„Man muss sich drum kümmern“
Bürgermeister Jürgen Klotz blickte auf 3 Amtsperioden zurück. Zur Plauser Lebensqualität hat er mit großem Einsatz beigetragen. Sein Wahlspruch war und ist: „Man muss sich drum kümmern und immer vor Ort sein“.
Plaus - Die kleinste Gemeinde zwischen Reschenpass und Töllgraben liegt mitten in den Obstplantagen – sozusagen in einem glücklichen Abseits von lauten Verkehrsströmen. Sie ist dadurch der perfekte Ausgangspunkt für Wanderungen, für leichte und schwere Radtouren. In unmittelbarer Nähe stehen 3 Kabinenseilbahnen. Mit Bus und Zug ist Plaus an die Welt angebunden. Luis Stefan Stechers „Totentanz“ an der Kirchenmauer ist gefragter Kunstgenuss. Die ältere Plauser Kirche ist dem Hl. Ulrich geweiht. Durch den neuen Kirchenbau zur Hl. Monika unter Bürgermeister Klotz wurde Plaus zum Wallfahrtsort. In Plaus hat die Bevölkerung zwischen 1981 und 2009, dem Amtsantritt von Jürgen Klotz als Bürgermeister, um 350 und bis heute um weitere 60 Personen zugenommen.
der Vinschger: Herr Bürgermeister, nehmen wir an, Sie sind Touristiker und wollen einen Gast aus dem deutschen Sprachraum zu einem längeren Urlaub in Plaus bewegen. Wie würden Sie Ihr Dorf oder Ihre Gemeinde anpreisen, um den Gast zu überzeugen?
Jürgen Klotz: Ganz klar würde ich Plaus als die heimliche Mittelpunktgemeinde des Untersten Vinschgau bezeichnen. Wir liegen zwischen den Tourismushochburgen Naturns, Partschins und Meran und damit in idealer Entfernung zu den Kabinenseilbahnen Unterstell in Naturns, Giggelberg in Partschins und Aschbach in der Gemeinde Algund. Der Vinschger Radweg, der Bahnhof im Dorf und die Haltestelle des früheren Gästebusses – heute eine eigene Landeslinie – im Dorfzentrum ermöglichen stressfreie Mobilität in alle Richtungen. Zu Fuß oder mit dem Rad. Man braucht nicht einmal ein Elektro-Bike. Plaus liegt flach, flacher geht‘s nicht. Die höchste Erhebung im näheren Umfeld ist die Brücke über die Etsch. Plaus ist von Kultur umgeben mit dem Naturparkhaus Texel in Naturns, dem Eisenbahn-Museum in Rabland, dem Schreibmaschinen-Museum in Partschins dem Kaiserin Sissi-Museum auf der Töll und nicht zuletzt mit dem in Südtirol einzigartigen Totentanz von Luis Stefan Stecher. Wär‘ das nicht überzeugend genug?
Beeindruckend! Wissen alle 757 Plauser von diesen Vorteilen und Möglichkeiten?
Ich hoffe. Die Mehrheit ist natürlich nicht im Tourismus beschäftig, aber ich glaube, dass wir Verwalter in den letzten Jahren einiges beigetragen haben, dass sich die Lebensqualität aller Bürger merkbar verbessert hat. Wir sind zwar eine kleine Gemeinde, aber es gab und gibt trotzdem viel zu tun. Es sind jeden Tag Unterschriften zu setzen, Entscheidungen zu treffen und Aufgaben zu erledigen. Du musst da sein, wenn du fürs Dorf etwas erreichen willst. Wir möchten nicht nur alle öffentlichen Gebäude auf Vordermann bringen, energetisch meine ich. So haben wir für die energetische Sanierung des Rathauses 85% der Kosten aus dem EFRE Projekt decken können. Ebenso beim Pixner-Haus ...
