Auf der Plaleina-Wiese wachsen heute verkrüppelte Birken und Hagebutten-Sträucher, wo die erste Florinuskirche von 1453 stand (im Bild rechts). 1853 hatte Pfarrer Michael Lung die heutige Kapelle (links) errichten lassen. Ebenfalls dem Hl. Flroinus geweiht ist die Pfarrkirche (Bildmitte, Hintergrund)

„Heiliger Florinus, sag ihnen, wer du bist!“

Publiziert in 21 / 2006 - Erschienen am 4. Oktober 2006
Diese Fürbitte hat’s natürlich nie gegeben, aber sie entspricht der Stimmung an jenem Samstag, 23. September in Matsch, als „a Kutt voll“ Professoren, wie Josef Telser meinte, und viele, viele Matscher zur Tagung in die Turnhalle strömten. So ganz haben sie es im Hochtal nämlich nie verdaut, dass man 2003 bei der Hei­ligsprechung des Gadertalers Jo­sef Freinademetz vom „ersten und einzigen Heiligen“ berichtet hatte. Das könnte damit zusammen hängen, dass die Matscher erst spät zur Diözese Brixen gestoßen sind, meinten die Initiatoren einer Fachtagung über den Hl. Florinus, die Lehrer Josef Telfser und Carl Schwabl. Auch die höchste geistliche Autorität im Vinschgau, Abt Bruno von Marienberg, hatte dies bei der Eröffnung des Gedenkjahres am 17. November 2005 anklingen lassen, als er in seiner Predigt meinte: „Als wir Vinschger damals dem Bistum Brixen angegliedert wurden, kamen wir nicht mit leeren Händen. Wir haben einen Heiligen mitgebracht.“ Eben diesen Heiligen Florinus, der in Matsch am Hof Valfur geboren sein soll, im Unterengadiner Ramosch erzogen wurde, dort gewirkt und 856 wundertätig im Ruf der Heiligkeit gestorben sei, wollten der Matscher Pfarrer Pater Johann Volgger aus Taisten, Pfarrgemeindepräsident Josef Heinisch und „die Heimatforscher“ Telser und Schwabl über eine Fachtagung auch wissenschaftlich ins bestmögliche Licht stellen. Voraus gegangen waren der Veranstaltung mit dem Titel „Florinus von Matsch – Leben und Legende eines churrätischen Heiligen“ viele Treffen und Gespräche. Die Matscher Grundschüler hatten sich mit dem Leben ihres heiligen Landsmannes auseinander gesetzt, dazu Zeichnungen angefertigt und in der Turnhalle ausgestellt. Schulleiterin Gerda Kapfer hatte ein Florinus-Lied und die Laatscher Mundartdichterin Genoveva Blaas ein Theaterstück verfasst. Den berühmten Matscher „Leutpriester“ Anton Reisigl ließ sie eine Schülerin nach dem Patron des Vinschgaus fragen. Als diese dann meinte, sie habe immer geglaubt, das sei der Pinzger, hatte der erste Kulturschock schon mal gesessen. Dem musischen Auftakt folgte der Beitrag von Irmtraut Heitmeier über verwirrende politische Verhältnisse und quellenarme Jahrzehnte zur Zeit des Heiligen. Das Impulsreferat zur anschließenden Diskussion lieferte der junge Pfarrer der reformierten Gemeinde Castrisch im Bezirk Surselva, Jan-Andrea Bernhard. Der ausgewiesene Florinus-Forscher trennte historische Tatsachen von frommen Vermutungen und überließ den Matschern die Feststellung: „Wir können nicht nachweisen, dass der Heilige Florinus nicht in Matsch geboren ist.“ Es folgte das Referat von Leo Andergassen, Leiter des Diözesanmuseums Brixen, über die Ikonographie des Churer Bistumsheiligen Florinus und seine Bildzeugnisse im Vinschgau. Der Latscher Historiker Hermann Theiner sprach über den Heiligen in der schriftlichen Tradition und die Kulturpublizisten Hans Wielander und Gianni Bodini lieferten eine optische Zusammen­fassung mit Lichtbildern über Landschaft und Flurnamen in Matsch. Näheres zu Tagung und Gedenkjahr unter: www.obervinschgau.it/matsch/gedenkjahr
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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