Schule trifft Unternehmen
Publiziert in 14 / 2016 - Erschienen am 13. April 2016
„Arbeiten, um zu leben – Leben, um zu arbeiten“ als Thema
Schlanders - Welche Vorstellungen, Wünsche und Forderungen haben Oberschulabgänger in Bezug auf ihr künftiges Arbeitsleben? Welche Voraussetzungen sollten sie laut den Unternehmen mitbringen, um eingestellt zu werden? Diese und viele weitere Fragen standen am 6. April im Mittelpunkt der Initiative „Begegnung Schule-Unternehmen: Wir bewegen – muoviamoci – let’s move“, zu welcher der Unternehmerverband Südtirol (UVS) in das Kulturhaus nach Schlanders eingeladen hatte. Über 200 Schülerinnen und Schüler von 5. und 4. Klassen verschiedener Richtungen der Oberschulzentren von Mals und Schlanders sowie der Landesberufsschule Schlanders und der Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg waren nach Schlanders gekommen. „Diese Begegnung markiert immer den Höhepunkt der engen Zusammenarbeit den Schulen und dem Unternehmerverband“, sagte die LBS-Direktorin Virginia Maria Tanzer in ihrer Begrüßung. Die Schülerinnen und Schüler hätten sich während der Vorbereitungsphase zum Treffen kreativ und intensiv mit dem Thema „Arbeiten, um zu leben – Leben, um zu arbeiten“ auseinandergesetzt. Sie hätten sich mit viel Mut über alte Denkmuster hinweggesetzt. Der USV-Bezirksvertreter Gustav Rechenmacher freute sich, „dass die Wirtschaft in Südtirol auch während der vergangenen schwierigen Jahre gewachsen ist.“ Er verwies auch auf den Stellenwert der im Unternehmerverband zusammengeschlossenen Mitgliedsunternehmen: „Gemessen an der Gesamtzahl der Betriebe in Südtirol machen wir nur rund 1% aus. Dennoch arbeiten ca. 18% aller Beschäftigten in unseren Betrieben. 70% der gesamten Exportwirtschaft geht auf das Konto unserer Betriebe.“ Südtirol sei ein Erfolgsmodell. Damit das so bleiben kann, müsse die Politik auch weiterhin gute Voraussetzungen gewährleisten, speziell was die Erreichbarkeit und Mobilität angehe. Nicht minder wichtig sei auch die Mobilität im Kopf.
Das Gehirn einschalten
Christoph Hoppe, der Präsident des Verwaltungsrates der HOPPE AG, rief die jungen Menschen in seinem Referat dazu auf, „immer das Gehirn einzuschalten.“ Arbeiten sollte grundsätzlich Spaß machen. Zum Stichwort Globalisierung hielt er fest, „dass es diese schon immer gegeben hat. Neu ist nur das Wort.“ Globalisierung sei an und für sich nicht schlecht. Als „gut“ werde sie aber oft nur dann bezeichnet, wenn man von billigen Produkten spricht, „und als ‚schlecht’, wenn es andere besser machen als wir.“ Allerdings sei es Aufgabe der Politik, die Globalisierung zu kanalisieren und sie nicht wild wachsen zu lassen. Als hohes Gut wertet Christoph Hoppe die Bewegungsfreiheit in Europa: „Viele Vinschger arbeiten heute in der Schweiz oder in Österreich.“ Klare Vorstellungen hat Hoppe auch, was die Arbeitszeiten betrifft: „Heutzutage muss man liefern, wenn der Bedarf da ist. Sonst machen es andere.“ Überstunden oder auch Sonntagsarbeit seien für ihn daher keine Tabus. Dass Europa derzeit in einer großen Krise steckt und manchmal geradezu totgeredet wird, bedauert Hoppe. Der EU müsse zugestanden werden, „sich an den Außengrenzen schützen zu können, auch mit Waffengewalt.“ Zu den Flüchtlingsströmen meinte er: „Menschen, die um ihr Leben rennen, brauchen Hilfe. Auch Europa soll Hilfe anbieten.“ Allerdings „darf es nicht die EU sein, die sich an die Flüchtlinge anzupassen hat, sondern es sind die Flüchtlinge, die sich an die Regeln der EU zu halten haben.“ Eine Aussetzung des Schengen-Abkommens hält Hoppe für absolut falsch. Auch auf die wichtigsten Grundsätze der Firma HOPPE ging er ein: Vertrauen, Verantwortung, Verständnis, Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Loyalität, Integrität und Anstand.