Bitte eine kurze Erklärung zu EFRE
Dahinter steckt der „Europäische Fonds für regionale Entwicklung“. Das Projekt soll regionale Ungleichgewichte ausgleichen. Über dieselbe Schiene wie das Rathaus haben wir auch das Pixnerhaus saniert und erweitert. Jetzt sind wir dabei, die Sportanlagen zu sanieren. Zuvor wurden der Kindergarten und das Schulhaus auf Vordermann gebracht. Auch an die Feuerwehrhalle wird gedacht. Wir möchten vom Gas wegkommen und alles auf Wärmepumpen, dem Heizungssystem der Zukunft, setzen. Bekanntlich steht das Grundwasser bei uns sehr hoch. Dadurch haben wir die Wassertemperatur einsetzen können und eine hohe Energieeffizienz erreicht. Bei Kindergarten, Schule, beim Rathaus und Pixnerhaus ist Gas kein Thema mehr. Dasselbe wird bei den Sportanlagen, der Feuerwehrhalle und beim Jugendtreff geschehen, immer in Kombination mit Fotovoltaik.
Da haben Sie aber was vor. Wahrscheinlich reicht die nächste Amtsperiode gar nicht.
Einiges hat sich zumindest schon getan. Übrigens, wir waren eine der ersten Gemeinden, die einen „KlimaPlan“ genehmigt bekam. Inzwischen haben wir die gesamte Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt und die Kosten durch Stromsparen gesenkt. Alle öffentlichen Gebäude sollen umgerüstet werden.
Es zeichnen sich paradisische Zustände ab bei Ihnen in Plaus. Dabei haben wir noch gar nicht von den 2 größten Projekten der letzten 10 Jahre gesprochen. Was haben die neue Kirche und der Titel Wallfahrtsort bewirkt und wie weit ist man mit der Sanierung des ältesten Hauses von Plaus, dem Pixnerhaus?
Ja, wir freuen uns schon über Südtirols einziger Monika-Kirche, die Plaus zu einem Wallfahtsort gemacht hat. Heuer hat der Heimatpflegeverein Naturns-Plaus am 27. August, Patrozinium der Hl. Monika, eine landesweite Trachtenwallfahrt organisiert – mit feierlichem Einzug vom Widum aus.
Und die alte Ulrich-Kirche? Erfüllt sie noch einen Zweck?
Dort wurde ein Bildschirm angebracht. Damit kann man die Plauser Geschichte verfolgen. Hin und wieder finden auch Trauungen statt. Am 4. Juli, am Tag des Hl. Ulrich, wurde sogar ein Theater aufgeführt. Die neue Kirche kann man sich nicht mehr wegdenken. Vorher konnte sie sich niemand vorstellen. Genauso ist es mit dem Pixnerhaus passiert. Auch dort konnte man sich kaum vorstellen, was aus einem alten Haus entstehen kann. Viel mehr wert als das Architektonische oder die Außengestaltung ist die Tatsache, dass das Haus von den Vereinen angenommen worden ist. Das ganze Vereinsleben ist aufgeblüht. Es ist ein Bildungsausschuss entstanden. Heute sind viele Vereine aktiv, früher gab es höchstens ein „Feuerwehrfestl“ und ab und zu eine Aktion des Sportvereins. Zudem ist eine freie Fläche entstanden, die zu einem späteren Zeitpunkt verschiedenen Verwendungen zugeführt werden könnte.
Also stehen der kleinen Gemeinde große Unternehmungen bevor. Langweilig wird es dem Bürgermeister nicht.
Für den Umbau an den Sportanlagen, speziell der Umkleidekabinen wurden 1 Million Euro vorgesehen. 500.000 Euro kommen aus dem EFRE-Projekt. Weil wir das Projekt Sanierung und Verbesserung der Straße nach Birchberg (Fraktion auf 1.220 m ü. d. M.) rechtzeitig eingereicht haben, werden wir über das Amt für Bergwirtschaft eine 100%-ige Förderung erhalten. 2023 sind für Felssicherungsarbeiten und für Verbreiterungen über 800.000 Euro verbaut worden. Heuer wurden mehr als 1,3 Millionen Euro investiert. Fürs nächste Jahr müssen 260.000 Euro aufgebracht werden. Inzwischen haben wir bis zum letzten Bergbauernhof am Birchberg gleichzeitig mit der Kanalisiereung schon Glasfaser-Kabel verlegt. Die 10 Birchberge Höfe, davon einer auf Naturnser, ein anderer auf Algunder Gemeindegebiet, wurden von Plaus aus erschlossen.
