Dominik Plangger und Claudia Fenzl

„Nichts kann ein Livekonzert ersetzen!“

Dominik Plangger über seine derzeit schwierige Arbeit als Musiker in Wien, über die steigende Frust in der Branche, über seine erste Sehnenscheidenentzündung, seine Sehnsucht nach Stilfserbrücke und Laas und warum er derzeit kein Politiker sein möchte.

Publiziert in 5-6 / 2021 - Erschienen am 18. Februar 2021

der Vinschger: Herr Dominik Plangger, im Mai 2020 haben Sie mit dem Song „namenlose“ aufhorchen lassen. Sie wollten damals am Beispiel mexikanischer Landarbeiter, die beim Flug in ein Abschiebe-Zentrum das Leben verloren hatten, darauf aufmerksam machen, dass das Leid dieser Menschen nicht weniger geworden ist. „Auch in dieser Zeit, wo alles im Schatten von Corona steht, sollten wir diese Menschen nicht vergessen“, sagten Sie vor rund 10 Monaten. Das Corona-Virus hat uns leider noch immer fest im Griff. Wie hat sich die Pandemie auf ihre Tätigkeit als Musiker ausgewirkt?

Dominik Plangger: Im Februar 2020 habe ich mit Claudia Fenzl das letzte Konzert gespielt. Das gemeinsame Musizieren, die Konzerte, das Publikum, das alles fehlt mir schon sehr! Zum Glück hat meine Frau noch ein fixes Einkommen, und ich bekam Coronahilfe in Österreich, doch langsam wird es schon eng. Durch die ausgefallenen Konzerte 2020 fehlt vielen Musikerinnen und Musikern zum Beispiel das AKM (SIAE) Geld, ein nicht zu unterschätzender Posten im Jahreseinkommen. 

Wie kommen Musiker und andere Künstler in Wien mit den Einschränkungen zurecht?

Der Frust ist groß in der Branche, neben der Gastronomie sind wir wohl am stärksten von der Pandemie betroffen. Wobei mir vorkommt, dass im Kultursektor eher nach Lösungen gesucht wird. Aber so langsam geht vielen schon die Luft aus ...

Hier in Südtirol wird immer wieder beanstandet, dass die Kultur im Rahmen der öffentlichen Hilfsmaßnahmen weitgehend untergeht. Der Bereich Kultur wird nicht als systemrelevant eingestuft. Ist die Situation in Wien eine andere oder anders gefragt: Gibt es ausreichend Überstützung für die Kulturschaffenden?

 Hier in Österreich ist es ähnlich, es gibt jedoch finanzielle Hilfe vom Staat, die einem wenigsten erlaubt, die Kranken- und Pensionsversicherung zu decken. Ich bin aber auch ein Ein-Mann-Betrieb, müsste ich Mitarbeiter bezahlen oder Miete für Betriebsräumlichkeiten, sähe die Sache nochmal anders aus.

Wie sieht Ihr konkreter Alltag seit dem Ausbruch der Pandemie aus?

Ich bringe meine Tochter in den Kindergarten und hole sie wieder ab. Dazwischen habe ich so viel Gitarre geübt, dass ich eine Sehnenscheidenentzündung bekommen habe, das ist mir noch nie passiert... Das kommt vom Zuviel-Zuhause sein! 

Wie gelingt es Ihnen, mit Ihrem Publikum in Kontakt zu bleiben?

Durch die sozialen Medien gelingt es recht gut, mit dem Publikum in Kontakt zu bleiben. Wir haben zwei Streaming-Konzerte auf Facebook veranstaltet, die sehr gut angenommen wurden. Ich habe jetzt einen Blog auf meiner Homepage gestartet, damit ich auch mit den Menschen außerhalb von Facebook und Co. in Kontakt bleiben kann. Doch nichts kann ein Livekonzert ersetzen, das ist klar! 

Haben Künstler in Zeiten wie diesen überhaupt noch Lust und Kraft genug, kreativ zu sein?