„Wählt einen Beruf,
der euch Freude macht“
Andreas Brucculeri, der Abteilungsleiter Personalentwicklung der Ivoclar Vivadent Manufacturing GmbH, rief die Schülerinnen und Schüler dazu auf, einen Beruf zu wählen, „der euch Freude macht und der eure Begeisterung weckt.“ Der Erfolg „erfolgt“ Hand in Hand mit einer positiven Einstellung zu Ausbildung und Beschäftigung, mit Qualifikation, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Können. Brucculeri ging auch auf eine neue Studie ein, wonach die meisten Wirtschaftssektoren in Südtirol künftig einen leichten Abwärtstrend der Beschäftigtenanzahl zeigen. Personen mit hoher Qualifikation werden es demnach leichter haben, eine Arbeit in Südtirol zu finden. Wie sich die jungen Menschen die Arbeitswelt vorstellen, welchen Ansprüchen seitens der Unternehmen sie gerecht werden wollen und was sie von den Betrieben wünschen bzw. fordern, zeigte sich bei der Präsentation der Ergebnisse von Diskussionen, die vorab in den Klassen geführt worden waren. Grundsätzlich lässt sich u.a. feststellen, dass die jungen Menschen bereit und gewillt sind, den Ansprüchen der Unternehmen zu entsprechen. Das betrifft nicht nur die Sprachkenntnisse, sondern auch die Flexibilität, die Bereitschaft für ein lebenslanges Lernen, den Willen, nach dem Studium nach Südtirol zurückzukehren, und weitere Bereiche. Großer Wert wird aber auch die Freizeit und das Privatleben gelegt, auf faire Gehälter sowie auf Gesundheit am Arbeitsplatz und darüber hinaus. Zum Thema Mobilität und Erreichbarkeit wurde mehrfach festgehalten, dass der Transport von Personen, Waren und Daten zwar zu verbessern sei, aber nachhaltig. Einem Ausbau des Flughafens z.B. stehen viele Schülerinnen und Schüler skeptisch gegenüber. Eine Zugverbindung vom Vinschgau in die Schweiz hingegen wird sehr begrüßt.
„Arbeiten und Leben! Ja“
Eine Schülergruppe wartete zum Thema „Arbeiten, um zu leben – Leben, um zu arbeiten“ mit einer allgemeinen Feststellung auf. Die Antwort auf die Frage „Leben, um zu arbeiten?“ wird mit einem klaren Nein beantwortet. Ein „eher“ gibt es auf die Frage: „Arbeiten, um zu leben?“ Ein Ja hingegen gibt es für die Aussage: „Arbeiten und Leben!“ Zum Teil zeigten die Schülergruppen ihre Ergebnisse auch in Form von Sketchen und Dialogen. Die 5. Klassen des Sprachen- und Realgymnasiums Schlanders präsentierten ihre Ergebnisse in englischer Sprache. Dafür ernteten sie von Christoph Hoppe, Andreas Brucculeri und Thomas Moriggl, dem Präsidenten der Jungunternehmer Südtirols, ein dickes Lob. Vermisst haben die Unternehmer-Vertreter eine Präsentation in italienischer Sprache. Vor allem Thomas Moriggl verwies darauf, wie wichtig das Beherrschen der italienischen Sprache ist. Moderiert hat den interessanten Vormittag der Kommunikations- und Medienfachmann Theo Hendrich. Sepp

Josef Laner