„Vorbildhafter Ensembleschutz“
Susanne Waiz: „Taufers hat sich auch ohne Umfahrung selbst aus dem Dreck gezogen.“
Taufers im Münstertal - Taufers im Müstertal ist ein typisches Straßendorf, dem es gelungen ist, „sich auch ohne Umfahrung selbst aus dem Dreck zu ziehen.“ Die Formulierung war zwar etwas spitz, doch was die freischaffende Architektin Susanne Waiz damit am 24. September in Taufers sagen wollte, traf den Nagel auf den Kopf. In Taufers habe man es einerseits geschafft, den Eindruck eines Straßendorfes zu erhalten und andererseits mit einem gut durchdachten Ensembleschutzplan ein Gleichgewicht zwischen dem Erhalt historischer Bausubstanz, der Nachnutzung alter Gebäude und der Errichtung von Neubauten zu erreichen, wobei stets auf eine hohe Bauqualität geachtet wurde und wird. Als eines der positiven Beispiele einer guten Nachnutzung nannte Susanne Waiz das Metzger-Areal (Metzger-Haus und Toni Felix-Haus). Damit Ensembleschutz gelingt und nicht nur auf dem Papier existiert, „braucht es einen bewussten Entwicklungsprozess zwischen Politik und Bevölkerung.“ In Taufers gebe es dafür etliche positive Beispiele. Als negativen Kontrapunkt dazu nannte sie die Gemeinde Schluderns, „wo erst kürzlich ein aufgelassenes Gasthaus im Zentrum abgerissen wurde.“ Zur Baugeschichte von Taufers sagte die Architektin, „dass dieses Dorf für eine eingehende und vertiefende Bauforschung geradezu prädestiniert wäre.“ Mit diesen und weiteren Überlegungen hatte Waiz in die „Architekturwanderung“ eingeführt, die am 24. September anlässlich der „Tage der Architektur 2022“ in Taufers stattgefunden hat. Die Architektin Julia Pircher aus Schlanders konnte dazu im Namen der Architekturstiftung Südtirol rund 30 Interessierte begrüßen. Zum Auftakt wartete Stefanie Dietl mit einer kunsthistorischen Führung durch die St.-Johann-Kirche auf, führte in die Ausstellungen „Leben an der Straße“ und „Romanik im Vinschgau und St. Johann in Taufers im Münstertal“ ein und informierte über Besonderheiten des Straßendorfs, etwa darüber, dass es in Taufers 8 Kirchen gibt. Im Zuge der „Architekturwanderung“ wurden die Teilnehmer von Architekten, Gebäudebesitzern und Gebäudenutzern sowie anderen Beteiligten über verschiedene Bauprojekte informiert, „um diese neuen Architekturen kennenzulernen sowie zu verstehen, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und wie sie zusammen mit den bestehenden Bauten unsere Region immer wieder verändern“, wie es Carlo Calderan (Architekturstiftung Südtirol) im Vorwort der Broschüre „Tage der Architektur 2022 piano-forte“ formuliert hatte. Halt gemacht wurde beim Ferienhaus Mangitz, beim Einfamilienhaus Spiess, bei der Grundschule, beim Rathaus mit Musikprobelokal, beim Schwarzer Adler – Haus der Vereine sowie beim Haus Fliri mit Atelier. Gemeinsam zu Mittag gegessen hat die Gruppe in der Bar „Alte Dreschmaschine“. Der Untertitel „piano-forte“ war für die heurigen Architekturtage nicht von ungefähr gewählt worden. Carlo Calderan: „Klavier können Sie durch einfaches Berühren oder durch kräftiges Drücken einer Taste spielen. Auch in der Architektur kann man laut sprechen, um von Weitem gehört zu werden, oder man kann flüstern, um Aufmerksamkeit und Neugier zu wecken.“