Kommentar: Klares Ja für den Stillstand
Publiziert in 44 / 2016 - Erschienen am 7. Dezember 2016
Die Verfassungsreform, die der scheidende Ministerpräsident Matteo Renzi den Italienern am Sonntag zur Abstimmung vorlegte, war sicher nicht die beste. Aber trotz aller Mängel, angefangen bei der zentralistischen Ausrichtung, hatte die Reform auch gute Ansätze. Italien hätte die Chance gehabt, veraltete Staatsinstitutionen ein Stück weit zu erneuern, einen Teil der teuren „poltrone“ abzuschaffen, sich etwas mehr an Europa anzunähern, stabiler und insgesamt moderner zu werden. Daraus wird nun vorerst nichts. Das italienische Wahlvolk hat die Reform klar und deutlich abgelehnt. Das ist natürlich zu respektieren. In meinen Augen war es ein Votum für den Stillstand. Bedauerlich ist, dass viele Wähler wohl weniger an die Reform, sondern mehr an das Überleben bzw. den Sturz des Premiers Renzi dachten, als sie mit Ja oder Nein stimmten. Die aus der Reihe tanzende Ja-Mehrheit in Südtirol gründet sicher auch darauf, dass es den Befürwortern gelungen ist, die Mehrheit davon zu überzeugen, dass Italien eine Reform braucht und dass Südtirols Autonomie dabei aufgrund der ausgehandelten Schutzklausel nicht unter die Räder kommen würde. Das ist jetzt aber alles nur mehr theoretisches Geplänkel. Tatsache ist, dass „unser“ Staat vorerst weiter auf der Stelle tritt und dass auch Südtirol in punkto Autonomie vorerst keine großen Schritten machen wird. Welche Auswirkungen das Nein auf die Wirtschaft und auf Europa haben wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass Grillo jetzt noch lauter schreien wird. Eine viel wohltuendere Stimme ist nach der Bundespräsidentenwahl in Österreich zu hören. Mit dem Kaunertaler Alexander Van der Bellen zieht übrigens ein Vinschger Nachbar in die Wiener Hofburg ein.sepp
Josef Laner