschätzungen und Verschwörungstheorien richtig zu stellen. Wer glaubt, die Pandemie hat es nie gegeben, der oder die sollte einen Tag auf der Intensivstation verbringen.“ Selbst der aus Salurn stammende Vortragende, Andrea Pizzini, erklärte, von der Krankheit stuff zu sein. Es gehe aber nicht um Corona, sondern um die kleinen Geschichten jener Personen, die bis zu Erschöpfung in den Intensivstationen arbeiten. Ein Gespräch mit Barbara Holzgethan habe zu den Bildern und Filmaufnahmen in der Intensivstation angeregt, erklärte Pizzini. Er eröffnete mit einem kurzen Ausschnitt aus dem Film Sauerstoff, „Oxygen“. 

Den Patienten nahe sein

Atmungsgeräte waren zu sehen, Todesängste im Gesicht schwer atmender Patienten, streichelnde Pflegerinnenhände und Kranke, die sich daran festkrallten. „Ärzte und Pfleger*innen müssen jenen Kranken Wärme spenden, die über Wochen und Monate allein auf der Intensivstation ausharren“, erzählte Pizzini. Die Nähe der Ärzte und Pfleger sei das Schönste gewesen, das er gesehen habe, trotz „horrender Arbeitsstunden und dramatischer Situationen“. Das habe ihn auch bewegt, immer wieder die Stationen der Krankenhäuser Bozen und Meran aufzusuchen. Die schrecklichsten Momente, die er als Filmer erlebt habe, seien die ersten Stunden und Tage auf der Intensivstation gewesen, in denen man abwartet, ob die Intubation notwendig sei. Oft gesehen habe er Mütter und schwangere Frauen und immer wieder junge Patienten, die überzeugt gewesen seien, nie vom Virus befallen zu werden. Die vielen jungen Patienten seien im Dezember 2020 eine erste Überraschung für ihn gewesen, die zweite seien das Aufwachen und Einschlummern der sogenannten Koma-Patienten, die alles mitbekämen. Fertig gemacht habe ihn die Tatsache, dass sie oft unter Albträumen leiden. Corona-Leugner hätten ihm auf der Intensivstation Interviews verweigert, weil sie sich schämten. Es folgten Eindrücke von Barbara Holzgethan, Pflegerin auf der Intensivstation des Meraner Krankenhauses. Sie schilderte den Vorgang des Intubierens und den Luftröhrenschnitt und meinte: „Wenn ich gewusst hätte, was mich auf der Station erwartet…“. Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Die Frage aus dem Publikum, warum man sich angesichts solcher Bilder nicht impfen lasse, konnte sie auch nicht beantworten.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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