Unterm Strich: An öffentlichen Projekten habt ihr im nächsten Jahr die Sanierung der Sportanlagen und der Feuerwehrhalle vorgesehen?
Genau. Vorgesehen ist auch die Sanierung eines Abschnittes des Untermelsweges und eines Weges in der Handwerkerzone. Die Überprüfung aller Brücken hat ergeben, dass eine nachgebessert werden muss.
Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Naturns?
Momentan eher weniger. So haben wir z.B. das Recycling, den Bauhof, die Pflege aller Straßen und Parkanlagen einer privaten Firma – einer Sozialgenossenschaft – übergeben. Beim Bauamt, öffentlichen Arbeiten und der Beschäftigung des Gemeindesekretärs bestehen Übereinkommen mit der Gemeinde Schnals.
Was wäre, wenn die Landesregierung plötzlich beschließt, kleinere Gemeinden – Plaus ist die kleinste im Tal – mit größeren zusammen zu schließen?
(belustigt lächelnd): In der Tat plädiert das Land für eine übergemeindliche Zusammenarbeit und ein Zusammenlegen von Diensten. Es gibt sogar Förderungen dazu. Dieses Thema haben wir kürzlich bei einem Besuch der Partnergemeinde Weisenheim am Berg besprochen. Da gab es nur Klagen über schwerfällige Verbandsgemeinden ohne Kompetenzen und Mitteln. Unser Weg hat sich als richtig erwiesen. Als ich 2009 das 1. Mal zum Bürgermeister gewählt worden bin, lastete auf der Gemeinde Plaus ein Schuldenberg von 1,1 Millionen Euro. Heute hat Plaus eine Restschuld von 126.000 Euro. Auf jede Bürgerin und jeden Bürger entfielen damals 77 Euro, heute beträgt die Pro-Kopf-Verschuldung 30 Euro. Wenn du vor Ort bist, hast du die Anliegen sofort vor dir, dann erreichst du etwas. Man kann sich nicht nur auf die fix vom Land zugesprochenen Mitteln verlassen. Es gibt EFRE, es gibt Landesbeiträge, es gibt Staatsbeiträge, es gibt PNRR-Gelder, das sind EU-Mittel zum „Nationalen Plan für Aufbau und Resilienz“. Du musst aber ansuchen, du musst dahinter sein. Du musst wissen, was sich tut. Du musst dich kümmern.
Anderes Thema! Wie schaut Ihre Zukunft als Bürgermeister aus? Wie könnte ein zukünftiger Plauser Gemeinderat zusammengesetzt sein?
(knapp und bestimmt) Noch sind wir nicht im Wahlmodus. Wir haben beschlossen, uns darüber erst dann Gedanken zu machen, wenn 1. der Wahltermin steht – der ist kürzlich auf den 4. Mai 2025 festgelegt worden – und 2. wenn der Regionalrat über die Mandatsbeschränkung entschieden hat.
Wer ist derzeit Obmann oder Obfrau der Südtiroler Volkspartei und wer steht der Bürgerliste vor?
Für die SVP ist Claudia Seeber Obfrau. Die Mitarbeiterin in der Verwaltung des Krankenhauses Meran ist Präsidentin des Konsortiums Seniorenwohnheim St. Zeno, Naturns.
Wird die für Plaus seit 2009 bestehende, erfolgreiche Zusammenarbeit der Mehrheitspartei mit der oppositionellen Bürgerliste fortgesetzt? Gibt es die Bürgerliste noch?
In der Tat, unsere Zusammenarbeit zum Wohle des Dorfes und ohne Partei-Geplänkel hat sich tatsächlich bewährt. Wie es bei der Bürgerliste weitergeht, müsste man sie fragen.