Ausdrücke aus dem Vinschgau (9) „Lergater lergatn Lergat“
Publiziert in 33 / 2009 - Erschienen am 23. September 2009
Was wie ein Zungenbrecher klingt, beschreibt einen Vorgang, den man früher in heimischen Wäldern beobachten konnte. Lergat ist das Harz der Lärche – auch bekannt als Lärchenterpentin – und der Lergater ist der Lärchenharzsammler. Dazu wurden die Nadelbäume am Stammansatz angebohrt; hier war der so genannte Lergatpourer gefragt. Die angebohrte Stelle wurde nun mit einem Holzpflock abgedichtet; so konnte im Inneren des Baumes im Laufe von Monaten die für Lärchen typische pechartige Flüssigkeit zusammenfließen. Zwei Mal pro Jahr wurde das Harz gesammelt, im Frühling und im Herbst. Dazu wurde der Zapfen herausgezogen und die Flüssigkeit in einem Behälter aufgefangen; hilfreich waren dabei Lergatziacher und Lergatleffl. Da man vom Lergatn recht gut leben konnte, gab es Wälder, in denen fast jede Lärche angezapft wurde. So war es nur eine Frage der Zeit, bis man das Anbohren verboten hatte, zum Beispiel vor über vierhundert Jahren in der Tiroler Landesordnung von 1603. Wofür hat man nun dieses Lergat verwendet? Es scheint ein Allzweckmittel gewesen zu sein. Schon Plinius berichtete von der Zubereitung und der Verwendung von Lärchensalben bei Rheuma, Gicht und Ischias. Das Lärchenterpentin ist wundheilend, schleimlösend, hustenstillend und durchblutungsfördernd, wurde als Zugsalbe und zur Behandlung von Furunkeln und eitrigen Wunden bei Mensch und Tier ebenso verwendet wie zum Schmieren von Peitschen, als Klebstoff oder als Balsam unter der Bezeichnung „Venezianisches Terpentin“.
Ein Veneziano der anderen Art.
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