Diese zwei Varianten einer Eisenbahnverbindung Engadin-Vinschgau werden nun einer detaillierten technischen Untersuchung unterzogen.

Mehr als nur ein Traum

Publiziert in 35 / 2016 - Erschienen am 5. Oktober 2016
Studie über Bahnverbindung Engadin-Vinschgau wird vertieft. Hochinteressante Vorträge und hochkarätige Referenten bei Tagung in Prad. Prad - Ingenieure, Professoren, Fachleute und Experten aus mehreren Ländern befassten sich vom 30. September bis zum 2. Oktober bei einer internationalen Fachtagung in Prad mit dem Thema „Verkehrswege in den Alpen.“ Es war der aus Prad gebürtige und in Prad aufgewachsene Ingenieur Gert Karner (Karner Ingenieure GmbH in München), der für das heurige „Symposion Bau-Geo-Umwelt“ seinen Heimatort Prad ausgewählt hatte. Beim öffentlichen Teil der von Fachverbänden aus Deutschland, Österreich und Südtirol getragenen Veranstaltung, für die übrigens Landeshauptmann Arno Kompatscher die Schirmherrschaft übernommen hatte, stand vor allem ein Thema im Mittelpunkt des Interesses, und zwar die Eisenbahnverbindung Engadin-Vinschgau. Landesrat Florian Mussner sagte in seinen Grußworten, „dass man sich über eine Zugverbindung mit der Schweiz immer mehr konkrete Gedanken macht.“ Zwei Varianten werden näher untersucht Eine bereits vor einigen Jahren erstellte Studie werde nun weiteren technischen Überprüfungen unterzogen. Die Ergebnisse sollen bis August 2017 vorliegen. Ovidio Martini, der im Mobilitätsressort des Landes den Eisenbahnbereich koordiniert, stellte jene zwei Verbindungs-Varianten vor, die nun näher im Detail überprüft werden sollen. Es ist dies einmal eine 29 km lange direkte Anbindung Mals-Scuol und eine 42 km lange Anbindung von Mals über Taufers und Müstair nach Scuol. Auch die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Varianten in Bezug auf die Umwelt, die Landschaft, den Tourismus und die Wirtschaft insgesamt zeigte Martini auf. Die Gesamtkosten für die Direktverbindung bezifferte er mit ca. 1 Milliarde Euro, während der Bau der längeren Variante über 1,4 Milliarden Euro kosten würde. Dass eine Umsetzung des Vorhabens nur mit einem gemeinsamen Finanzierungsmodell möglich ist (EU, Schweiz, Italien, Südtirol), hatte bereits Mussner vorausgeschickt. EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker habe dem Landeshauptmann Arno Kompatscher zugesichert, dass mit EU-Mitteln gerechnet werden könne, „auch wenn die Schweiz nicht EU-Mitglied ist.“ Tunnel-Tummelplatz Auf die Vielzahl historischer Eisenbahnprojekte im Ortlergebiet und darüber hinaus im Zeitraum von 1900 bis zum Zweiten Weltkrieg blickte Professor Wolfgang Wirth zurück. Das Ortlergebiet sei geradezu ein Tunnel-Tummelplatz gewesen. Auch über die Planungen und über erste Arbeiten zur Errichtung der Reschenscheideckbahn Landeck-Mals in den Jahren 1918 und 1944/45 informierte Wirth, über die Engadin-Orientbahn, die Fernpass-Ortlerbahn und weitere Bahnprojekte zur Überquerung der Alpen, die nie verwirklicht wurden. Detail am Rande: Professor Wirth ist zwar Verkehrsplaner, hat aber keinen Führerschein. „BBT ist eine europäische Lebensader“ In die Gegenwart zurückgeführt wurden die Zuhörer von Konrad Bergmeister, dem technischen Geschäftsführer des Brennerbasistunnels. Er verwies auf die europäische Dimension dieser im Bau befindlichen Brenner-Transversale, informierte über den derzeitigen Stand der Arbeiten und beleuchtete den Mehrwert, den der 64 km lange Eisenbahntunnel (Innsbruck-Franzensfeste) für gemischten Personen- und Güterverkehr bringen soll. Von besonderer Bedeutung seien die Zulaufstrecken. Bergmeister zeigte sich zuversichtlich, dass der längste Eisenbahntunnel der Welt, der insgesamt über 8 Milliarden Euro kosten dürfte, bis 2026 fertiggestellt sein wird. Für Landesrat Florian Mussner ist der BBT ein Umweltprojekt. Zum Verkehr insgesamt meinte er, „dass es mit dem Individualverkehr nicht mehr so weitergehen kann wie bisher.“ Die Landesverwaltung versuche, noch stärker auf den öffentlichen Verkehr zu setzen und auch auf die Elektromobilität. Als derzeit prioritäre Vorhaben nannte er die Elektrifizierung der Vinschgerbahn, das Umbau­projekt im Bahnhof Bozen und die Riggertalschleife. Seilbus-Netzwerk Ingenieur Karl Trojer aus ­Terlan stellte sei innovatives Seilbus-Netzwerk-System vor. Mit „Skybus-Network“ kann es laut Trojer gelingen, den Straßenverkehr zu entlasten und eine bessere Lebensqualität für Städte und Dörfer zu erzielen. Die Idee hinter dem Ganzen: Automatisch gesteuerte, selbstfahrende Skybusse (bis zu 35 Personen je Bus), abgehängt von fixen Tragseilen oder Schienen, bewegen sich ohne Zugseil fort. Seilbahn der Superlative Über den derzeit laufenden Neubau der Eibseebahn auf die Zugspitze ((2.962 Meter) berichtete der Ingenieur und Bauverantwortliche Peter Huber aus Garmisch-Partenkirchen. Das ca. 50 Mio. Euro teure, technische Meisterwerk mit der weltweit höchsten Stahlstütze (127 Meter) soll bis Ende 2017 fertiggestellt sein. Huber erinnerte daran, dass die Bahn zu 100% in öffentlicher Hand ist (Kreishauptort Garmisch-Partenkirchen). Dadurch kann verhindert werden, dass sich Private mit der Bahn eine goldene Nase verdienen. Über die nicht einfachen Vermessungsarbeiten im Vorfeld der Errichtung der höchsten Seilbahn der Welt informierte Ingenieur Martin ­Goelz, Geschäftsführer von „Karner Ingenieure“. Ins Staunen brachte das Publikum auch Florian Siegert mit seinen Ausführungen über die 3D-Visualisierung und deren vielfältigen Möglichkeiten der Anwendung. Mit dieser Technik werden technische Zeichnungen wie z.B. Wanderkarten, und zweidimensionale Daten zu dreidimensionalen virtuellen Modellen oder Räumen konvertiert. Lob für Gert Karner Bürgermeister Karl Bernhart dankte Gert Karner für die Wahl von Prad als Austragungsort der Fachtagung und für die gute Vorbereitung und Organisation. Dass auch ein öffentlicher Teil miteingeplant wurde, begrüßte er in besonderem Maß. Sepp
Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.