Diese alte Hofstelle in Naturns müsste abgebrochen werden, aber BM Andres Heidegger gewährte einen Aufschub. Einige Räume des Hauses gehen auf das 11. Jahrhundert zurück.

Schwieriger Spagat zwischen Gesetz, Herz und Verstand

Publiziert in 33 / 2016 - Erschienen am 21. September 2016
Naturns - Die Gesetze seien grundsätzlich zwar für alle gleich und sie seien auch einzuhalten. Manchmal aber sei es schwer, Gesetz, Herz und Verstand unter einen Hut zu bringen. So äußerte sich Bürgermeister Andreas ­Heidegger bei der jüngsten Sitzung des Naturnser Gemeinderates. Er bezog sich auf eine Anfrage der Räte Annelies Fliri, Kurt Fliri, Evi Prader und Margot Tschager bezüglich des Abbruchs, der Verlegung und des Neubaus einer Hofstelle. Die neue Hofstelle wurde bereits bezogen, der Abbruch der alten steht noch offen. Die vier Räte der Liste „Zukunft Naturns“ wollten wissen, was die Verwaltung zu unternehmen gedenke. Dass die neue Hofstelle bewohnt ist, sei der Verwaltung bekannt, räumte Heidegger ein. Dem Bauherrn sei die widerrechtliche Benutzung der neuen Hofstelle mitgeteilt worden. Auch über die Sanktionen habe man ihn informiert. Bei einer Aussprache sei ihm zudem mitgeteilt worden, welche Schritte für den Projektabschluss zu unternehmen seien. Dazu gehört auch eine ­Kaution in Höhe von 10.000 Euro für den Abbruch der alten Hofstelle. Diese Kaution sei bereits hinterlegt worden. Außerdem sei eine Geldbuße für die widerrechtliche Benutz­ung zu zahlen. Das Projekt sei neu vorzulegen, „da die Fristen für die Baufertigstellung seit ca. einem Jahr verfallen sind.“ Die alte Hofstelle wird von der 75-jährigen Mutter des Bauherrn bewohnt. Sie lebt seit 71 Jahren in diesem Haus. ­Heidegger: „Wir haben es in diesem Fall mit einer sozialen und menschlichen Notsituation zu tun. Die Frau hat mich um einen Aufschub gebeten und ich habe zugestimmt.“ Die Bewohnbarkeitserklärung für die neue Hofstelle habe er ausgestellt. Auch wenn er gesetzlich nicht ganz konform gehandelt habe, stehe er zu seiner Entscheidung: „Ich übernehme persönlich die Verantwortung.“ Eine andere Einstellung äußerte die Referentin für Soziales, Christa Klotz Gruber: „Der Sohn hat eine Kleinwohnung für die Eltern mitgeplant. Die Familie muss die soziale Verantwortung übernehmen.“ Voll hinter die Argumentation und Vorgehensweise des Bürgermeisters stellte sich Hans Pöll, der übrigens mitteilte, jetzt nicht mehr Mitglied der Liste „Zukunft Naturns“ zu sein. Er habe die Anfrage seiner bisherigen Ratskollegen nicht unterzeichnet. „Die alte, kranke Frau kann seit Wochen nicht mehr schlafen.“ In diesem Fall habe man es sicher nicht mit einer Schlaumeierei zu tun, bei der sich jemand bewusst über die Gesetze hinwegsetzen will. Es sei sozial und menschlich unverantwortlich, „hier auf die volle Härte des Gesetzes zu pochen und die Frau einfach ‚außizukeiln’“. Abgesehen davon wäre es ein Kulturfrevel, ein derart altes Gebäude platt zu machen, nur um dem Gesetz Genüge zu tun. Zeno Christanell meinte, dass man einem gewissen Zeitfenster zustimmen könne, „aber am Ende des Weges muss der Abbruch stehen.“ Diese Ansicht teilte auch Heidegger, gab aber gleichzeitig zu bedenken, dass sich aufgrund der geltenden Gesetze, speziell der Vorgabe des Abbruchs alter Gebäude, in der Vergangenheit Baulücken aufgetan haben, über die nicht nur Heimatpfleger unglücklich sind. Heidegger regte eine Gesetzesänderung in diesem Sinne an. Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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