Leseplagen
Publiziert in 35 / 2016 - Erschienen am 5. Oktober 2016
In Spielwarengeschäften fällt immer öfter auf, dass Produkte mit dem gut sichtbaren Hinweis „Spielen ohne Regellesen“ beworben werden. Auch bereits millionenfach verkaufte Bestseller buhlen damit um weitere Spieler. Das Lesen und Verstehen von Anleitungen scheint ein Hindernis zu sein. Sicherlich, das Verfassen einer knappen und gleichzeitig klaren Anleitung ist hohe Kunst, die nicht alle Firmen beherrschen. IKEA hingegen hat diese mittlerweile perfektioniert und lässt ohne Worte sogar mittelmäßig Begabte zu Heimwerkerkönigen werden. Die meisten Brettspiele sind – vor allem wenn sie auf Dauer faszinieren sollen – doch komplexer als ein Billy-Regal oder Lack-Beistelltisch. Die angebotenen Erklär-Apps für Handys, mit denen Kinder und Jugendliche das Lesen umgehen können, sind aber nicht unbedingt eine Hilfe für die engagierte Leseförderung von Schulen und Bildungsressorts. Da Smartphones in Italiens Wahlkabinen verboten sind, wird es beim Referendum über die Verfassungsreform am 4. Dezember damit schwierig werden. Da hilft es dann doch, wenn man selber Texte lesen und verstehen kann. z

Christian Zelger