Ich kann das nur für mich persönlich beantworten. Natürlich fehlen die Begegnungen und Geschichten, die mit Freunden und unterwegs passieren, wenn man auf Tour ist. Auf der anderen Seite genieße ich die Zeit mit Claudia und meiner Tochter Mavis. Ich habe viele Pläne, doch in diesen Zeiten ist es schon schwieriger, sich zu motivieren... An schlechten Tagen fragt man sich dann, wozu das alles?

Gibt es Termine für Livekonzerte?

Die Deutschland-Termine für März sind alle abgesagt, die Termine in Südtirol stehen bis jetzt noch: 23. April im UFO Bruneck, 24. April im Stadtheater Gries Bozen und 25. April im „aquaprad“ in Prad.

Welche Botschaft möchten Sie an die politisch Verantwortlichen in Wien und in Ihrer Heimat Südtirol loswerden?

Diese Pandemie verlangt uns allen viel ab, ich möchte gerade auch kein Politiker sein und über Maßnahmen entscheiden müssen. Ich wünsche mir aber, dass besser kommuniziert wird mit den Menschen, dass ihre Fragen und Sorgen ernst genommen werden. Es herrscht Verunsicherung und Angst vor der Zukunft, da muss man schon sehr genau abwägen zwischen Bekämpfung der Pandemie und den gesellschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen

Was haben Sie persönlich aus der Corona-Krise gelernt?

Leider hat diese Krise bei mir einen Eindruck von mangelnder Solidarität in der Gesellschaft verstärkt, das war für mich schon vor Corona eines der größten Probleme. Dabei würde ich mir wünschen, dass die erzwungene soziale Isolation des vergangenen Jahres uns zeigt, dass wir andere Menschen, Nähe, Zusammenhalt brauchen! Für Egoisten, die es als Angriff auf ihre Freiheit sehen, wenn sie zum Einkaufen eine Maske tragen müssen, während völlig überlastetes Gesundheitspersonal Überstunden in voller Schutzmontur schiebt, habe ich wenig Verständnis. Und neben Nazis und Rechten zu marschieren, dafür gibt es in meinen Augen keine Rechtfertigung!

Sie leben und arbeiten schon seit vielen Jahren in Wien. Wie stark ist noch Ihre Verwurzelung mit Stilfserbrücke, wo Sie aufgewaschen sind, mit Laas, wo Sie lange Zeit lebten, und mit dem Vinschgau insgesamt?

Ich besuche jedes Jahr zu Weihnachten die Verwandtschaft in Stilfserbrücke und bin sehr froh, in diesem kleinen Bergdörfchen aufgewachsen zu sein. Es war eine sehr schöne Kindheit. In Laas habe ich meine ganze Jugend verbracht, die Laaser kennen meine dunkelsten Abgründe… Ich mag dieses Dorf, die Laaser haben mir damals ein Zuhause gegeben. Die „Krone“ in Laas mit der Maridl war eine Insel der Seligen für mich. Leider habe ich fast nie Zeit, Laas zu besuchen, weil wir nur selten in Südtirol sind und dann vor allem Zeit mit meinen Eltern und der Familie verbringen wollen. 

Sie sind nicht nur ein sozialkritischer Liedermacher, sondern auch Poet. Was hat es mit Ihrem Notizblog auf sich, den Sie kürzlich im Internet eingerichtet haben?

Die Idee kam nach dem ersten Online-Konzert auf Facebook. Ich wollte eine Möglichkeit schaffen, auch mit Menschen, die kein Facebook oder Instagram haben, in Kontakt zu bleiben. Neben der Musik war mir die Kommunikation mit meinem Publikum bei den Konzerten immer wichtig, das kann zwar so ein Blog nicht ersetzen, aber besser als nichts! 

Nehmen wir an, Sie hätten 3 Wünsche frei, welche wären das?

Dass meine Liebsten gesund bleiben, dass wir diese Pandemie bald überwinden und dass wir als Gesellschaft mehr Zusammenhalt finden.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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